Rechtliche Fragen stellen sich jedem am Arbeitsplatz: Was darf mein Arbeitgeber und was könnte mich im schlimmsten Fall meinen Job kosten? Hier geben Expertinnen und Experten Antworten auf häufige - und manchmal auch skurrile - Fragen aus dem Arbeitsrecht.
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Warten bis kurz vor knapp? Wann der Dienstplan fertig sein muss
Update vom 25. Oktober: Dienstpläne legen in einem Schichtsystem fest, wann Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jeweils arbeiten müssen. Doch wie lange im Voraus muss dieser eigentlich erstellt werden?
Die Sache ist kompliziert. Denn: "Für die Erstellung von Dienstplänen gibt es keine speziellen gesetzlichen Regelungen", sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin.
Ausgangsbasis sei das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach Paragraf 106 der Gewerbeordnung. Dieses schreibt vor, dass der Arbeitgeber auf schutzwürdige familiäre Belange des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen muss - soweit dem keine betrieblichen Gründe oder berechtigten Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen. "Dem entspricht nur ein frühzeitig und verlässlich erstellter Dienstplan", sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht. "Im Einzelfall bleibt hier aber vieles unklar."
Zwar gibt es keine klare gesetzliche Frist, bis wann ein Dienstplan erstellt sein muss. Spätestens vier Tage vor ihrem jeweiligen Dienst müssen Arbeitnehmer aber informiert werden. Diese Frist leite die Rechtsprechung aus Paragraf 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetz her, erklärt Bredereck.
Sind Änderungen am Dienstplan notwendig, müssten diese vom Arbeitgeber ebenfalls vier Tage vor dem jeweiligen Dienst angekündigt werden. Nur in dringenden Fällen könne der Arbeitgeber davon abweichen. "Das gilt zum Beispiel, wenn plötzlich und unvorhersehbar andere Arbeitnehmer krankheitsbedingt ausfallen", erklärt der Fachanwalt.
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Arbeitszeugnis: Schlussformel darf nicht gestrichen werden
Update vom 16. Oktober: Gute Wünsche, Dank und Bedauern über den Weggang eines Arbeitnehmers: Oftmals enthalten Arbeitszeugnisse freundlich formulierte Schlussformeln. Fehlen sie, kann das negativ auffallen - etwa bei späteren Bewerbungen mit dem Zeugnis. Doch einen Anspruch auf eine solche Dankes- und Wunschformel haben Beschäftigte nicht, zeigt die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 9 AZR 146/21).
Anders ist der Fall gelagert, wenn die Schlussformel erst einmal im Arbeitszeugnis steht, der Arbeitgeber sie in einer späteren Version aber weglässt, weil er nach einem langwierigen Streit um Korrekturen des Zeugnisses keinen Dank oder kein Bedauern mehr für ehemalige Beschäftigte übrig hat. Gestrichen werden kann die Dankes- und Wunschformel dann nicht. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 9 AZR 272/22) hervor, auf die das Fachportal "Haufe.de" hinweist.
- Der Fall: Eine Frau erhielt ein Arbeitszeugnis mit Schlussformel, in der ihr ehemaliger Arbeitgeber sein Bedauern äußerte, sie als Mitarbeiterin zu verlieren, ihr für die wertvolle Mitarbeit dankte und ihr für den weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute wünschte. Mit dem Zeugnis war die Frau allerdings nicht zufrieden und forderte eine bessere Bewertung ihres Arbeits- und Sozialverhaltens. Doch auch das daraufhin geänderte Zeugnis missfiel ihr. Durch ihren Anwalt forderte sie weitergehende Korrekturen. In der dritten, in der Bewertung verbesserten Version, fehlte allerdings die freundliche Schlussformel, weshalb die Frau vor Gericht zog.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab der Frau recht - wie auch schon die Vorinstanzen, das Arbeitsgericht Braunschweig (Az.: 4 CA 376/21) und das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (Az.: 10 Sa 1217/21). Der Arbeitgeber müsse die einmal ausgesprochene Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel in ein neues Arbeitszeugnis aufnehmen. Dies gebiete das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot (Paragraf 612a BGB). Demnach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.
Dieses Maßregelungsverbot sei, so das BAG, nicht auf das laufende Arbeitsverhältnis beschränkt. Es gelte auch nach dessen Beendigung, insbesondere im Bereich des Zeugnisrechts. Die Frau habe mit dem Wunsch, das zweite Arbeitszeugnis zu korrigieren, in zulässiger Weise von ihrem Recht auf Zeugniserteilung Gebrauch gemacht.
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Erkältet: Kann der Chef mich nach Hause schicken?
Update vom 9. Oktober: Das bisschen Schnupfen, die Arbeit stapelt sich, Homeoffice ist nicht möglich - und der Corona-Test ist negativ: Nicht jeder bleibt wegen einer leichten Erkältung zu Hause. Ob das die Kolleginnen und Kollegen klug finden, ist eine andere Sache. Doch kann der Arbeitgeber eigentlich verlangen, dass man sich dann krankschreiben lässt?
Nein. Auch wenn man - schon allein um andere nicht anzustecken - besser nicht erkältet in die Werkhalle geht oder sich hinter die Kasse setzt, gilt: Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass man sich bei einer einfachen Erkältung krankschreiben lässt. Letztendlich entscheide immer der eigene Arzt, ob man arbeitsunfähig ist, sagt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Offenburg. Dass man überhaupt zum Arzt geht, könne der Arbeitgeber aber ebenfalls nicht verlangen.
Doch es gibt andere Möglichkeiten: "Will der Arbeitgeber vermeiden, dass sich Erkältungen im Betrieb verbreiten, kann er Beschäftigte auf eigene Kosten bitten, zu Hause zu bleiben", so Markowski. Der Lohn müsse in diesem Fall aber vom Arbeitgeber weiterbezahlt werden. "Er hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beschäftigten dafür Urlaub nehmen oder Zeitguthaben aufbrauchen."
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Symptomfrei zur Arbeit – bei Corona Pflicht oder Kür?
Update vom 6. Oktober: Hat jemand Symptome, ist der Fall völlig klar: Er geht zum Arzt, bekommt eine Krankschreibung und kann dann zuhause bleiben. Doch was, wenn der Corona-Test positiv ist, sich jedoch keine Symptome zeigen? Müssen Beschäftigte dann zuhause bleiben oder zur Arbeit erscheinen?
