Ron DeSantis zieht seine Bewerbung für die Kandidatur seiner Partei bei der kommenden Wahl für das US-Präsidentenamt zurück. Verbessert das nun die Chancen von Donald Trump – oder die von Gegenkandidatin Nikki Haley?
Es ist ein schnödes Video, das kurz vor der Vorwahl für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner in New Hampshire einschlägt wie eine Bombe. "Wenn es irgendetwas gäbe, was ich tun könnte, um ein günstiges Ergebnis zu erzielen, mehr Wahlkampfstopps, mehr Interviews, würde ich es tun", sagt
Die Chancen der früheren US-Botschafterin für die Vereinten Nationen standen bei der Abstimmung in New Hampshire am Dienstag nicht so schlecht wie anderswo. Sie hätte dort vielleicht gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump gewinnen können. Ein Sieg wäre zwar sehr unwahrscheinlich gewesen, Trump liegt in Umfragen auch hier klar vorn. Doch der Abstand ist deutlich geringer als anderswo.
DeSantis wirbt jetzt für Trump
Mit dem Ausstieg von DeSantis haben sich ihre Erfolgsaussichten verschlechtert. Denn die Unterstützer des Gouverneurs von Florida dürften zu Trump überlaufen. Zwar sind DeSantis Umfragewerte in New Hampshire im einstelligen Bereich. Doch seine Botschaft ist klar: "Auch wenn ich mit Donald Trump Meinungsverschiedenheiten habe (...), ist Trump dem derzeitigen Amtsinhaber
Bei der ersten Vorwahl im streng religiös geprägten Iowa vor einer Woche ist die als etwas moderater geltende Haley nur Dritte gewonnen. Ihr erzkonservativer Konkurrent DeSantis wurde Zweiter, nur wenige Prozentpunkte vor Haley. Trump fuhr einen Erdrutschsieg ein, gewann mit mehr als 30 Prozentpunkten Abstand zu den beiden. In landesweiten Umfragen ist sein Vorsprung vor Haley und DeSantis sogar noch größer. Das Rennen scheint gelaufen, bevor es richtig angefangen hat: Trump, der unaufhaltsame Favorit. Es sah nach einem Duell um den zweiten Platz aus - DeSantis gegen Haley. Das hat sich kurz vor der Abstimmung in New Hampshire nun erledigt. Nun heißt es: Haley gegen Trump.
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Der Bundesstaat mit seinen knapp 1,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern sei im Prinzip nicht wichtig für den Vorwahlkampf, sagt Andrew Smith von der University of New Hampshire der Deutschen Presse-Agentur. Er leitet dort das Zentrum für Meinungsumfragen und forscht zu Wählerbefragungen. In New Hampshire gebe es kaum Delegierte für den Nominierungsparteitag der Partei zu gewinnen. Doch entscheidend sei, welche Geschichte nach der Abstimmung in New Hampshire in den Medien stehe, sagt Smith. Würde Haley hier gewinnen, gäbe es in den kommenden Wochen positive Berichterstattung und viel Rückenwind. "Und das ist unbezahlbar." Er stellt klar: "Wenn Trump in New Hampshire gewinnt, ist er der Kandidat. Das Spiel ist vorbei."
Die 52-jährige Haley profitiert in New Hampshire von der eher moderateren Wählerschaft - dass sich ein Erfolg für sie hier in anderen Bundesstaaten fortsetzt, ist daher keineswegs sicher. Bereits vor seinem Ausstieg aus dem gesamten Rennen sah es so aus, als ob DeSantis New Hampshire mehr oder weniger abgeschrieben hatte. Der 45-Jährige, der in seinem Bundesstaat die Rechte von Minderheiten beschneidet und die Freiheit der Lehre einschränkt, konzentrierte sich Beobachtern zufolge eher auf die Vorwahl in South Carolina Ende Februar.
