Heizen Sie Ihr Haus mit Gas oder wird Ihre Mietwohnung so geheizt? Dann müssen Sie mit stark steigenden Kosten rechnen, vor allem langfristig. Was Sie jetzt tun sollten.
Obwohl die Heizperiode endet und die günstigeren Monate kommen, sollten Sie jetzt einmal grundsätzlich übers Heizen nachdenken. Vor allem, wenn Sie wie die meisten Menschen mit Gas heizen, droht Ihnen auf lange Sicht ein regelrechter Kostenschock. Aber warum?
Gasspeicher sind leerer als sonst
Schon der nächste Winter könnte teurer werden. Denn die Gasspeicher sind so leer wie lange nicht. Aktuell liegen die Füllstände in Deutschland laut Bundesnetzagentur bei knapp 30 Prozent, genau vor einem Jahr waren es 65 Prozent. Laut Gesetz müssen die deutschen Speicher Anfang Oktober aber schon wieder zu 80 Prozent gefüllt sein.
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Das erhöht die Nachfrage und kann kurzfristig zu höheren Preisen führen. Das Resultat sehen Sie im Gaspreis-Barometer: Tarife mit langfristiger Preisgarantie von 24 Monaten sind in der Regel etwas teurer. Zuletzt kosteten sie aber ähnlich viel wie solche mit nur zwölf Monaten Preisgarantie.
Falls Sie nicht mehr langfristig an Ihren Gasvertrag gebunden sind, könnten Sie sich mit einem Wechsel jetzt schon eine Preisgarantie über den nächsten Winter hinweg sichern. Im "Finanztip"-Gasrechner (enthält Werbelinks) finden Sie nur zuverlässige Anbieter – und zahlen in den günstigsten Tarifen aktuell rund 10,5 Cent/kWh.
CO2-Kosten sollen stark steigen
Das größte Problem ist aber nicht der nächste Winter, sondern wohin sich die Gaspreise langfristig entwickeln. Eine wichtige Rolle dabei spielt der CO2-Preis, also die von Jahr zu Jahr womöglich steigenden CO2-Steuern. 2025 machen sie schon zehn Prozent Ihres Gaspreises aus.
Der Trend dürfte sich in Zukunft verstärken: Ab 2027 wird der CO2-Preis nicht mehr vorgegeben, sondern frei an der Börse ausgehandelt. Eine starke Erhöhung ist dabei absolut möglich, wenn die EU ihre Klimaziele halten will. Das Forschungsprojekt Ariadne erwartet, dass sich der heutige CO2-Preis von 55 Euro/Tonne dann mehr als verdoppeln könnte. Das würden Sie direkt bei Ihrer (Nebenkosten-)Abrechnung spüren. Immerhin will die kommende Bundesregierung die CO2-Steuer ausgleichen. Wie stark und wann ein solches Klimageld kommt, ist aber unklar.
Explosion der Netzentgelte
Weil die EU klimaneutral werden will, werden Gasnetze in den nächsten Jahren schrittweise abgeschaltet. Je mehr Menschen sich von der Gasversorgung trennen, desto teurer wird’s für die Verbliebenen. Das liegt daran, dass die Kosten für die Gasnetze auf alle aufgeteilt werden. Heißt überspitzt: Der letzte Kunde müsste die gesamten Kosten fürs Gasnetz allein bezahlen. Langfristig werden die Netzentgelte also durch die Decke gehen. Seit 2022 sind sie im Schnitt schon um rund 44 Prozent teurer geworden.
Wie extrem steigen die Kosten weiter?
Dazu gibt es sehr unterschiedliche Prognosen. Agora Energiewende hat errechnet, dass allein die Netzentgelte vom Ausgangsjahr 2023 bis 2045 um den Faktor 16 steigen könnten. Damit würde sich der Gaspreis im Vergleich zu heute günstigen Tarifen grob auf 47 Cent/kWh vervierfachen. Mit einem im Einfamilienhaus typischen Gasverbrauch von 15.000 kWh/Jahr wäre das eine Gasrechnung von 7.050 Euro, also pro Monat knapp 590 Euro.