"Durch einen positiven Test ist man nicht automatisch arbeitsunfähig. Und wer nicht krankgeschrieben ist, muss eigentlich arbeiten. Daher ist der Arbeitnehmer hier in einer schwierigen Situation", sagt Rechtsanwalt Alexander Bredereck. "Bleibt der Arbeitnehmer ohne Krankschreibung einfach zuhause, kann er im schlimmsten Fall eine Abmahnung und sogar eine Kündigung riskieren, weil er nicht zur Arbeit erschienen ist."
Also trotz positiven Tests in die Arbeit gehen? Obwohl man die Kollegen anstecken könnte? Bis Februar 2023 war das nicht erlaubt, dann endete die Arbeitsschutzverordnung zu Corona. Die Pflicht zum betrieblichen Infektionsschutz wurde von Empfehlungen des Arbeitsministeriums abgelöst. Also gibt es aktuell keine gesetzlichen Vorgaben, an die sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber halten müssen, womit die Rechtslage unklar ist.
Allerdings: "Wenn der Arbeitnehmer durch seine Krankheit andere Arbeitnehmer in ernsthafte Gefahr bringt, ist er verpflichtet, den Arbeitgeber auf diese Gefahr hinzuweisen", erklärt Bredereck auf Nachfrage unserer Redaktion. "Der Arbeitgeber hat nämlich eine Fürsorgepflicht für seine übrigen Arbeitnehmer und außerdem auch ein betriebliches Interesse daran, dass nicht das ganze Unternehmen lahmgelegt wird."
Arbeitgeber können die Empfehlungen des Arbeitsministeriums bei Bedarf zum Schutz ihrer Beschäftigten anwenden - sowohl bei Corona als auch bei Grippe. Liegt ein hohes Infektionsgeschehen vor, empfiehlt das Arbeitsministerium, zusätzlich zu den üblichen Hygienemaßnahmen Personenkontakte zu reduzieren und Personen mit erhöhtem Infektionsrisiko zu schützen. Das spricht dafür, dass Arbeitnehmer in dieser Situation andere Mitarbeiter nicht gefährden sollten.
Also was tun? Um das Dilemma zu lösen und Konflikte zu vermeiden, empfiehlt Bredereck: "Gehen Sie kein unnötiges Risiko oder Ärger mit dem Chef ein. Fragen Sie Ihren Arbeitgeber, was Sie tun sollen." Die Betriebe müssen nach wie vor ein Hygieneschutzkonzept haben. Es lohnt sich also, wenn Arbeitnehmer sich nach dem aktuellen Stand erkundigen. Alternativ könnte man auch überlegen, zu seinem Hausarzt zu gehen und nach einer Krankschreibung zu fragen. "Dann muss der Arzt entscheiden, was sinnvoll ist. Und der Arbeitnehmer ist auf der sicheren Seite", erklärt Bredereck. Die vermutlich eleganteste und sicherste Lösung in besagter Situation sei: Arbeitnehmer informieren ihren Chef über den positiven Test und arbeiten im Homeoffice - sofern dies möglich ist. (af)
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Arbeit auf Abruf: Wie spontan muss ich zur Verfügung stehen?
Update vom 4. Oktober: Arbeit auf Abruf: Darunter versteht man die flexible Handhabung von Teilzeit-Arbeitszeiten. Das heißt: Im Arbeitsvertrag ist nicht abschließend festgelegt, wie Umfang, Lage und Verteilung der vereinbarten Arbeitszeit genau aussehen. Beschäftigte arbeiten dann, wenn Arbeit anfällt und sie gebraucht werden. Doch kann der Arbeitgeber den eigenen Einsatz spontan von einem Tag auf den anderen einfordern?
Nein. Auch bei der Arbeit auf Abruf müssen Arbeitgeber rechtzeitig Bescheid geben, wann man gebraucht wird, schreibt der Verband DGB-Jugend auf seiner Webseite. Einen Dienst, der nicht vier Tage im Voraus angekündigt ist, musst man nicht antreten. Geregelt ist das in Paragraf 12 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Als Ankündigung kann der DGB Jugend zufolge ein Telefonat genügen, aber auch der Aushang am üblichen Dienstplan im Betrieb - so weit man vier Tage oder länger vorher im Betrieb war und ihn dort finden konnte. Wird man rechtzeitig zu einem Dienst bestellt, muss man zu diesem natürlich auch erscheinen. Bezahlt wird man dann für die eingeplanten Stunden, selbst wenn dem Arbeitgeber plötzlich oder einen Tag vorher auffällt, dass er einen doch nicht oder nur kürzer braucht.Fragt der Arbeitgeber kurzfristiger als vier Tage vor dem angedachten Arbeitseinsatz, können Beschäftigte natürlich dennoch zusagen. In diesem Fall sind beide Seiten dann an die Zusage gebunden.
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Urteil: Keine besseren Arbeitsschichten für Alleinerziehende
Update vom 12. September: Werden die Arbeitszeiten von Beschäftigten mit Kindern festgelegt, müssen Arbeitgeber nach Möglichkeit auch Rücksicht auf die Kinderbetreuung nehmen. Was sie aber nicht müssen: andere Beschäftigte mit Kindern für ungünstigere Schichten einteilen, um den Arbeitszeitwünschen einer Alleinerziehenden gerecht zu werden. Das zeigt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Az.: 5 Sa 139/22), über die das Fachportal "Haufe.de" berichtet.
- Der Fall: Eine alleinerziehende Bäckereiverkäuferin wollte wegen der Kinderbetreuung nur noch von Montag bis Freitag und das nur innerhalb eines bestimmten Zeitkorridors arbeiten. Der Arbeitgeber stimmte zwar einer Arbeitszeitverkürzung zu - die sie ebenfalls beantragt hatte - lehnte die beantragte Arbeitszeitverteilung jedoch ab. Die Frau erhob daraufhin Klage und scheiterte vor dem Arbeitsgericht Schwerin (Az.: 6 Ca 73/22). Sie legte Berufung ein und scheiterte auch vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern.
Das Gericht erkannte zwar das gewichtige Interesse der Frau aufgrund ihrer Situation, dem stünden jedoch ebenso gewichtige Belange des Arbeitgebers und der übrigen Mitarbeiterinnen entgegen, die ebenfalls betreuungsbedürftige Kinder haben. Würde die Klägerin antragsgemäß zur Arbeit eingeteilt, müssten die anderen vermehrt die Früh- und Spätschichten übernehmen sowie sämtliche Schichten an Samstagen. Zu diesen Zeiten müssten sie eine anderweitige Betreuung ihrer Kinder organisieren und könnten an Wochenenden weniger Zeit mit der Familie verbringen.