"Das Geld war nicht da, um weiterzumachen", sagte ein führender DeSantis-Spender dem US-Sender CNN. Mit seinem frühen Ausstieg aus dem Rennen, kann er dem Wahlkampf nun ein Ende bereiten, bevor er noch weitere empfindliche Niederlagen eingefahren hätte. Und sich dann möglicherweise auf eine Kandidatur bei der US-Wahl 2028 konzentrieren.
War einst DeSantis Trumps größter Konkurrent im Rennen um die Kandidatur, konzentrierte sich Trump nun vermehrt auf Haley. Der oft wenig charismatisch und hölzern wirkende DeSantis war in den vergangenen Monaten in Umfragen eingebrochen, Haley hat sich nach oben gekämpft. Die beiden lagen in landesweiten Befragungen ungefähr gleich auf - Trump hatte jedoch immer noch einen Vorsprung von jeweils mehr als 50 Prozent zu den beiden.
Haley hofft auch auf Trumps Unterstützer
Dass er in Haley zuletzt eine Gefahr sah, zeigten seine verbalen Attacken auf die Tochter indischer Einwanderer. Die waren - wie so oft bei Trump - rassistischer Natur. Er verbreitete etwa die falsche Behauptung, Haley könne nicht Präsidentin werden, weil ihre Eltern bei ihrer Geburt keine US-Staatsbürger waren. Da wirkt es fast schon zynisch, dass Haley im Wahlkampf immer wieder betont, die USA seien kein rassistisches Land. Trumps Rassismus relativiert sie: "Das ist es, was er tut, wenn er sich unsicher fühlt. Ich nehme diese Dinge nicht persönlich, es stört mich nicht."
Gegen den Ex-Präsidenten laufen vier strafrechtliche Verfahren, unter anderem wegen seiner Versuche, das Wahlergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen. Damals verlor er gegen den Demokraten Joe Biden. "Er war der richtige Präsident zur richtigen Zeit", wiederholt Haley mantraartig. Dass Haley Trump wegen seines Verhaltens nach der Wahl nicht angreift, liegt auch daran, dass sie dessen Unterstützer nicht verprellen will. Sollte Trump doch noch aus dem Rennen aussteigen, sei es aus gesundheitlichen Gründen oder wegen seiner juristischen Probleme, braucht Haley diese.
Doch auf die Unterstützung der Trump-Anhänger dürfte sie genauso wenig zählen können wie auf die von DeSantis. "Ich werde kämpfen und ich werde gewinnen", sagte sie nach DeSantis überraschendem Rückzug. Wie stark sie sei, zeige, dass nur noch sie als ernsthafte Gegnerin Trumps übrig sei. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass es Haley auf das Amt der Vizepräsidentin abgesehen haben könnte. Sollte Trump sie dafür auswählen, wäre das ein kluger Schachzug, weil er gemäßigtere Republikaner auf seine Seite ziehen könnte. Es ist aber möglich, dass Trump und seine kultartige Anhängerschaft lieber auf jemand Radikaleren aus dem eigenen Lager setzen, der Trump treu ergeben ist.
Ron DeSantis: zu "roboterhaft"?
Der 45-Jährige DeSantis hatte sich während seiner Kandidatur strategisch als stramm rechter Macher positioniert. Nach einer erfolgreichen Wiederwahl als Gouverneur Floridas im November 2022 sah es für einige Monate so aus, als könne er Trump womöglich die Kandidatur streitig machen. DeSantis eilte aber auch der Ruf voraus, im persönlichen Umgang mit Wählern hölzern zu sein. Sein Wahlkampf war zudem von Auftritten in TV-Debatten geprägt, die Gegner als "roboterhaft" bezeichneten.
Wer Kandidat der Republikaner werden möchte, muss sich zuerst in parteiinternen Abstimmungen in den einzelnen Bundesstaaten durchsetzen. Derzeit deutet alles darauf hin, dass es bei der Präsidentenwahl im November zu einer Neuauflage des Wahlkampfs zwischen Trump und dem demokratischen Amtsinhaber Joe Biden kommt. (dpa/best)
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