• Eine Smartwatch für die Kleinen? Viele Erziehungsberechtigte tun sich mit dieser Entscheidung schwer.
  • Einerseits bieten die digitalen Helfer Vorteile, etwa eine Erreichbarkeit im Notfall.
  • Andererseits kann ein digitales Tool die Erziehungsarbeit von Eltern nicht ersetzen, sagt Mediencoach Iren Schulz. Außerdem sei eine lückenlose Überwachung schädlich fürs Kind.

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Mitte Oktober verschwand die kleine Julia bei einem Wanderausflug im Böhmerwald. Zwei Tage und Nächte lang irrte die Achtjährige umher, bevor sie von einem Förster entdeckt wurde. Wäre sie schneller gefunden worden, wenn sie eine Smartwatch besessen hätte? Dann nämlich hätten ihre Eltern - guten Empfang vorausgesetzt - Julia tracken können. Ein ungewöhnlicher Einzelfall vielleicht, aber dennoch ein Beispiel, das zeigt, welche Vorteile die neue Technologie bieten kann. Mediencoach Iren Schulz bei der "Initiative SCHAU HIN!" sieht das jedoch differenzierter.

Sicher handele es sich hier um einen Extremfall, der eine Familie in Angst und Schrecken versetzt habe, betont die Expertin. "Grundsätzlich muss man aber sagen, dass ein digitales Tool nicht ersetzen kann, was Eltern ihren Kindern erzieherisch mitgeben sollten – wenn es um sichere Wege und selbstbewusstes Handeln in besonderen Situationen geht", sagt Schulz.

Kinder brauchen Freiräume und Vertrauen

"Lückenlose Überwachung ist schädlich für das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kind und bremst die Entwicklung der Selbstständigkeit", erklärt sie. Eltern sollten ihren Kindern Freiräume und Vertrauen schenken und Standortbestimmung und "Voice-Monitoring" eher nicht einsetzen.

Der Wunsch nach einer Smartwatch sei schon bei Kindern groß und Eltern wähnten sich in Sicherheit, weil sie ihre Kinder permanent orten können. Überwachung und Kontrolle seien jedoch keine guten Begleiter in einer vertrauensbasierten Erziehung. Gleichzeitig seien die Smartwatches nach heutigem Stand in puncto Datenschutz noch sehr unsicher und gewähren den besonderen Schutz von Kindern in der digitalen Welt nicht.

Smartwatch für Kinder? Gefahr von Datenmissbrauch besteht

Inzwischen sei bekannt, dass Wearables und Smartwatches besonders datenhungrig sind und viele Nutzerinformationen erfassen. "Auch Hacker können je nach Modell teilweise sehr leicht auf die Standort- und Kontaktdaten der Smartwatch zugreifen und diese missbrauchen", sagt Schulz. Eltern sollten sich deshalb vor dem Kauf darüber informieren, wie die AGB, Nutzungsbedingungen und Datenschutzerklärungen bei verschiedenen Anbietern und Uhren aussehen.

"Entscheidet sich eine Familie dennoch dafür, das Kind mit einer Smartwatch auszustatten, ist es wichtig, das Gerät gemeinsam einzurichten und zu vereinbaren, welche Funktionen wofür genutzt werden", sagt die Medienpädagogin. "Eine Smartwatch ist jedoch keine dauerhafte Alternative. Ist das Kind sicher in der Nutzung des Internets und verantwortungsbewusst genug, kann es auch ein Mobiltelefon nutzen, das von den Eltern in den Einstellungen kindersicher gemacht worden ist."

Kriterien für die Auswahl einer Kinder-Smartwatch

Bei der Produktauswahl sollte auf eine kindgerechte Benutzeroberfläche und -bedienung geachtet werden. Wichtig ist auch, dass das Gerät robust und wasserabweisend ist. So muss das Kind die Smartwatch beim Händewaschen oder Baden nicht ablegen. Idealerweise ist die Smartwatch leicht und nicht zu klobig. Eltern sollten zudem Wert auf eine gute Sprachqualität bei Anrufen legen, ebenso wie auf eine lange Akku-Laufzeit.

Nicht empfehlenswert ist hingegen eine Smartwatch, die nicht mehr als ein modernes Spielzeug ist. Gleiches gilt auch umgekehrt, wenn es sich lediglich um ein reines Ortungsgerät handelt und die Smartwatch keine Zusatzfunktionen für die Kids bietet. Die in dem Gerät verwendete App sollte außerdem werbefrei sein.

Eine gute Kinder-Smartwatch ist bereits unter 100 Euro erhältlich. Eine SIM-Karte mit Datenvolumen ist Voraussetzung für die Nutzung. Sie schlägt je nach Vertrag mit etwa fünf bis zehn Euro pro Monat zu Buche. Einige Mobilfunkanbieter bieten Kinder-Smartwatches auch als Paket an. Dabei kann man in der Regel zwischen einem Mobilfunkvertrag mit monatlichen Kosten oder einer einmaligen Zahlung beim Kauf wählen, bei der die Mobilfunknutzung für ein oder zwei Jahre bereits inkludiert ist. Die Altersempfehlung für eine Kinder-Smartwatch liegt übrigens zwischen fünf und zwölf Jahren.

Über die Expertin: Die Kommunikationswissenschaftlerin und Medienpädagogin Iren Schulz ist Mediencoach bei der Initiative "SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht". Die inhaltlichen Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die Risiken digitaler Medien sowie die damit verbundene Medienkompetenzförderung in Elternhaus, Schule und Freizeit.
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