Dass die Klägerin alleinerziehend ist, rechtfertigte für das Gericht keine Besserstellung der Klägerin. Den anderen Mitarbeiterinnen gelinge es, ihre arbeitsvertraglichen und ihre familiären Pflichten miteinander zu vereinbaren - das sei aber kein Grund, diese durch die vermehrte Zuweisung ungünstiger Schichten zusätzlich zu belasten - und gegenüber der Klägerin zu benachteiligen. Nun liegt der Fall beim Bundesarbeitsgericht (Az.: 5 AZN 629/23).
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Muss ich mich selbst beim Arbeitgeber krankmelden?
Update vom 04. September: Manche Erkrankungen werfen einen so aus der Bahn, dass selbst ein Telefonat kaum denkbar erscheint. Beim Arbeitgeber krankmelden müssen sich Beschäftigte, die nicht arbeiten können, dennoch. Doch können das eigentlich auch andere für einen übernehmen? Die kurze Antwort: Ja.
"Die Meldung darf auch durch Dritte, zum Beispiel Familienmitglieder oder Freunde erfolgen", erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck. Wichtig sei, dass man den Arbeitgeber so schnell wie möglich über die Arbeitsverhinderung in Kenntnis setzt. "Bevor man sich am Sonntagabend mit hohem Fieber ins Bett legt, sollte man den Arbeitgeber am besten schon informiert haben", sagt Bredereck. Wie das geschieht, ist zweitrangig.
Sie müssen also nicht zwangsläufig zum Hörer greifen. Auch eine Mitteilung per E-Mail ist beispielsweise denkbar. "Soweit möglich ist eine persönliche Meldung auf den im Betrieb üblichen Wegen am besten", rät Bredereck. Wer Ärger befürchtet, sollte die rechtzeitige Krankmeldung später beweisen können.
In einem Brief können Sie Ihrem Arbeitgeber Ihre krankheitsbedingte Abwesenheit aber nicht mitteilen - zumindest nicht, wenn ein Telefonat oder eine E-Mail möglich sind, so der Fachanwalt. Der im Vergleich langsamere Postweg ist dann nicht erlaubt.
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Kann ich während des Resturlaubs im neuen Job anfangen?
Update vom 28. August: Eine pauschale Antwort auf die Frage gibt es nicht. "Es kommt ein bisschen auf die Fallkonstellationen an", sagt André Niedostadek, Professor für Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht an der Hochschule Harz. Da das alte Arbeitsverhältnis während der Zeit des Urlaubs noch besteht, wäre der Job beim künftigen neuen Arbeitnehmer in jedem Fall eine Nebentätigkeit. "Die muss man zumindest regelmäßig beim aktuellen Arbeitgeber anzeigen und unter Umständen sogar genehmigen lassen", so Niedostadek. Was hier jeweils gilt, verrät ein Blick in den eigenen Arbeitsvertrag.
Außerdem sollte man wissen: "Eine Nebentätigkeit während eines Urlaubs ist eigentlich unzulässig, wenn die Tätigkeit dem Erholungsgedanken widerspricht", erklärt Niedostadek. Das geht aus Paragraf 8 des Bundesurlaubsgesetzes hervor. Was jedoch dem Erholungszweck widerspricht, ist abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Hat die neue Tätigkeit nicht annähernd denselben Umfang wie die bisherige, könnte es hier beispielsweise Ausnahmen geben.
Doch es gibt noch einen weiteren Punkt, der einem Start im neuen Job während der Urlaubstage beim bisherigen Arbeitgeber entgegenstehen kann: Arbeitnehmer dürfen ihrem Arbeitgeber nicht in dessen Geschäft Konkurrenz machen. Das ergibt sich aus dem sogenannten Wettbewerbsverbot, das in Paragraf 60 des Handelsgesetzbuches (HGB) geregelt ist. Wechselt man zu einem Konkurrenten des bisherigen Arbeitgebers, sollte man damit also besser bis zum tatsächlichen Ende des bisherigen Arbeitsverhältnisses warten. Das gilt übrigens auch dann, wenn man nach einer Kündigung vom bisherigen Arbeitgeber freigestellt ist.
Niedostadek rät Arbeitnehmern, die vor dem Ende ihres bisherigen Arbeitsverhältnisses in einen neuen Job starten wollen, in jedem Fall, im Vorfeld klare Absprachen mit dem bisherigen Arbeitgeber zu treffen. "Ist eine neue Beschäftigung möglich, kann es noch um die Frage gehen, ob ein zusätzlicher Verdienst auf eine noch laufende Bezahlung anzurechnen ist oder nicht", so der Professor. Gibt es hierzu keine vertragliche Regelung, ist das in der Regel aber nicht der Fall. (dpa/mak)
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Darf ich meine Arbeitsmails von einer KI schreiben lassen?
Update vom 16. August: Es klingt verlockend: Statt selbst lange an einer beruflichen E-Mail zu feilen, lässt man diese einfach von einem KI-Chatbot schreiben. Aber darf man das als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer überhaupt? Die Sachlage ist kompliziert. Als einfache Richtlinie kann aber gelten: "Mit Zustimmung des Arbeitgebers ist alles möglich", sagt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Peter Meyer. Ohne dessen Einverständnis sollten Sie hingegen keine E-Mails, die ein KI-Chatbot für Sie verfasst hat, versenden.
Meyer verweist hier auf Paragraf 613 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Demnach müsse der Arbeitnehmer seine Dienstleistungen höchstpersönlich erfüllen. "Und KI ist etwas anderes als eine Fräsmaschine oder das Korrekturprogramm", so Meyer. "Das ist etwas, was die ganze Arbeit sozusagen übernimmt." Man könne also "sehr darüber streiten, ob man dann noch höchstpersönlich die Arbeiten erbringt."
Und es gibt noch einen weiteren Aspekt. "Das ist die Fürsorgepflicht des Arbeitnehmers", sagt Fachanwalt Meyer. Sie ergibt sich aus Paragraf 241 Absatz 2 BGB. Demnach muss der Arbeitnehmer auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht nehmen. Im Fall der Nutzung von KI könnten das Meyer zufolge "zum Beispiel Interessen des Urheberrechts sein oder des Datenschutzes".
Das spiele vor allem dann eine Rolle, wenn Beschäftigte nicht nur kurze E-Mails, etwa zur Terminbestätigung, sondern umfassende Ausarbeitungen für Kunden von einer KI erstellen lassen. "Das muss immer mit Zustimmung des Vorgesetzten erfolgen, wenn Sie solche Leistungen von ChatGPT übernehmen lassen wollen", sagt Meyer.
