Max Verstappen und Gianpiero Lambiase haben ein offenes und ehrliches Verhältnis, bei dem es schon mal knallt. Das ist für den Formel-1-Weltmeister und seinen Renningenieur allerdings essenziell, wie beide verraten.

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Gianpiero Lambiase konnte sich einen Seitenhieb nicht verkneifen. Er war als Scherz gemeint, und Max Verstappen lachte. Zwischen dem Renningenieur und dem dreimaligen Formel-1-Weltmeister ist alles in Butter, auch wenn man in der zurückliegenden Saison einen anderen Eindruck gewinnen konnte.

Weshalb man Lambiases Scherz ohne weiteren Kontext theoretisch auch anders verstehen kann. "Meine größte Angst ist der Moment, in dem wir mehr Konkurrenz haben und nicht jedes Rennen gewinnen, denn Sie sehen ja, wie er mich im Moment behandelt - und er gewinnt jedes Rennen!", sagte Lambiase bei einem gemeinsamen Auftritt des Duos beim "Talking Bull" Podcast von Red Bull.

Denn Fakt ist: Verstappen und Lambiase gehen am Funk sehr ruppig miteinander um, und das in aller Öffentlichkeit, denn der Funkverkehr wird von den Formel-1-Machern nur zu gerne live eingespielt. Ehrlich könnte man das nennen; die Aussage, sie seien "wie ein altes Ehepaar", mit der Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko das Verhältnis der beiden beschrieb, trifft die Tonalität am besten.

Was daran liegt, dass Lambiase als Renningenieur Verstappens erster Ansprechpartner ist, beim Rennen auch der wichtigste. Beide sollten auf einer Wellenlänge funken, persönliche Eitelkeiten sind zweitrangig, wenn es dumme Sprüche gibt. Und die gibt es immer wieder.

Verstappen auch in dominanter Saison sauer

Verstappen meint, dass "etwas nicht stimmt", wenn es nicht gelegentlich Momente der Frustration in seinem und Lambiases Streben nach Erfolg gebe. "Ich rege mich immer noch auf, selbst in einer so dominanten Saison, wenn die Dinge nicht gut laufen, und das gilt auch für Gianpiero", sagte Verstappen. Nicht gut laufen? Verstappen hat in diesem Jahr 17 von bislang 20 Rennen gewonnen, und das meist in beeindruckender Dominanz. Sein Vorsprung auf seinen ersten Verfolger, Teamkollege Sergio Perez, beträgt zwei Rennen vor dem Ende 266 Punkte.

Doch Luft nach oben gibt es praktisch immer. "Wir wollen immer gewinnen, wir wollen immer noch alles so perfekt wie möglich machen, auch wenn niemand perfekt ist, aber wir versuchen, der Perfektion so nahe wie möglich zu kommen. Deshalb streiten wir uns natürlich manchmal noch, aber das liegt daran, dass wir unbedingt gewinnen wollen", so Verstappen. Den Niederländer freut das, "denn wenn man diesen Antrieb nicht hat, dann stimmt etwas nicht".

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Diverse Schlüsselfaktoren

Seit 2016 arbeiten beide bei Red Bull Racing nun schon zusammen, was übrigens auch an Sebastian Vettel liegt. Denn der Deutsche entschied mit, dass Lambiase als Ersatz für Vettels früheren Renningenieur Guillaume Rocquelin zu Red Bull kam. "GP kam ursprünglich als Ersatz für Rocky, der in die Rolle des Leiters der Renntechnik aufsteigen wollte", sagte Teamchef Christian Horner bei motorsport.com. "Und er durchlief einen zermürbenden Auswahlprozess, zu dem auch gehörte, dass er von Sebastian ausführlich interviewt wurde, um Rockys Nachfolger zu werden", so Horner. Lambiase und Vettel arbeiteten aber nie zusammen, weil Vettel damals zu Ferrari ging. "Er kam also, um mit Sebastian Vettel zu arbeiten und bekam Daniil Kvyat", sagte Horner.

Als Verstappen den Russen 2016 bei Red Bull Racing ersetzte, "haben die beiden sehr schnell eine Bindung aufgebaut" laut Horner. Und natürlich gibt es gewisse Schlüsselfaktoren für die erfolgreiche Zusammenarbeit auf und neben der Strecke. "Ich glaube nicht, dass es ein wirkliches Geheimnis ist, aber man muss einfach gut miteinander auskommen, man muss verstehen, was man vom anderen will", erklärte Verstappen.

Beide seien in ihrer Rolle gewachsen, und er brauche fast gar nichts zu sagen, sagte Verstappen. Was in einem Rennen nicht nur Lösungen, sondern auch wichtige Zeit bringt. "Wenn ich sage, dass ich ein bisschen unter- oder übersteuere, weiß GP, was er am Auto für mich ändern wird, auch an der Art, wie ich das Auto fahre, und das braucht Zeit", erklärte Verstappen.

Deshalb sind Aussagen aus der Vergangenheit, dass er aufhören werde, wenn Lambiase gehe, keine Phrasen. "Ich bin immer dagegen, die Renningenieure oder Performance-Ingenieure zu wechseln - sie sind sehr wichtig für die Leistung. Je länger man zusammenbleiben kann, desto besser, denn dann ist man wirklich eins und eins."

Der kleine Bruder

Lambiase, der Verstappen als seinen "kleinen Bruder" bezeichnete, findet es essenziell, "dass man einfach man selbst sein kann. Ich glaube, Max hat das Gefühl, dass er bei mir ganz er selbst sein kann, und ich kann bei ihm ganz ich selbst sein, und wir müssen uns nicht um irgendwelche Probleme herumdrücken".

Wenn man etwas offen ansprechen müsse, dann tue man das auch, sagte Lambiase, "und ich denke, dass man so schneller zu kurzfristigen Erfolgen kommt, was letztendlich bedeutet, dass man das Potenzial des Autos an einem Rennwochenende maximiert". Um weiter zu dominieren und zu gewinnen. Damit er keine Angst haben muss, dass Verstappen ihn noch schlechter behandelt.

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