Manche sagen über Nikki Haley: Wenn Trump eine Konkurrentin hat, dann sie. Die 51-jährige Republikanerin war bereits Teil seiner Regierung, will aber nun als Chefin ins Weiße Haus einziehen. Dafür muss sie zuerst die Vorwahlen gewinnen. Mit welcher Taktik die Republikanerin vorgeht, wofür sie in der Vergangenheit stand und wie US-Experte Josef Braml ihre Chancen einschätzt.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Marie Illner sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Donald Trump hat bereits einen Spitznamen für sie. Als "Birdbrain" – zu Deutsch so viel wie "Spatzenhirn" – beschimpft der ehemalige US-Präsident Nikki Haley. Manche würden sagen: Dadurch zeigt Trump vor allem eins – dass er seine Konkurrentin ernst nimmt. Denn Haley, frühere Uno-Botschafterin in Trumps Regierung, will ihm im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur nun den Rang ablaufen.

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Wie die Chancen stehen? In den Umfragen liegt sie abgeschlagen hinter Trump. Während der Ex-Präsident aktuell auf 60,3 Prozent der Stimmen bei der Wahl zur Präsidentschaftskandidatur kommen würde, fährt Haley gerade einmal 10 Prozent ein. Noch vor ihr landet Ron DeSantis mit 12,6 Prozent.

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Haley ist für Überraschungen gut

Doch man kann mehrmals "Aber" sagen: Zum einen fallen die Prognosen für DeSantis, Gouverneur aus Florida, seit Monaten kontinuierlich. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Haley ihn überholt hat. Gleichzeitig kann noch einiges bis zur Wahl in knapp einem Jahr passieren – amerikanische Demoskopen würden sich nicht zum ersten Mal irren, viele Wählerinnen und Wähler dürften sich noch nicht entschieden haben.

Wenn Haley es schafft, die Stimmen derjenigen, die Trumps Wiederwahl verhindern wollen, auf sich zu vereinen, könnte sie einiges an Boden wettmachen. Und: Haley, Ex-Gouverneurin von South Carolina, war bereits in der Vergangenheit für Überraschungen gut. Die Republikanerin ist Tochter indischer Einwanderer – geboren wurde sie als Nimarata Nikki Randhawa.

Haley studierte Wirtschaft, arbeitete erst in der Finanzbranche und ging dann in die Politik. Gerade einmal 38 Jahre alt war Haley, als sie zur ersten weiblichen Gouverneurin vom konservativen South Carolina gewählt wurde.

Mutige Akzente als Republikanerin

Jetzt will sie die erste weibliche Staats- und Regierungschefin im Weißen Haus werden. Dabei beruft sie sich auf ihre politischen Errungenschaften im konservativen Südstaat und in der Trump-Regierung: South Carolina erlebte unter ihr einen wirtschaftlichen Aufschwung, sie überstand mehrere Krisen wie eine Polizei-Schießerei und einen Hurrikan.

Als 2015 ein weißer Rassist in einer Kirche von Charleston neun Schwarze tötete, reagierte Haley für eine konservative Republikanerin mutig: Sie ließ die alte Konföderiertenflagge, ein Symbol der Sklavenzeit, vom Turm des wichtigsten Regierungsgebäudes entfernen.

Moderat in der Gretchen-Frage der Republikaner

Auch in anderen Fragen gibt sich Haley moderater als der Rest der Partei: Zwar ist sie klare Abtreibungsgegnerin, betont aber, dass sie Menschen mit anderer Meinung nicht verurteilt. Haley spricht sich gegen die republikanischen Pläne in einigen Bundesstaaten aus, Frauen für Abtreibungen ins Gefängnis zu schicken.

Die Ukraine und Israel will die Frau mit den glatten braunen Haaren und den stets schicken Kostümen weiter unterstützen und keinen isolationistischen Kurs fahren. Gegenüber dem Iran, Nordkorea und China schlägt sie scharfe Töne an. Sie werde Geldflüsse an Länder, die Amerika hassen, stoppen, kündigt sie an. Über China sagt sie zum Beispiel: "Stoppt normale Handelsbeziehungen mit China, bis sie aufhören, Amerikaner mit Fentanyl zu töten."