Wer ohne Zustimmung des Arbeitgebers KI nutzt - und dies auch nicht offenlegt - handelt sich also womöglich Ärger ein. Das gilt erst recht, wenn man KI trotz Verbots des Arbeitgebers verwendet. "Dann muss man damit rechnen, dass man eine Ermahnung, Abmahnung und vielleicht im wiederholten Fall auch eine Kündigung bekommt", so Meyer.
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Darf der Arbeitgeber die Arbeitszeit verändern?
Update vom 31. Juli: Arbeitsbeginn um 08:00 Uhr statt um 09:00 Uhr und Arbeitsende dafür eine Stunde früher? Sollen die Arbeitszeiten im Betrieb geändert werden, mag das dem einen oder anderen Beschäftigten entgegenkommen. Anderen bringt es womöglich die Tagesplanung durcheinander. Doch dürfen Arbeitgeber die täglichen Arbeitszeiten überhaupt verschieben?
"Grundsätzlich ja", sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln. Entscheidend ist hier das sogenannte Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitgebers, das sich aus Paragraf 106 der Gewerbeordnung ergibt. Demnach kann der Arbeitgeber die Zeit der Arbeitsleistung näher bestimmen. Allerdings müsse er dabei "billiges Ermessen wahren".
- Das heißt: Auch die Interessen der Arbeitnehmer müssen berücksichtigt werden, also etwa familiäre Belange wie die Kinderbetreuung. "Sofern ein Betriebsrat besteht, hat dieser zudem bei der Lage der Arbeitszeit mitzubestimmen", erklärt die Fachanwältin für Arbeitsrecht.
Gut zu wissen: Ist die Arbeitszeit bereits durch den Arbeitsvertrag konkret und abschließend festgelegt, bleibt kein Raum mehr für das Weisungsrecht. Der Arbeitgeber kann die Arbeitszeiten dann nicht einfach einseitig verändern. Sieht ein Arbeitsvertrag bei Teilzeitkräften also beispielsweise eine Arbeitszeit vor, die auf bestimmte Wochentage beschränkt ist, müssen Beschäftigte auch dann nicht an anderen Tagen arbeiten, wenn der Arbeitgeber das verlangt.
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Krank auf Reisen: So holen Sie sich Ihre Urlaubstage zurück
Update vom 26. Juli: Im Urlaub krank zu werden, ist ärgerlich. Ein Trost: Diese Tage werden gemäß Paragraf 9 des Bundesurlaubsgesetzes nicht auf den Jahresurlaub angerechnet - wenn man die Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest nachweist. Erkrankt man in den Ferien im Ausland, muss die Bestätigung dafür zwingend von einem Arzt am Urlaubsort eingeholt werden. Darauf weist das Fachportal Haufe.de hin.
Das sogenannte eAU-Verfahren, bei dem Arbeitgeber hierzulande die Arbeitsunfähigkeitsdaten von gesetzlich Versicherten elektronisch bei den Krankenkassen abrufen, gilt im Ausland nicht. Man braucht also wirklich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die man dem Arbeitgeber vorlegen kann.
Beschäftigte müssen ihren Arbeitgeber zudem zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit so schnell wie möglich aus dem Ausland informieren - und zwar über die Arbeitsunfähigkeit an sich, deren voraussichtliche Dauer und ihre Adresse am Aufenthaltsort. Möglich ist das etwa per E-Mail oder telefonisch. Die Kosten dafür muss der Arbeitgeber übernehmen. Kehren Beschäftigte, die arbeitsunfähig erkrankt sind, nach Deutschland zurück, sind sie dann verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse ihre Rückkehr unverzüglich anzuzeigen.
Die wegen Krankheit verlorenen Urlaubstage dürfen Sie allerdings nicht einfach im Anschluss an Ihren Urlaub anhängen. Wer am Ende des genehmigten Urlaubszeitraums wieder gesund ist, muss auch pünktlich wieder zur Arbeit kommen. Den Urlaub muss der Arbeitgeber dann allerdings zu gegebener Zeit nachgewähren.
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Kann mich der Arbeitgeber aus dem Urlaub holen?
Update vom 24. Juli: Können Arbeitgeber ihre Beschäftigten eigentlich aus dem bereits begonnenen Urlaub zurück in den Betrieb ordern, den Urlaub also nachträglich wieder streichen? Die klare Antwort: nein.
Wer nicht möchte, muss seine Urlaubspläne also nicht über den Haufen werfen. Das gilt bereits, bevor man den genehmigten Urlaub angetreten hat und auch währenddessen - unabhängig davon, ob man verreist oder nicht.
Auch Vereinbarungen, mit denen sich Arbeitnehmer verpflichten, ihren Urlaub auf Abruf abzubrechen, sind unwirksam - wenn es sich um den gesetzlichen Mindesturlaub handelt. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 9 ARZ 405/99) verstößt eine solche Vereinbarung gegen Paragraf 13 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG).
Übrigens: Auch Anrufe, E-Mails oder Kurznachrichten des Arbeitgebers müssen Sie in Ihrem Urlaub nicht beantworten. Wer diese im Urlaub ignoriert, hat keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu befürchten.
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Darf ein potenzieller neuer Arbeitgeber frühere Chefs befragen?
Update vom 10. Juli: Ein Arbeitgeber darf nur dann den früheren Chef eines Bewerbers befragen, wenn dieser das ausdrücklich erlaubt hat. "Das folgt aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und aus datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DGSVO)", so der Fachanwalt für Arbeitsrecht Johannes Schipp.
Auch wenn der Bewerber seine Einwilligung gibt, begibt sich der Fragende in eine rechtliche Grauzone. Der Grund: In einer Bewerbungssituation kann sich eine Person gezwungen fühlen, die Erlaubnis zu erteilen - auch wenn sie das eigentlich gar nicht möchte. "Die Einwilligung kann zudem auch jederzeit widerrufen werden", so Schipp.
Der potenzielle neue Arbeitgeber darf zudem, wenn überhaupt, nur erfragen, was für die Stelle entscheidend ist. "Alles, was über Leistung und Qualifikation hinausgeht, ist kritisch", sagt Schipp. Absolut inadäquat sind Fragen über religiösen Hintergrund, gewerkschaftliche Organisation oder ethnische Herkunft.
Verstößt ein potenzieller Arbeitgeber gegen die Regeln, kann der Bewerber Schadenersatz oder Unterlassung fordern. Oft ist der Nachweis schwierig, sind ihm allerdings Sachen bekannt, die er nur bei einem alten Arbeitgeber erfahren konnte, steigen die Chancen.