Ganz so schlimm muss es nicht kommen: Die Agora Energiewende hat mehrere Empfehlungen gegeben, damit es für die "letzten" Gasnutzer nicht unbezahlbar wird. Erste Maßnahmen davon wurden bereits umgesetzt. Würde alles umgesetzt, würden sich die Netzentgelte "nur noch" verachtfachen. Der Gaspreis läge dann bei grob 28 Cent/kWh in 2045, das Einfamilienhaus würde 4.200 Euro/Jahr zahlen.
Schätzungen des Fraunhofer-Instituts kommen zu einer weniger dramatischen Prognose: Sie erwarten bis 2050 einen durchschnittlichen Gaspreis von 11,6 Cent/kWh. Hier sind Steuern und steigende Netzentgelte bereits enthalten, aber keine (steigenden) CO2-Preise.
Schutz vor Gaspreis-Schock? Große Lösung fehlt
Um die Menschen davor zu schützen, organisieren einzelne Kommunen schon das Ende der Gasnetze. In Mannheim etwa soll es ab zirka 2035 kein Gasnetz mehr geben, stattdessen setzt die Stadt auf Fernwärme und Wärmepumpen.
Natürlich gibt es dabei auch Verlierer: Zum Beispiel, wenn Sie gerade erst eine neue Gasheizung eingebaut haben und dann nicht mehr betreiben können. Selbst klimaneutraler Wasserstoff oder Biogas anstelle von Erdgas sind keine Option, wenn dafür kein Netz mehr da ist. In solchen Fällen könnte es künftig aber Entschädigungen geben, etwa aus einem staatlichen Fonds.
Eine große Lösung auf Bundesebene gibt es aber nicht und auch der Großteil der Kommunen ist noch längst nicht so weit wie etwa Mannheim. Um nicht von einem Kostenschock überrascht zu werden, sollten Sie sich deshalb so schnell wie möglich Ihren eigenen Plan machen, sich vom Gas zu verabschieden.
So gehen Sie vor
Schauen Sie in die Wärmeplanung Ihrer Kommune, welche alternative Heizung wie Fernwärme, Pellets oder eine Wärmepumpe für Ihr Haus künftig überhaupt infrage kommt. Lassen Sie außerdem prüfen, welches Heizsystem für Ihr Haus die beste Option ist.
Dabei helfen kann Ihnen eine professionelle Energieberatung. Für die Beratung können Sie sich sogar staatliche Zuschüsse sichern. Dasselbe gilt für die klimafreundliche Heizung selbst, etwa mit dem bundesweiten Programm KfW 458.
Mieten Sie, sollten Sie mit hohen Heizkosten rechnen und gegebenenfalls Ihren Notgroschen erhöhen. Haben Sie einen eigenen Gasvertrag, zum Beispiel bei einer Etagenheizung oder weil Sie ein ganzes Haus mieten, fordern Sie mit dem Musterschreiben von "Finanztip" jedes Jahr den CO2-Kosten-Anteil Ihrer Vermieterin oder Ihres Vermieters ein. Wie hoch der ist, zeigt der CO2-Kosten-Rechner von "Finanztip".
Über "Finanztip"
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Verwendete Quellen
- Finanztip: Gasvergleich: Einfach wechseln und Heizkosten sparen
- Agora Energiewende: Ein neuer Ordnungsrahmen für Erdgasverteilnetze (PDF)
- Ariadne-Projekt: Analyse: Heizkosten und Treibhausgasemissionen in Bestandswohngebäuden – Aktualisierung auf Basis der GEG-Novelle 2024
- Finanztip: CO2-Kosten-Rechner: Hol Dir Geld vom Vermieter
- Finanztip: Warum Du mit einem Heizkosten-Schock rechnen musst
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