- Slalomkanutin Ricarda Funk war die erste deutsche Olympiasiegerin in Tokio.
- Im Gespräch mit unserer Redaktion verrät sie ihre Gedanken, als die Goldmedaille feststand und wie ihre Familie reagiert hat.
- Außerdem spricht Funk über ein ganz besonderes Highlight und erklärt den Erfolg der deutschen Slalomkanuten.
Frau Funk, vor zwei Wochen gewannen Sie in Tokio im Kanuslalom Olympia-Gold. Konnten Sie diesen Erfolg bereits verarbeiten?
Ricarda Funk: Es ist immer noch unfassbar für mich. Vor zwei Wochen war mein Finaltag in Tokio und jetzt bin ich zu Hause und so richtig realisieren konnte ich es immer noch nicht. Vor zwei Tagen sah ich ein Video meines Laufs und dachte kurz, ob es sich um einen Film handelt oder ob das wirklich passiert ist. Ich brauche auf jeden Fall noch Zeit, um das Ganze zu realisieren und zu verarbeiten.
Wie fühlten Sie sich, als Sie ihren Finallauf noch einmal sahen?
Ich hatte Gänsehaut und war total geflasht. Es fühlte sich teilweise einfach so an, als ob ich alles nur geträumt hätte. Jahrelang habe ich dafür hart gearbeitet und plötzlich ist dieser Moment da, das ist einfach krass.
Springen wir zurück zum Moment, als feststand, dass sie Olympiasiegerin sind. Was ging Ihnen in diesem Moment durch den Kopf?
Ich habe gedacht, das kann doch nicht sein, dass ich die Goldmedaille gewinne. Ich war bereits sehr glücklich, als ich ins Ziel fuhr und wusste, dass es zu einer Medaille gereicht hat. Damit ging schon ein Traum in Erfüllung und die Farbe des Edelmetalls war mir erst einmal egal. Als es dann tatsächlich Gold wurde, war ich einfach sprachlos.
Sie waren damit die erste Olympiasiegerin von Team Deutschland in Tokio. Wie lief der Tag anschließend ab?
Die folgenden Stunden waren sehr, sehr vollgepackt. Auf einmal stand meine Sportart im Rampenlicht und es war toll, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich durfte viele Interviews führen, dann gab es eine Pressekonferenz. Erst um 2 Uhr in der Nacht hatte ich die Gelegenheit, meine Familie zu erreichen. Zuvor hatte ich noch einen wunderbaren Empfang, bei meiner Rückkehr ins Olympische Dorf. Das gesamte Team Deutschland hat auf mich gewartet und mir zugejubelt. Das war ein ganz besonderes Highlight, weil es ein unglaubliches Gefühl war, wie sich das ganze Team mit einem freut.
Konnten Sie Ihren Olympiasieg dann auch mit den anderen deutschen Athleten und Athletinnen feiern?
Nein, das war aufgrund der Hygieneregeln nicht möglich. Ich wurde lediglich draußen von den anderen Sportlern empfangen. In einer kleinen "Kanuslalom-Runde" haben wir dann noch kurz angestoßen. Die Feier musste warten bis zur Rückkehr nach Deutschland.
Wie fiel die Reaktion Ihrer Familie aus, als Sie die Gelegenheit hatten zu sprechen?
Sie konnten es auch kaum glauben und waren sehr glücklich. Da sind auch einige Tränen geflossen. Sie haben zu Hause mitgefiebert, weil sie auch wussten, wie viel Arbeit dahintersteckt. Meine Familie ist meine größte Unterstützung. Von Beginn an stärken sie mir den Rücken. Auf sie ist immer Verlass.
Was hat sich seit Ihrem Olympia-Gold verändert?
Ich bin immer noch die Gleiche. Aber man muss schon sagen, dass das Interesse an unserer Sportart gewachsen ist und es viele positive Rückmeldungen gibt. Ansonsten wurde ich auch schon einige Male auf der Straße erkannt und nach Autogrammen gefragt, das ist ganz cool. Es ist schön, dass bei Olympia auch mal andere Sportarten etwas vom "großen Kuchen" abbekommen.
Insgesamt vier Medaillen holten deutsche Athleten und Athletinnen im Kanuslalom und waren damit eine der erfolgreichsten Sportarten in Tokio. Woran liegt das?
Zunächst einmal ist es fantastisch, dass alle vier Teilnehmer mit einer Medaille nach Hause gehen durften. Davon hat man als Team geträumt. Es braucht auf jeden Fall die richtige Tagesform. Von Glück allein würde ich aber nicht sprechen, denn wir haben jahrelang trainiert und uns akribisch auf Tokio vorbereitet. Aber natürlich muss ein Quäntchen Glück schon dabei sein. In Rio 2016 ist das deutsche Team knapp an den Medaillen vorbeigepaddelt, obwohl dort auch Top-Fahrer am Start waren. Diesmal war das Glück etwas mehr auf unserer Seite.
Wie sahen Ihre Trainingsumfänge auf dem Weg zu Olympia 2021 aus?
Der Weg nach Tokio war sehr hart. Wir haben 1.000 Trainingsminuten in der Woche. Sechs Tage pro Woche werden zwei bis drei Einheiten täglich absolviert. Aber natürlich reicht es nicht, wenn man ein oder zwei Jahre hart trainiert, um an der Weltspitze dabei zu sein. Ich bin 2011 in die Sportfördergruppe der Bundeswehr gekommen und bin seither professionell unterwegs.
Wie sehen nach dem Olympia-Gold Ihre Zukunftspläne aus?
Ich liebe meinen Sport und möchte dort auf jeden Fall weitermachen, solange das Feuer dafür noch "brennt". Ansonsten habe ich einen Bachelor-Abschluss in Medien und Kommunikation und werde nun entweder einen Master-Abschluss anstreben oder ein Zweitstudium mit dem Schwerpunkt Ernährung absolvieren.
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