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Überstundenabbau: Bekomme ich bei Krankheit Ersatz?
Update vom 3. Juli: Überstunden sammeln und diese dann abbummeln: Durch Freizeitausgleich können Arbeitnehmer an ganze freie Tage kommen. Doch es gibt Unterschiede zum Urlaubstag - etwa, wenn man krank wird.
Etliche Kundenaufträge, zahlreiche Projekte und Deadlines über Deadlines: Wer auf Anordnung des Vorgesetzten dann Überstunden macht, kann dafür - abhängig etwa von den Regelungen in Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag - Freizeitausgleich bekommen, Überstunden also abfeiern. Doch bekommt man eigentlich Ersatz, wenn man während des Abfeierns der Überstunden krank wird?
Die kurze Antwort: Nein. "Im Unterschied zu der gesetzlichen Regelung im Falle von Krankheit während eines genehmigten Urlaubs, kennt das Gesetz keine vergleichbare Regelung beim Überstundenabbau", sagt Anke Marx, Juristin bei der Arbeitskammer des Saarlandes, in der Zeitschrift "AK-Konkret" (03/2023).
Ist also etwa vereinbart, dass man am Mittwoch seine angesammelten Überstunden abbummelt und man wacht an diesem Tag krank auf, kann man sich nicht einfach krankmelden und die Überstunden an einem anderen Tag abbummeln. Ein Anspruch auf Gutschrift der in Folge von Krankheit nicht genommenen Tage besteht grundsätzlich nicht.
"Die Regelung im Bundesurlaubsgesetz ist nicht entsprechend anwendbar", so Marx. "Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitsvertrag oder etwa eine Betriebsvereinbarung eine vergleichbare Regelung explizit getroffen haben." Ansonsten sind die Überstunden verbraucht.
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Vertretung und Vorarbeiten: Was ist beim Urlaub rechtens?
Update vom 29. Juni: Der Arbeitgeber ist gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich um Urlaubsvertretung zu kümmern. "Er kann theoretisch auch sagen, es ist mir egal, was während der Urlaubsabwesenheit passiert", sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Genauso habe er die Möglichkeit, zu sagen: Stimmt im Team ab, wer Aufgaben während des Urlaubs übernimmt.
Beschäftigte sollten der Führungskraft bei Überlastung mitteilen, dass sie aufgrund der hinzukommenden Aufgaben nun Prioritäten setzen müssen und abstimmen, was zuerst erledigt werden soll. "Im schlimmsten Fall, etwa wenn ich im medizinischen Bereich nicht mehr alle Patienten betreuen kann, muss man eine Überlastungsanzeige machen", so Meyer. Nach dem Motto: Unter den gegebenen Umständen besteht die Gefahr, dass die Qualität der Arbeit nicht so ist, wie sie sein sollte.
"Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass man die Arbeitszeit, die durch den Urlaub ausfällt, vor- oder nacharbeitet."
Was nicht geht: "Der Arbeitgeber kann nicht verlangen, dass man die Arbeitszeit, die durch den Urlaub ausfällt, vor- oder nacharbeitet", so der Fachanwalt. Das widerspreche dem Erholungszweck des Urlaubs.
Der Arbeitgeber kann Beschäftigte aber anweisen, ihren Urlaub im Rahmen ihrer regulären Arbeitszeit so vorzubereiten, dass möglichst wenig Aufwand in der Urlaubszeit für die Kolleginnen und Kollegen anfällt.
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Urlaub nehmen während der Schulferien: Haben Eltern Anspruch?
Update vom 19. Juni: Laut Paragraf 7 des Bundesurlaubsgesetzes müssen Arbeitgeber die Urlaubswünsche von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern berücksichtigen. Es sei denn, dringende betriebliche Belange stehen dem entgegen. Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt: "Wenn mehr Arbeitnehmer während der Ferien Urlaub machen wollen, als der Arbeitgeber zwingend entbehren kann, muss er eine Auswahlentscheidung treffen."
Eine generelle Regelung, wonach Eltern mit schulpflichtigen Kindern bei der Urlaubsvergabe in den Schulferien Vorrang vor kinderlosen Beschäftigten haben, gibt es allerdings nicht. "Das Bundesurlaubsgesetz zwingt den Arbeitgeber jedoch bei der Auswahlentscheidung soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen", sagt Bredereck. "Bei der Entscheidung darüber, welchen Arbeitnehmern er in den Ferienzeiten den Urlaub gewährt und wem er ihn verweigert, wird er die schulpflichtigen Kinder zugunsten der jeweiligen Arbeitnehmer als sehr starkes Argument berücksichtigen müssen."
Andererseits dürfe das Bredereck zufolge nicht dazu führen, dass Angestellte ohne schulpflichtige Kinder in den Schulferien nie Urlaub nehmen können, wenn sie für ihren Urlaubsantrag einen wichtigen Grund haben. "Vielleicht findet zum Beispiel ein Festival in den jährlichen Ferien statt oder sie wollen mit Freunden, die wiederum schulpflichtige Kinder haben, verreisen", sagt Bredereck. "Der Arbeitgeber muss die sozialen Belange, auf die sich die Arbeitnehmer berufen, dann in einer Gesamtabwägung berücksichtigen."
Dem Fachanwalt für Arbeitsrecht zufolge ist die Rechtslage allerdings "recht schwammig". Er rät deshalb: Möglichst gemeinsam einvernehmliche Regelungen finden. "Zum Glück gibt es regelmäßig auch Arbeitnehmer, die gar nicht in den Ferien Urlaub machen wollen, weil der Urlaub zu diesen Zeiten viel teurer ist."
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Wann muss ich dem Arbeitgeber mein Alter mitteilen?
Update vom 12. Juni: Ab und an wird man nach dem eigenen Geburtsdatum gefragt. Nicht immer muss man es angeben. Aber was gilt eigentlich am Arbeitsplatz? Klar ist: Oft geben schon bei der Bewerbung für den Job die Angaben im Lebenslauf zu Ausbildung und Co. Auskunft über unser ungefähres Alter. Das Geburtsdatum in seinen Bewerbungsunterlagen zu nennen, ist aber nicht notwendig. Denn: "Im Bewerbungsverfahren muss das Alter nicht angegeben werden", sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln.
Das gilt auch dann, wenn das Gegenüber nachhakt. "Fragen hierzu dürfen wahrheitswidrig beantwortet werden", so Oberthür. "Nur ganz ausnahmsweise ist die Frage nach dem Alter zulässig, wenn es etwa eine zulässige Höchstaltersgrenze gibt." Dann sollte man wahrheitsgemäß antworten.
