- Wegen der hohen Kosten für Gas und Öl zögert gerade mancher, die Heizung hochzudrehen.
- Im Sommer drohen kräftige Nachzahlungen.
- Die Bundesregierung ist jetzt zumindest für Geringverdiener in die Bresche gesprungen.
Wenn im Sommer die Heizkosten-Abrechnung im Briefkasten liegt, droht vielen Verbrauchern ein Schock. Im vergangenen Jahr sind die Preise für Heizöl, Strom und Gas nahezu explodiert - mit der Nebenkostenabrechnung für 2021 müssen viele also eine saftige Nachzahlung fürchten. Um die Belastung wenigstens für Geringverdiener aufzufangen, wollen SPD, Grüne und FDP ihnen einen einmaligen Zuschuss zahlen. Am Mittwoch hat das Kabinett die Pläne von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) abgesegnet. Dann ist der Bundestag am Zug.
Warum sollen die Einmal-Hilfen gezahlt werden?
Nach Einschätzung des Vergleichsportals Verivox mussten private Haushalte noch nie so viel für Heizung, Strom und Sprit zahlen, wie jetzt. Energie verteuerte sich binnen eines Jahres um 35 Prozent. Hohe Heizkosten belasten Haushalte mit geringen Einkommen erheblich stärker als die von Durchschnitts- und Gutverdienern. Der einmalige Zuschuss soll dafür sorgen, dass sie die erwartete Nachzahlung im Sommer besser verkraften können.
Wer soll den Zuschuss bekommen?
Profitieren sollen vor allem die Bezieher von Wohngeld, also Haushalte mit niedrigem Einkommen. Die Ampel-Regierung will aber auch Studenten mit Bafög, Empfänger von Aufstiegs-Bafög und Auszubildende unterstützen, die Berufsausbildungsbeihilfe bekommen. Bei den Wohngeld-Empfängern ist Voraussetzung, dass sie die Sozialleistung in der Heizphase zwischen Oktober 2021 und März 2022 mindestens einen Monat lang bezogen haben oder beziehen.
Um wie viele Menschen geht es und was kostet das?
Im ersten Entwurf des Bauministeriums war die Rede von rund 710.000 Haushalten mit Wohngeld. Nachträglich wurden noch die Studenten und Azubis aufgenommen, sodass noch einmal fast 500.000 Bürger dazukommen dürften. Bauministerin
Wie hoch wird der Zuschuss sein?
Das hängt davon ab, mit wie vielen Personen man zusammenwohnt - denn es wird angenommen, dass in einer kleinen Single-Wohnung weniger geheizt werden muss als bei einer Familie. Wer alleine wohnt und Wohngeld bezieht, soll einmalig 135 Euro bekommen, ein Zwei-Personen-Haushalt 175 Euro. Für jede zusätzliche Person im Haushalt gibt es weitere 35 Euro. Studenten, Auszubildende und andere Berechtigte erhalten pauschal 115 Euro.
Reicht das für die erwarteten Nachzahlungen aus?
Verbraucherschützer halten den Zuschuss für viel zu gering. Bei vielen Haushalten werde das Geld nicht ausreichen, um den starken Anstieg der Heizkosten auszugleichen, heißt es etwa beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Er fordert mindestens 500 Euro Zuschuss pro Haushalt. Einem Eckpunktepapier des Ministeriums zufolge wurde der Zuschuss für die Wohngeldempfänger in Zusammenarbeit mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln empirisch hergeleitet. Die Heizkosten der Wohngeldhaushalte aus dem Jahr 2020 seien mit den erwarteten Preissteigerungen fortgeschrieben worden.
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Wann wird der Zuschuss ausgezahlt?
Das Geld soll spätestens dann auf dem Konto sein, wenn im Sommer die Nachzahlung ansteht, das hat Bauministerin Geywitz versprochen. Konkret soll das Gesetz am 1. Juni in Kraft treten. Die meisten Berechtigten bekommen das Geld ohne Antrag direkt auf ihr Konto überwiesen. Nur wer Bafög oder Aufstiegs-Bafög bekommt, müsse es extra beantragen. Auf andere Sozialleistungen wird der Zuschuss nicht angerechnet.
Was ist mit Haushalten, die kein Wohngeld bekommen?
Auch wer kein Wohngeld bekommt, kann die hohen Energiepreise schmerzhaft zu spüren bekommen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben deshalb in Aussicht gestellt, dass die Ökostrom-Umlage für die Verbraucher früher wegfallen könnte als geplant. Schon zur Jahresmitte könnte die EEG-Umlage von der Stromrechnung gestrichen werden - laut Lindner eine "Milliardenentlastung für Familien, die Rentnerin, den Empfänger von Bafög oder Grundsicherung und Mittelstand und Handwerk". Die Umlage soll dann allerdings aus dem Bundeshaushalt, also mit Steuergeld finanziert werden.
Nach der Einmalzahlung: Wie soll es in Zukunft weitergehen?
Die Wohnungswirtschaft begrüßte den Zuschuss, forderte aber gleichzeitig langfristige Lösungen angesichts der hohen Energiepreise. Befristet für eine Heizperiode solle die Mehrwertsteuer für Brennstoffe von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden. Denn dem Bund entstünden durch den Heizkostenzuschuss zwar Mehrausgaben, zugleich nehme er bei gestiegenen Energiepreisen auch mehr Steuern von den Haushalten ein. Geywitz lehnte eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Öl und Gas ab. Der Staat brauche die Einnahmen. "Wenn man an einer kurzen Decke zieht, dann ist immer irgendjemand anderem kalt", sagte sie im rbb-Inforadio. (dpa/mgb)
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