- Die Motorsport-Legende Hans-Joachim Stuck hat am vergangenen Wochenende am Debüt der neuen GT2 European Series in Monza teilgenommen.
- Dabei teilte er sich das Cockpit des KTM X-Bow GT2 mit dem Österreicher Kris Rosenberger.
- Für Stuck soll es nicht das letzte Rennen gewesen sein, wie er unserer Redaktion verrät.
Der Spaß ist nicht zu überhören, denn er springt aus jedem Satz förmlich heraus: Die Freude in der Stimme, der Enthusiasmus, obwohl Hans-Joachim Stuck schon jede Menge gesehen hat im Motorsport. Doch er feierte jetzt im zarten Alter von 70 Jahren ein ebenso überraschendes wie fulminantes Renn-Comeback. Stuck nahm am vergangenen Wochenende am Debüt der neuen GT2 European Series in Monza teil und teilte sich dabei mit dem Österreicher Kris Rosenberger das Cockpit des KTM X-Bow GT2.
"Es war super, es hat riesigen Spaß gemacht", sagt Stuck im Gespräch mit unserer Redaktion. "Es war richtig geil. Das hat alles super gepasst. Ich kann nur sagen: Ich will mehr", erzählt Stuck, der tatsächlich auch mehr bekommt.
Denn wie er uns verrät, bleibt es nicht bei einem einmaligen Comeback. An drei der vier kommenden Rennwochenenden der Saison wird Stuck ebenfalls dabei sein. "Für mich ist das wie ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk", sagt er.
Hans-Joachim Stuck: Legende und Tausendsassa
Stuck ist ohne Frage eine echte Legende. Ein Allrounder. Ein Tausendsassa. Er fuhr in der Formel 1 zwischen 1974 und 1979 für March, Brabham, Shadow und ATS 74 Rennen und stand zwei Mal auf dem Podest, es war die wilde Zeit der Königsklasse mit schlimmen Unfällen und auch Toten, die zum damaligen Bild dazugehörten. Er wurde 1985 Sportwagen-Weltmeister, 1986 und 1987 Le-Mans-Gesamtsieger, 1990 DTM-Champion und dreimal Sieger des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring (1970, 1998 und 2004).
Stuck ist also einer, der mit seinen 70 Jahren im Grunde fast alles gefahren ist, was vier Räder hat, und das sehr erfolgreich. Respekt vor der neuen Aufgabe hat man dann trotzdem noch. "Monza ist eine herausfordernde Strecke, mit viel Hochgeschwindigkeit, da ist hohe Präzision gefragt", sagt Stuck und gibt zu: "Anfangs habe ich da schon gesagt: 'Stucki, jetzt geht es wieder los, mal sehen, wie das wird.' Es war in dem Moment, in dem es losging, aber alles wieder da."
Und wie: Im Qualifying zum ersten Lauf fuhr Stuck auf Platz fünf, im 50-minütigen Rennen am Samstag flog er dann aber kurz vor dem Fahrerwechsel zur Rennmitte nach einem Dreher in der Variante Ascari ab, er fiel mit einer gebrochenen Spurstange aus. "Bei dem Abflug habe ich etwas versucht, aber wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Und das zeigt, dass man die Eier hat, etwas zu probieren", sagt Stuck.
"Da brauche ich mich nicht verstecken"
Im zweiten Rennen am Sonntag wurde das Duo Rosenberger/Stuck Gesamtsiebter und in der Am-Klasse Zweiter. Von den Fahrerkollegen gab es anerkennende Worte, da man Stuck die Einsatzzeit im Auto nicht ansah. "Da noch mithalten zu können, ist ein schönes Gefühl. Wenn ich sehe, im Qualifying bin ich mit 70 eine Sekunde langsamer – da brauche ich mich nicht verstecken", sagt er.
Der 1.048 Kilogramm schwere KTM X-Bow GT2 von Stuck ist mit einem 2,5-Liter-Fünfzylinder-TFSi-Motor von Audi ausgestattet und kommt auf immerhin 600 PS. Doch die Autos von KTM, Audi, Porsche und Lamborghini in der GT2 European Series sind zwar mit reichlich Leistung, dafür aber mit eher geringer Aerodynamik ausgestattet.
Nicht so anstrengend
Daher eignen sie sich für Gentlemen-Fahrer wie Stuck besonders gut, da die Kurvengeschwindigkeiten sowie die physische Belastung geringer sind. "Mit ABS, Traktionskontrolle und Servolenkung sind die Autos körperlich nicht so anstrengend", sagt Stuck. Spazierfahrten sind es natürlich trotzdem keine, stellt er klar.
"Man fährt ein Rennen, man muss spät bremsen, früh beschleunigen, dazu kommen die g-Kräfte – aber sowas hat man im Blut, der Rennbazillus lebt immer noch", sagt Stuck: "Außerdem bin ich so vernünftig, dass ich, falls ich merke, dass mir beim Einlenken schwindelig wird, sofort aufhöre."
Wie kam es überhaupt zu dem Comeback? Teamchef Hans Reiter von Reiter Engineering hatte für die GT2 European Series noch ein Cockpit frei und Stucks Sohn Johannes, der auch für KTM fährt, gab laut Stuck den unverblümten Tipp: "Warum nehmt ihr nicht meinen Alten? Der ist immer noch fit." Ja, warum eigentlich nicht? Stuck zögerte keine Sekunde: "Da habe ich gesagt: 'Ja klar, auf jeden Fall.' Und das hat alles gepasst wie die Faust aufs Auge."
Immer wieder kleine Comebacks
Reiter Engineering setzte übrigens 2011 beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring den Lamborghini Gallardo ein, in dem Stuck mit seinen Söhnen Johannes und Ferdinand das letzte große Rennen seiner Karriere bestritt.
Eigentlich. Denn immer mal wieder kehrt er ins Renn-Cockpit zurück, zuletzt 2017, als er im Legenden-Rennen des Audi-TT-Cup an den Start ging. Ansonsten absolviert er regelmäßig kleine Einsätze wie sogenannte Renn-Taxifahrten, bei denen er Motorsport-Fans und auch sich selbst auf Strecken wie dem Nürburgring ein paar Runden lang ein Lächeln ins Gesicht zaubert.
Kein Wunder also, dass Stuck immer wieder schwach wird, auch bei einer Rückkehr in den Rennbetrieb. "Wenn man eine gute Grund-Konstitution hat und fit ist, warum nicht?", fragt er. Und schiebt hinterher: "Motorsport und Autos sind nun mal mein Leben." Auch das hört man aus jedem Satz deutlich heraus.
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