Eine Höchstaltersgrenze ist nur in Ausnahmebereichen möglich, etwa bei Beamten oder Soldaten. Ansonsten verstoßen Stellenausschreibungen, die sich nur an Bewerberinnen und Bewerber eines bestimmten Alters richten, gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).
Und was ist, wenn man den Job erst einmal hat? "Ob das korrekte Geburtsdatum nach der Einstellung angegeben werden muss, ist umstritten", so Oberthür, "nach meiner Auffassung aber zu bejahen, da das Geburtsdatum in Verbindung mit dem Namen für die Feststellung der Identität notwendig sein kann."
Außerdem könnten der Fachanwältin zufolge besondere Leistungen die Kenntnis des Alters für den Arbeitgeber notwendig machen, etwa die betriebliche Altersversorgung. In diesem Fall wird man also nicht drum herum kommen, dem Arbeitgeber das Geburtsdatum mitzuteilen.
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Auch Rückweg im Homeoffice ist gesetzlich unfallversichert
Update vom 27. Mai: Auch im Homeoffice kann der Rückweg nach dem Ende einer Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Das geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Schwerin (AZ: S 16 U 49/22) hervor. Er gilt dann als mitversicherter Betriebsweg.
- Der konkrete Fall: Eine Arbeitnehmerin, die an zwei von fünf Arbeitstagen im Homeoffice arbeitete, verletzte sich auf dem Weg von ihrem Arbeitszimmer im Obergeschoss in den Wohnbereich im Untergeschoss. Die Beschäftigte hatte sich zuvor digital ausgestempelt und ihren Rechner heruntergefahren sowie unter anderem den Büroschlüssel und ihre Notizen für den nächsten Arbeitstag in der Dienststelle mitgenommen.
Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall allerdings auch im Widerspruchsverfahren ab: Die versicherte Tätigkeit sei mit dem Abmelden und Herunterfahren des Rechners beendet worden, so die Begründung. Es handle sich bei dem Sturz auf der Innentreppe auch nicht um einen versicherten Wegeunfall, denn der Arbeitsweg beginne und ende mit dem Durchschreiten der Außenhaustür. Die Verunfallte hatte das Haus jedoch gar nicht verlassen.
Das Sozialgericht sah die Sache deshalb anders - und gab der Klägerin Recht: Diese sei auf dem Weg von ihrem Homeoffice-Arbeitsplatz in den Wohnbereich versichert gewesen.
- Die Begründung: Der Unfallversicherungsschutz im Homeoffice sei gesetzlich geregelt worden. Danach bestehe im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit in gleichem Umfang Versicherungsschutz wie bei Ausübung der Tätigkeit im Büro.
Das Bundessozialgericht habe zudem bereits 2021 entschieden, dass der erstmalige morgendliche Weg aus den Privaträumen in das häusliche Arbeitszimmer zum (alleinigen) Zweck der Arbeitsaufnahme ein Betriebsweg sei (Az.: B 2 U 4/21 R). Daher müsse dies auch beim Hinabsteigen der Innentreppe auf dem Rückweg gelten, so das Gericht.
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Zählt das Hochfahren des Rechners zur Arbeitszeit?
Update vom 22. Mai: Wann startet eigentlich die offizielle Arbeitszeit? Ganz einfach: "Wenn Sie den Startknopf drücken", sagt Peter Meyer, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. "Das Stichwort heißt hier: Rüstzeit." Gemeint ist damit diejenige Zeit, die zur Vorbereitung einer bestimmten Arbeit notwendig ist und die generell zur Arbeitszeit zählt.
"Wenn man sich zum Beispiel in einem Stahlwerk die feuerfeste Kleidung anziehen muss, dann ist diese Umkleidezeit natürlich auch Arbeitszeit", so Meyer. Schließlich zögen Arbeitnehmer diese im Interesse ihres Arbeitgebers an. "Und das Gleiche gilt für das Hochfahren des PCs." Unabhängig davon, wie lange das dauert und ob man nun im Homeoffice arbeitet oder im Büro.
Wird der Start der Arbeitszeit durch das Einloggen in einem PC-Programm erfasst, kann deshalb eine Regelung infrage kommen, bei der Arbeitgeber beispielsweise eine "pauschale Rüstzeit von beispielsweise zwei oder drei Minuten für das Hochfahren des PCs" annehmen, so Meyer. Diese wird dann zur erfassten Arbeitszeit hinzuaddiert.
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Urlaub an Kollegen spenden? In seltenen Fällen ist das möglich
Update vom 12. Mai: Man selbst hat keine Reisepläne mehr in diesem Jahr, aber noch viele Urlaubstage übrig. Die Kollegin könnte zusätzliche freie Tage hingegen gut gebrauchen. Ihr die eigenen Urlaubstage zu überlassen, klingt nach einer netten Idee. Doch können Arbeitnehmer ihre Urlaubstage überhaupt an Kollegen verschenken?
Zunächst einmal gilt: Arbeitnehmer sind laut Arbeitsvertrag verpflichtet, ihre Arbeitsleistung zu erbringen - und zwar höchstpersönlich. "Das bedeutet zum einen, dass man keine Dritten, auch keine Arbeitskollegen, mit der ersatzweisen Erbringung der Arbeitsleistung beauftragen kann", erklärt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck. "Aber auch, dass weder Urlaub noch Überstunden einfach so auf Kollegen übertragen werden können."
Es gibt allerdings Unternehmen, die das in bestimmten Fällen gestatten. "Solche Regelungen sind zulässig, soweit der gesetzliche Mindesturlaub nicht betroffen ist", sagt Bredereck. "Dieser Urlaub muss immer beim jeweiligen Arbeitnehmer verbleiben." Zudem müsse man sich in solchen Ausnahmefällen auch an die weiteren vom Arbeitgeber gestellten Bedingungen halten.
Der Fachanwalt für Arbeitsrecht verweist hier auf Einzelfälle, in denen Arbeitgeber es ihren Mitarbeitern in der Vergangenheit ermöglicht haben, ihren nicht verbrauchten Urlaub an Kollegen mit kranken Kindern zu spenden. Arbeitgebern rät er bei entsprechenden Aktionen aber zur Vorsicht: "Vor dem Hintergrund der äußerst rigiden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Urlaub dürfte sich immer die Frage stellen, inwieweit durch solche Spenden der Urlaubsanspruch des Spenders tatsächlich verbraucht wird."
