- Runde Geburtstage geben Anlass, Bilanz zu ziehen.
- Meist gehen damit Erwartungshaltungen einher: Was habe ich erreicht, was nehme ich mir nun vor?
- Eine Psychologin rät zu Gelassenheit und gibt Tipps, wie man den 30., 40. oder 50. Geburtstag meistert.
An runden Geburtstagen steht man vor einem Wendepunkt, jedenfalls wird einem dies oft aus dem sozialen Umfeld eingetrichtert – etwa zum 30. Geburtstag. Eigentlich nur eine Zahl, aber warum haben wir einen solchen Respekt vor diesen runden Geburtstagen? Im Grunde wird man nur ein Jahr älter, wie bei jedem anderen Geburtstag eben auch.
Und dennoch scheinen der 30., 40. oder 50. Geburtstag etwas in uns auszulösen, eine Hürde darzustellen. "Ich erinnere mich, dass ich in der Nacht vor meinem 30. Geburtstag dachte, jetzt sei meine Jugend zu Ende. Aber es war mir dann auch schnell wieder egal und so wird es jetzt mit der 50 wahrscheinlich ebenso sein", sagte Comedian
Warum wir uns mit runden Geburtstagen so schwer tun, weiß Diplom-Psychologin Thordis Bethlehem. Sie ist die Landesvorsitzende für Baden-Württemberg im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen.
Runde Geburtstage: Lebensleistungen werden Jahrzehnten zugeordnet
"Runde Geburtstage markieren das Ende beziehungsweise den Anfang eines Jahrzehnts. In vielerlei Hinsicht sind wir es gewohnt, in Dekaden zu denken. Und es verleitet oder erleichtert das einfache Zuordnen von bestimmten Lebensleistungen und -herausforderungen in bestimmte Jahrzehnte", erklärt Bethlehem im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die runden Geburtstage sind also häufig ein Anlass, um Bilanz zu ziehen: Was habe ich mir vorgenommen, wovon geträumt, was gewünscht, worauf hingearbeitet?
Dabei ist ausschlaggebend, vor welchem runden Geburtstag man gerade steht. Denn jeder Dekade werden von der Gesellschaft vermeintlich andere Lebensaufgaben und -ereignisse zugeordnet. Was muss ich bis zu meinem nächsten runden Geburtstag vorweisen, was erreichen? Wofür ist es jetzt zu spät?
Runde Geburtstage können Druck ausüben
"Am Beispiel eines 30. Geburtstags könnte überlegt werden, wie die (Aus-)Bildung gelaufen ist, welchen Grundstein man sich für einen Beruf gelegt hat, wie gut man gerüstet scheint für zukünftige Aufgaben. Hat man alles gemacht, was 'man' bis 30 so machen sollte?", sagt die Psychologin.
Zwischen 30 und 40 Jahren stünden hingegen Anforderungen wie die Familiengründung, eine solide berufliche Existenz mit ersten Aufstiegen und Erfolgen sowie das Schaffen von Eigentum auf dem Plan.
"Probleme gibt es immer, wenn mit Überschreiten einer gewissen Altersgrenze Dinge als 'unmöglich' erklärt werden", weiß Thordis Bethlehem. Erfüllen wir diese Vorgaben nicht, sind wir unzufrieden oder stoßen auf Unverständnis – wie zum Beispiel, wenn wir mit 40 ein neues Studium beginnen oder mit 50 Jahren noch an Nachwuchs denken.
Tipp der Expertin: Keine Rücksicht auf vermeintliche Erwartungen nehmen
"Die runden Geburtstage rücken nicht die Individualität in den Mittelpunkt", erklärt Bethlehem. Es gehe also nicht darum, dass jede Person für sich entscheiden könne, ganz frei von den Erwartungen anderer. Vielmehr könnten diese Geburtstage "einen Druck ausüben, der alles andere als zufrieden und gelassen in die Zukunft schauen lässt".
Dieser Druck werde medial nur noch verstärkt, sagt Bethlehem: "Wie viele Bücher, Podcasts und Berichte (auch via Social Media) gibt es zu tollen Bilanzen und dem 'Was man bis 30 gemacht haben sollte'." Ihr Tipp: Darauf sollte man keine Rücksicht nehmen.
Wie gehen wir mit dem Druck um runde Geburtstage um?
Die Psychologin rät zu Gelassenheit. "Besser ist, sich bewusst zu werden: 'Ich bin ich. Was für andere passt, muss für mich nicht richtig sein.' Vielleicht ist es nicht der runde Geburtstag, der Anlass gibt, Bilanz zu ziehen. Vielleicht ist es eher der 33. Geburtstag, der 54., ein Jahreswechsel, ein Neustart nach schwerer Krankheit oder irgendein anderer Zeitpunkt außerhalb runder Geburtstage." An Bilanzen und Neuausrichtungen sei "nichts verkehrt – sie sollten nur dann passieren, wenn man sie benötigt, und nicht, wenn es der Kalender nahelegt".
Es spricht also nichts dagegen, mal einen anderen Geburtstag als den runden größer zu feiern. So wirkt man mancher Erwartungshaltung aus dem eigenen Umfeld entgegen, die auch Pastewka kennt: "Ich bin nur unentspannt, weil man mich immer fragt, ob ich denn an dem Tag groß feiern werde. Das macht ehrlicherweise keinen Spaß, auch weil das immer mit einer Erwartungshaltung verbunden ist", erklärte der Comedian der dpa. Ansonsten sei ihm die Zahl 50 egal.
Auch im Umgang mit sozialen Medien rät Thordis Bethlehem zu Gelassenheit. Man sollte die Plattformen eher als "Ideensammlung" betrachten, als "bunte Spielwiese aller möglichen Lebensentwürfe", als Anregung und nicht als Anweisung.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Dyplom-Psychologin Thordis Bethlehem vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen
- Bastian Pastewka wird 50: "Die Zahl an sich ist mir relativ egal"
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.