16 Vorwahlen an einem Tag: Trump gewinnt bei den Republikanern ebenso deutlich wie Biden bei den Demokraten. Der Neuauflage von 2020 steht kaum noch etwas im Weg. In einer starken Position ist aber keiner der beiden Kandidaten.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Hermsmeier sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Erst Virginia, dann Tennessee, später auch Texas und Kalifornien: Donald Trump gewann beim Super Tuesday eine Vorwahl nach der nächsten. Spätestens jetzt sollte allen klar sein, dass der Ex-Präsident bei den Hauptwahlen im November wohl Kandidat der Republikaner sein wird – nach 2016 und 2020 zum dritten Mal in Folge.

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In insgesamt 15 Bundesstaaten und einem US-Territorium (Amerikanisch Samoa) wurde abgestimmt. Mehr als ein Drittel aller Delegiertenstimmen wurden dabei vergeben. Der Großteil davon ging an Trump, er entschied 14 der 15 Bundesstaaten für sich. Seine einzig verbliebene Konkurrentin, die Ex-Gouverneurin von South Carolina Nikki Haley, musste sich mit einem Achtungserfolg zufriedengeben: Sie holte den Sieg im kleinen Bundesstaat Vermont.

Bis zum Parteitag der Republikaner im Juli in Milwaukee (Wisconsin), wenn die Partei offiziell den Kandidaten festlegt, kann theoretisch zwar einiges passieren. Vorwahlen in wichtigen Staaten wie Georgia und Florida stehen noch an. Immer mehr Experten gehen jedoch davon aus, dass sich Haley bald aus dem Rennen zurückzieht. Trumps Vorsprung ist einfach zu groß.

Warten, dass Nikki Haley aufhört

"Es scheint kein größeres aufständisches Nikki-Haley-Lager innerhalb der Republikanischen Partei zu geben, das Trump in den künftigen Vorwahlen ernsthaft herausfordern könnte", sagte der Politikwissenschaftler Robert Alexander, der an der Ohio Northern University unterrichtet, gestern Abend gegenüber unserer Redaktion.

Die Ergebnisse der Vorwahlen seien im größeren politischen Kontext beachtlich, so Alexander. Trump stehe "vor einem Berg von Gerichtsverfahren", wie es kein Präsidentschaftskandidat je zuvor erlebt hat. Zudem hätten die Republikaner nach Trumps Sieg 2016 bei den meisten Wahlen schwach abgeschnitten. Dass Trump relativ locker durchmarschiere, sei also durchaus erstaunlich, so der Experte.

Auch bei den Demokraten fanden gestern Vorwahlen statt. Das Gesamtergebnis dort war ebenso wenig überraschend: Biden konnte jede einzelne Wahl gewinnen. Bemerkenswert war allerdings, dass in Minnesota Zehntausende Demokraten nicht für Biden, sondern "uncommitted" abstimmten. Bedeutet: unentschlossen.

Umfragewerte von Republikanern und Demokraten nach Bundesstaaten © dpa-infografik GmbH

Joe Biden gewinnt, aber erfährt Protest

Wie schon bei der Vorwahl in Michigan eine Woche zuvor brachten viele Wähler dadurch ihren Unmut über Bidens Politik zum Ausdruck. Laut Umfragen stören sie sich insbesondere daran, dass der US-Präsident bislang den Krieg Israels in Gaza unterstützt hat. Sowohl in Minnesota als auch in Michigan leben viele Amerikaner arabischer Herkunft und Muslime. Vor allem Michigan ist für die Demokraten ein entscheidender Staat. Sollte Biden dort im November verlieren, stehen seine Gesamtchancen gegen Trump schlecht.

"Trump war in der breiten Wählerschaft noch nie besonders beliebt und erhielt nie mehr als 50 Prozent Zustimmung. Dennoch liegt er in den Umfragen im Moment knapp vor Joe Biden. Ich glaube, das sagt mehr über Bidens Schwächen als über Trumps Stärken aus", sagt Alexander. Neben Bidens Außenpolitik wird auch sein Alter als großes Problem betrachtet. Biden ist 81 Jahre alt und wäre zum Ende einer zweiten Amtszeit 86.

Demokraten müssen Donald Trump politisch schlagen

Biden und die Demokraten sollten jedenfalls nicht darauf hoffen, dass Trump noch gerichtlich gestoppt wird. Vor wenigen Tagen entschied der Supreme Court, dass der Ex-Präsident an den republikanischen Vorwahlen in Colorado teilnehmen darf. Trump war zuvor wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 von einem Gericht des Bundesstaats ausgeschlossen worden. Die nun gefällte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kommentierte Trump auf seiner Plattform Truth Social als "großen Sieg für Amerika". Für die Demokraten bedeutet es umso mehr, dass sie Trump politisch schlagen müssen.

Der Politikwissenschaftler Alexander glaubt, dass die Demokraten im Verlauf des Wahlkampfes noch stärker betonen werden, dass Trump eine Gefahr für die Demokratie sei. Entscheidend für den Ausgang werde laut Alexander sein, wie die vielen unabhängigen Wähler abstimmen – also diejenigen, die bei keiner der beiden Parteien registriert sind. "Die Demokraten werden diese Wähler davon überzeugen müssen, dass Trump für ein weiteres Amt ungeeignet ist."

Über den Gesprächspartner

  • Robert Alexander ist Professor für Politikwissenschaft und Gründungsdirektor des Institute for Civics and Public Policy an der Ohio Northern University. Sein Buch "Representation and the Electoral College" ist 2019 erschienen.
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