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Fristlose Kündigung wegen zehn Minuten Kaffeepause
Update vom 5. Mai: Arbeitgeber können fristlos kündigen, wenn ein Arbeitszeitbetrug vorliegt. Das gilt auch, wenn eine Beschäftigte nur für etwa zehn Minuten Kaffee trinken geht und sich dafür nicht bei der elektronischen Zeiterfassung ausstempelt. Dann ist auch eine Abmahnung verzichtbar, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (Az.: 13 Sa 1007/22) zeigt, über das der Bund-Verlag berichtet.
- Der Fall: Eine Raumpflegerin hatte sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit bei dem Betrieb eingestempelt. Kurz danach ging sie im gegenüberliegenden Lokal einen Kaffee trinken. Der Chef beobachtete, dass sie sich dafür nicht bei der elektronischen Zeiterfassung ausstempelte. Als er sie auf ihr Verhalten ansprach, leugnete die Frau zunächst. Erst als er anbot, ihr Beweisfotos auf seinem Handy zu zeigen, räumte die Raumpflegerin ihr Fehlverhalten ein.
Der Arbeitgeber kündigte der Frau fristlos, die mit einem Grad der Behinderung von 100 Prozent schwerbehindert ist. Vorher hatte er dazu die Zustimmung des Inklusionsamts eingeholt. Die Raumpflegerin hielt die Kündigung für unverhältnismäßig und erhob Klage. Es habe sich um ein einmaliges Vergehen gehandelt.
Das Gericht entschied, dass die Kündigung rechtmäßig war. Bei einem vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr sei ein wichtiger Grund gegeben, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Der Vertrauensbruch sei enorm. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Auch wenn es nur um etwa zehn Minuten ging, sei eine Abmahnung entbehrlich. Denn dies hätte nach Auffassung des Gerichtes nicht dazu geführt, dass die Beschäftigte ihr Verhalten ändert.
Entscheidend war das Verhalten nach der Tat - das Gericht wertete es als besonders schwerwiegend, dass die Frau ihren Chef auf Nachfrage angelogen und den Betrug zunächst geleugnet und verschleiert hatte.
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Darf mir der Arbeitgeber kündigen, wenn ich mehrmals zu spät zur Arbeit komme?
Update vom 29. März: Kommen Beschäftigte mehrfach zu spät zur Arbeit, riskieren sie eine Kündigung. Dafür müssen sie zuvor mehrere Abmahnungen erhalten haben. Wenn diese aber zeitgleich erfolgen, verfehlen sie ihre Warnfunktion, wie aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (AZ 8 Sa 465/22) hervorgeht, auf das der Bund-Verlag verweist.
Im konkreten Fall erhielt ein Mitarbeiter in der Produktion am selben Tag drei Abmahnungen für sein Zuspätkommen an jeweils drei verschiedenen Arbeitstagen. Als der Beschäftigte mehrere Monate später erneut zu spät zur Arbeit erschien, kündigte ihm der Arbeitgeber verhaltensbedingt.
Sowohl das Arbeitsgericht Aachen (1 Ca 2426/21) wie auch das in zweiter Instanz mit dem Fall befasste Landesarbeitsgericht Köln gaben dem Kläger recht. Zwar könne ein verspätetes Erscheinen im Betrieb trotz einschlägiger Abmahnungen eine Verletzung der Arbeitspflicht und damit einen Kündigungsgrund darstellen, so das Landesarbeitsgericht Köln. Angesichts der eher geringen Schwere der Pflichtverletzung sei eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung allein aber nicht ausreichend. Die Kündigung verstoße damit gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Es hätte zuvor einer weiteren (einschlägigen) Abmahnung bedurft, um dem Kläger eine womöglich letzte Gelegenheit zu geben, geeignete Vorkehrungen gegen ein erneutes Verspäten zu treffen, so das Gericht.
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Kann der Arbeitgeber die Probezeit verlängern?
Update vom 27. März: Während der Probezeit, längstens aber für sechs Monate, kann ein Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. So steht es in Paragraf 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Danach muss eine Kündigungsfrist von mindestens vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats eingehalten werden.
Endet die Probezeit laut Arbeitsvertrag schon nach drei Monaten und der Arbeitgeber will sie verlängern, weil er sich noch nicht sicher ist, ob die Zusammenarbeit dauerhaft funktioniert, stellt sich die Frage: Ist das eigentlich möglich?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen. "Beträgt die Probezeit nur zum Beispiel drei Monate, dann kann ich sie als Arbeitgeber auf sechs Monate verlängern", sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh. Allerdings nur mit der Zustimmung des Arbeitnehmers. Dieser muss den neu gefassten Arbeitsvertrag oder eine entsprechende Ergänzung ebenfalls unterschreiben.
"Aber der Arbeitgeber kann das eigentlich mehr oder weniger erzwingen", sagt Schipp. Nämlich indem er ankündigt, ansonsten das Arbeitsverhältnis in der bislang geltenden Probezeit zu kündigen.
Möchte der Arbeitnehmer selbst länger von der in der Probezeit verkürzten Kündigungsfrist profitieren, kann er mit dem Arbeitgeber eine Verlängerung der Probezeit vereinbaren, und zwar auch über sechs Monate hinaus. Denn Paragraf 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dient dem Schutz des Arbeitnehmers, so Schipp. Er kann dann etwa auch bei einer Probezeit von einem Jahr mit einer Frist von zwei Wochen kündigen.
Der gesetzliche Kündigungsschutz kann aber nicht ausgehebelt werden. "Das heißt, wenn ich ein halbes Jahr da bin, dann habe ich, selbst wenn die Probezeit länger sein sollte, nach Ablauf des halben Jahres Kündigungsschutz", sagt Schipp. Will der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer dann kündigen, braucht er auch während einer verlängerten Probezeit Kündigungsgründe, "es sei denn, es handelt sich um einen Kleinbetrieb, also wenn nicht mehr als zehn Leute beschäftigt werden".
Arbeitnehmer können die Probezeit mit Zustimmung des Arbeitgebers also theoretisch "auch auf zwölf Monate verlängern", erklärt Schipp. "Nur die Wirkungen, die eigentlich sonst eine Probezeit haben würde, die sind für den Arbeitgeber bei einer Gesamtdauer von sechs Monaten Probezeit ausgeschöpft."
Es gibt aber eine Einschränkung: Wurde für die Probezeit eine geringere Vergütung vereinbart, könnte diese Abmachung theoretisch über die sechs Monate hinaus verlängert werden, so Fachanwalt Schipp.