Hat Haley Trump nicht mehr ertragen?

Haley, die als schlagfertig und entschlossen gilt, wünscht sich ein Amerika, das "strong and proud" (stark und stolz) und nicht "weak and woke" (schwach und woke) ist. Außerdem kündigt sie an, irreguläre Migration an der mexikanischen Grenze zu bekämpfen und den Gürtel in Sachen Haushaltsdisziplin enger zu schnallen. Mit all den Themen spricht Haley viele Strömungen innerhalb der Republikaner an – ohne dabei einen völlig vor den Kopf zu stoßen.

Trump stichelt mit Arztbrief gegen US-Präsident Biden

US-Präsidenten müssen die Menschen im Land regelmäßig über ihre Gesundheit informieren. Der mittlerweile 81 Jahre alte Amtsinhaber Biden hat einige Zipperlein. Nun nutzt Ex-Präsident Trump den Geburtstag des Demokraten für ein Wahlkampfmanöver. (Foto: dpa/AP/Charlie Neibergall)

"Sie ist die einzige, die unbeschädigt aus der Regierung Trump herauskam und auch den Zorn Trumps nicht auf sich gezogen hat", sagt Politikwissenschaftler und US-Experte Josef Braml. Ihren Uno-Posten, den Trump ihr 2016 zugewiesen hatte, gab sie allerdings nach zwei Jahren selbst zurück, ohne klare Gründe zu benennen. Man munkelt, sie habe Trump nicht mehr ertragen.

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Experte glaubt nicht an ihren Sieg

Auf dessen Attacken reagierte sie bislang gelassen. Nachdem Trump sie als "Birdbrain" bezeichnete, antwortete Haley: "Super, das bedeutet, wir sind auf dem zweiten Platz und legen zu. Mehr davon!" Reaktionen wie diese oder Sprüche wie "Wenn du zurücktrittst, tut es mehr weh, wenn du Schuhe mit Absatz trägst" lassen die Republikanerin unverkrampft wirken.

Braml glaubt dennoch nicht an ihren Sieg. "Nikki Haley läuft sich warm, um als Vize-Kandidatin Trump mit zum Wahlsieg zu helfen", schätzt er. Aus seiner Sicht hat sie keine Chance, die Vorwahlen zu gewinnen. "Das Beste, was für sie drin ist, ist, dass sie als Vizepräsidentin mit aufs Ticket kommt – und vielleicht über das Sprungbrett Trump später einmal ins Weiße Haus kommt", sagt der Experte.

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Nikki Haley vor allem für Biden gefährlich

Braml erinnert: "Sie kann schon opportunistisch sein – es gibt schließlich einen Grund, warum sie unbeschädigt aus Trumps Regierung gekommen ist und bei den Republikanern weiterhin gut im Geschäft ist." Sollte sie es wider Erwarten schaffen, dürfte sie vor allem für Joe Biden die größere Gefahr sein: Laut Umfragen würde Haley – anders als Trump – nicht in fünf, sondern in sechs besonders umkämpften Staaten gegen ihn gewinnen.

Schließlich, das betont sie immer wieder, hat Haley in ihrer politischen Karriere noch nie eine Wahl verloren – im Wahlkampf verteilt sie daher T-Shirts mit dem Aufdruck: "Unterschätzt mich ruhig! Das wird ein Spaß."

Über den Gesprächspartner

  • Dr. Josef Braml ist USA-Experte und Generalsekretär der Deutschen Gruppe der Denkfabrik Trilaterale Kommission. Sein neues Buch "Die transatlantische Illusion. Die neue Weltordnung und wie wir uns darin behaupten können", ist beim Verlag C.H.Beck erschienen.

Verwendete Quellen

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