George Russell feiert vor der Sommerpause im belgischen Spa einen Coup. Doch dann wird sein Auto gewogen. Jetzt muss der Engländer doch noch um seinen Sieg zittern.
Eineinhalb Kilogramm haben George Russell nach seinem Formel-1-Überraschungssieg in Belgien Ärger eingebracht und lassen den Engländer um seinen dritten Karriere-Triumph zittern. Die obligatorische Prüfung nach dem Strategie-Thriller in Spa-Francorchamps ergab, dass der Wagen mit der Nummer 63 des 26-Jährigen zu leicht war. Das Mindestgewicht eines Formel-1-Wagens liegt bei 798 Kilogramm, Russells Auto wog aber nur 796,5 Kilogramm.
Der Technische Delegierte übergab die Angelegenheit an die Rennkommissare zur weiteren Prüfung, ein Mercedes-Vertreter wurde vorgeladen. Damit könnte Russell sogar die Disqualifikation drohen, wovon in erster Linie sein Mercedes-Teamkollege
Zittern wegen 1,5 Kilo zu wenig
Was für ein Nachspiel! Reifenflüsterer Russell hatte sich nach seiner Mutprobe beim Mercedes-Doppelerfolg erstmal einen Platz im Schatten zum Durchschnaufen gesucht. Formel-1-Weltmeister
Der Red-Bull-Star verpasste trotz seiner Aufholjagd nach einer Strafversetzung als Fünfter zum vierten Mal nacheinander den Erfolg. Verstappen konnte im letzten Grand Prix vor der Sommerpause aber seinen WM-Vorsprung auf McLaren-Mann Lando Norris auf 78 Punkte ausbauen, da dieser direkt hinter dem in Belgien geborenen Niederländer landete.
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Bei untypischen sommerlichen Bedingungen in den Ardennen raste Russell im Mercedes mit einem hauchdünnen Vorsprung vor Hamilton ins Ziel. Im Gegensatz zu seinen Verfolgern setzte der von Rang sechs gestartete Engländer auf eine risikobereite Strategie mit nur einem Reifenwechsel - und bangte später um seinen Coup. Dritter wurde Norris' Stallrivale Oscar Piastri, der vor einer Woche in Ungarn noch seinen Premierenerfolg gefeiert hatte.
Der erste Mercedes-Doppelerfolg seit 2022
"Reifenflüsterer" hauchte Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach Russells zweitem Saisonsieg und dem ersten Doppelerfolg für die Silberpfeile seit Brasilien 2022 in den Boxenfunk. "Fantastisches Ergebnis. Diesen Sieg habe ich heute Morgen in unserer Strategiesitzung definitiv nicht vorausgesagt", sagte Russell, ehe er freudestrahlend seine Trophäe in die Höhe reckte. "Das Auto hat sich fantastisch angefühlt."
Verstappen konnte sich nach Startplatz elf den Traum vom vierten Spa-Erfolg nacheinander nicht erfüllen. Sein vor dem Aus stehender Red-Bull-Teamkollege Sergio Perez startete zwar erstmals seit dem China-Rennen im April wieder aus der ersten Reihe, konnte am Ende mit Position acht aber nicht für eine Dauerbeschäftigung werben. "Nicht ein Top-Rennen, aber ein gutes Rennen. Wir sind natürlich nicht mehr die Schnellsten", sagte Verstappen. Er habe "alles maximalisiert".
"Wir sind leicht enttäuscht, wir haben uns mehr erwartet", räumte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko ein, ehe er den Grand-Prix-Sieger rühmte: "Das war unglaublich von Russell." Für Nico Hülkenberg war an diesem Wochenende nichts drin. Der Haas-Routinier startete als 16. und beendete das 14. Saisonrennen als 19.
Bei Red Bull ist es aktuell "eher netflixartig"
Die einstige Dominanz von Red Bull ist weg. Dessen ist sich der frühere Rennstall von Sebastian Vettel bewusst. In der Qualifikation zeigte Verstappen aber seine Extraklasse. Er distanzierte
"Wir waren das Vornewegfahren gewohnt, heute ist es anders", räumte Red-Bull-Motorsportberater Marko ein. Auch wegen der vielen Baustellen abseits des Asphalts, etwa Verstappens publikumswirksamem Dauerstänkern gegen sein eigenes Team zuletzt in Ungarn, meinte der Österreicher: "Heuer ist es eher netflixartig bei uns."
Daran hat auch die Situation um Perez einen gehörigen Anteil. Der Mexikaner besitzt seit Anfang Juni einen Vertrag bis Ende 2025, zudem besteht die Option auf eine weitere Saison. Doch nach einem starken Auftakt in diesem Jahr hat Perez immer stärker nachgelassen. Dem 34-Jährigen droht das Aus in den Formel-1-Ferien.
Verstappens "Rennen zur Schadensbegrenzung"
"Das ist zu wenig", beschied Marko im TV-Sender Sky. "Wir setzen uns am Montagabend in England zusammen und analysieren." Für den Marko zufolge "theoretischen Fall" der Freistellung stünden Red-Bull-Ersatzmann Liam Lawson (22) sowie Daniel Ricciardo (35) und Yuki Tsunoda (24) von Schwester-Team Racing Bulls bereit.
Perez musste nach einem beinharten Zweikampf Lewis Hamilton im Mercedes schon nach den ersten Metern passieren lassen. Verstappen lag zu Beginn der zweiten Runde als Achter bereits direkt hinter seinem WM-Verfolger Lando Norris. Der McLaren-Mann war als Vierter beim Start mal wieder nicht optimal weggekommen und fuhr im weiten Bogen über die Fahrbahnmarkierung hinaus. Hamilton übernahm derweil die Führung von Leclerc.
Verstappen steckte in einem Dilemma. Der Niederländer wollte Druck machen, durfte aber zugleich seine Reifen nicht verschleißen. "Ich sehe es als ein Rennen zur Schadensbegrenzung", sagte Verstappen und zog seinen Boxenstopp vor, steckte anschließend als 14. aber erstmal im Verkehr fest.
Russell setzt auf eine mutige Strategie
Der 26-Jährige tastete sich jedoch weiter an die Top drei heran. Zur Halbzeit hatte Verstappen nur noch Russell im zweiten Mercedes, McLaren-Pilot Piastri, Leclerc und den Führenden Hamilton vor sich.
Leclerc eröffnete den Reigen der Spitzenfahrer, die sich bei einem zweiten Boxenstopp den nächsten Satz harter Reifen aufziehen ließen. Hamilton reagierte kurz danach. An der Spitze hielt sich aber sein Teamkollege Russell und düpierte schließlich die Konkurrenz. Dann sorgte das Wiegen seines Dienstwagens für bange Momente.(dpa/jst)
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