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Darf ich am Schreibtisch essen und trinken?
Ein Snack zum Frühstück, während man die E-Mails checkt. Eine Tasse Kaffee vor dem Meeting, ein Stück Kuchen, um das Nachmittagstief zu überwinden. Darf man das eigentlich am Arbeitsplatz? Es kommt darauf an. "Es gibt kein generelles gesetzliches Verbot, am Arbeitsplatz Speisen und Getränke zu sich zu nehmen", sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht. In bestimmten Bereichen könne der Arbeitgeber das Essen oder Trinken am Arbeitsplatz aber verbieten, "zum Beispiel wegen Hygienevorschriften oder Sicherheitsbestimmungen".
Untersagen könne er das Essen am Arbeitsplatz immer dann, wenn er ein "nachvollziehbares Interesse" daran hat. Das sei zum Beispiel bei ständigem Kundenkontakt regelmäßig gegeben. Auch zur Art der Nahrungsaufnahme kann der Arbeitgeber dann Vorgaben machen: "Er kann dem Mitarbeiter im Kundenverkehr beispielsweise verbieten, direkt aus der Flasche zu trinken."
Die Möglichkeit, während der Arbeitszeit etwas zu trinken, müssen Arbeitgeber aber schon aus Gründen des Gesundheitsschutzes einräumen. Und auch mit leerem Magen muss niemand den ganzen Tag arbeiten. "Während der Pausen muss dem Arbeitnehmer eine Nahrungsaufnahme zu zumutbaren Bedingungen ermöglicht werden", erklärt Bredereck. Ein Recht, das am Schreibtisch zu tun, hat man aber nicht unbedingt. Gibt es einen Pausenraum im Unternehmen, kann der Arbeitgeber verlangen, dass Beschäftigte dort essen.
Übrigens: "Alkohol darf der Arbeitgeber am Arbeitsplatz komplett verbieten", sagt Alexander Bredereck. Auch wenn es solch ein generelles Verbot im Unternehmen nicht gibt, empfiehlt der Fachanwalt für Arbeitsrecht Beschäftigten, sich bei alkoholischen Getränken zurückzuhalten. "Wenn der Arbeitgeber mit der Sektflasche auf das neue Jahr anstoßen will, kann man ein Glas mittrinken." Als Arbeitnehmer sollte man die Runde aber nur in Abstimmung mit dem Vorgesetzten schmeißen.
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Was geht den Vorgesetzten meine Freizeit an?
Ob es nun schräge Hobbys, unvorteilhafte Partyvideos im Netz oder ausgedehnte Feiertouren am Wochenende sind: Arbeitsrechtliche Konsequenzen haben Arbeitnehmer dafür in der Regel nicht zu befürchten. Wie sie ihre Freizeit gestalten, ist im Grundsatz ihre Sache. Darauf weist der Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Fuhlrott vom Verband Deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA) hin. Der Arbeitnehmer schulde keine "redliche" oder "tadellose" Lebensführung. Und in dessen Privatleben dürfe der Arbeitgeber auch nicht durch betriebliche Vorgaben "hineinregieren".
Das gilt selbst dann, wenn Arbeitnehmer in ihrer Freizeit Straftaten begehen. "Für das Arbeitsverhältnis dürfen hieraus im Grundsatz keine Konsequenzen folgen, auch wenn das Verhalten natürlich strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann", sagt der Arbeitsrechtler. Mit einer Ausnahme: Gibt es Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis, darf der Arbeitgeber handeln. Einer Busfahrerin, die etwa volltrunken in der Freizeit Auto fährt, ihren Führerschein verliert und dann nicht mehr die berufliche Tätigkeit ausüben kann, droht ebenso die Kündigung (LAG Schleswig-Holstein, Az.: 5 Sa 27/14) wie einem Manager, der auf der betrieblichen Weihnachtsfeier Kolleginnen oder Kollegen sexuell belästigt (ArbG Berlin, Az.: 28 BV 17992/11). Auch ein Bahnschaffner, der in sozialen Medien mit einem Foto in Dienstuniform oder unter Nennung seines Arbeitgebers im Profil volksverhetzende Äußerungen tätigt, riskiert seinen Job (LAG Sachsen, Az.: 1 Sa 515/17).
Doch wie sieht das aus, wenn man öffentlich den Arbeitgeber kritisiert? Auch im Arbeitsverhältnis steht dem Arbeitnehmer im Grundsatz seine Meinungsäußerungsfreiheit zu. "Danach ist selbst öffentliche Kritik am Arbeitgeber erlaubt", sagt Fuhlrott. Diese muss aber maßvoll erfolgen. Und die Pflicht zur Loyalität steige mit der Position: Eine Prokuristin ist stärker zur Rücksichtnahme verpflichtet als der Pförtner.
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Am Arbeitsplatz private Dokumente ausdrucken - ist das erlaubt?
Der Drucker zu Hause ist kaputt, aber Sie müssen etwas ausdrucken - allerdings ist es nichts Berufliches. Darf man grundsätzlich so etwas auch in der Firma ausdrucken?
"Grundsätzlich spricht einiges dagegen, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh. Das Equipment am Arbeitsplatz sei für den dienstlichen Gebrauch bestimmt und dürfe nicht einfach für private Zwecke genutzt werden. "Insbesondere wenn Beschäftigte dabei auch noch Utensilien wie Papier und Druckerpatronen verbrauchen."
Privates Drucken muss laut Schipp dabei nicht einmal ausdrücklich verboten werden. Vielmehr gilt: Auf der sicheren Seite sind Beschäftigte nur, wenn der Arbeitgeber erlaubt hat, dass private Dokumente am Arbeitsplatz ausgedruckt werden.
Was droht, wenn man mit unerlaubten privaten Druck-Aktionen auffliegt? Zunächst einmal lässt sich sagen: Hat ein Arbeitgeber sehenden Auges immer geduldet, dass alle die Drucker auch für private Zwecke nutzen, kann man Schipp zufolge davon ausgehen, dass der Arbeitgeber zunächst etwas sagen muss, bevor er weitere Maßnahmen ergreift.
Ist das Drucken aber ausdrücklich nicht erlaubt, kann der Arbeitgeber auch direkt mit einer Abmahnung oder in besonders schweren Fällen mit einer Kündigung reagieren. Denn: "Wer während der Arbeitszeit private Dinge druckt, begeht eigentlich auch Arbeitszeitbetrug", so Schipp. Beim Drucken gehe Arbeitszeit verloren, die der Arbeitgeber bezahlt, obwohl er das nicht müsste.
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Mit Material der dpa.
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