Der Solidaritätszuschlag fällt für viele ab 2021 weg. Das hat die Bundesregierung am Mittwoch beschlossen. Doch Steuerzahler sparen dann unterschiedlich. Für einige stellt sich nun die Frage: Gehöre ich zu den unteren 90 oder doch zu den obersten 10 Prozent? Was bedeutet die Abschaffung nun genau?
Die meisten Bundesbürger sollen ab 2021 keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Pro Jahr nimmt der Staat damit nach Rechnung des Finanzministeriums etwa 10,9 Milliarden Euro weniger ein - Geld, das die Steuerzahler sparen, die einen ein paar Hundert Euro, die anderen mehr als Tausend.
Das Bundeskabinett hat die Pläne von Finanzminister
Was ist der Soli?
Die Sondersteuer für den Aufbau Ost beträgt 5,5 Prozent der Körperschaft- oder Einkommensteuer, insgesamt brachte sie dem Staat im vergangenen Jahr 18,9 Milliarden Euro ein. Arbeitnehmer zahlen ihn genauso wie selbstständige Handwerker.
Das Geld ist - wie alle Steuereinnahmen - nicht zweckgebunden und fließt in den Bundeshaushalt ein. Es wird also nicht eins zu eins etwa in neue Straßen oder Schwimmbäder in den ostdeutschen Bundesländern gesteckt.
Wer soll entlastet werden?
Nach den Scholz-Plänen soll die Abgabe für 90 Prozent der heutigen Zahler komplett wegfallen, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Nur die Topverdiener - 3,5 Prozent der heutigen Zahler - sollen weiter die volle Höhe zahlen.
Der Soli hängt von der Höhe der Einkommensteuer ab. Da es für diese verschiedene Freibeträge gibt, kann man nur ungefähr sagen, ab welchem Einkommen künftig noch Soli fällig wird.
Wer wird wie davon betroffen sein?
Das Finanzministerium hat Folgendes berechnet:
Der ledige Arbeitnehmer: Ledige sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, die im Jahr nicht mehr als 73.874 Euro brutto verdienen, zahlen nach Scholz' Plan ab 2021 keinen Soli mehr. Bis zu einem Einkommen von 109.451 Euro zahlen sie einen Teil, wer mehr verdient muss genauso tief in die Tasche greifen wie bisher.
Die Familie mit Alleinverdiener: Eine Familie mit zwei Kindern, in der nur ein Elternteil arbeitet, zahlt bis zu einem Bruttojahreslohn von 151.990 Euro gar keinen Soli. Bis 221.375 Euro fällt zumindest ein Teil an, danach der volle Zuschlag.
Der selbstständige Handwerker: Nach Rechnung des Ministeriums sind auch 88 Prozent der zur Einkommensteuer veranlagten Gewerbetreibenden vom Soli befreit. Das sind zum Beispiel selbstständige Handwerker. Weitere 6,8 Prozent müssen zumindest nicht mehr die volle Summe zahlen.
Wie viel wird man sparen?
Das Ifo-Institut hat für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ermittelt, dass sich mit der Neuregelung bis zu 1.800 Euro Steuern sparen lassen. Am meisten sparen demnach Alleinverdiener-Ehepaare mit Kindern.
Was würde eine Komplett-Abschaffung bedeuten?
Würde der Soli für alle abgeschafft, entgingen dem Fiskus zusätzlich Einnahmen von rund 11 Milliarden Euro. Das Ministerium betont gern: Ein Dax-Vorstandschef mit einem durchschnittlichen zu versteuernden Einkommen von 5,8 Millionen Euro pro Jahr würde dann mehr als 140.000 Euro sparen.
Warum gibt es Kritik an den Plänen?
Da sich der Zuschlag an der Einkommensteuer bemisst, müssen auch die mehr zahlen, die viel Geld gespart haben und dafür Zinsen kassieren.
"Minister Scholz verschweigt, dass bei seinem Entwurf die Sparer weiterhin den Solidaritätszuschlag zahlen werden", sagte Reiner Holznagel, Verbandspräsident des Steuerzahlerbundes. Auch kleine und mittelständische, familiengeführte Unternehmen seien so weiter davon betroffen.
Politisch sei der Zuschlag immer mit dem Solidarpakt verknüpft und als vorübergehende Finanzspritze für den Aufbau Ost bezeichnet worden. "Den Bürgern wurde immer versprochen, dass der Soli abgeschafft wird, wenn diese Aufbauhilfen vollendet sind – jetzt läuft der Solidarpakt II am Jahresende aus", so Holznagel. Schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit müsse gehandelt werden.
Die Union spricht sich gezielt für eine Abschaffung des Soli aus. "Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung gehört der Soli in die Geschichtsbücher unseres Landes und nicht auf die Gehaltszettel der Menschen", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Doch die SPD knüpft weitergehende Schritte an klare Bedingungen. "Wenn die Union den Solidaritätszuschlag ganz abschaffen will, muss das durch einen höheren Steuersatz für die Millionäre ausgeglichen werden", sagte Interimschefin Manuela Schwesig dem RND.
Ähnlich hatte sich bereits Scholz geäußert. Es sei richtig, das die absoluten Topverdiener einen besonderen Beitrag leisteten. Die Entscheidung über eine völlige Abschaffung soll nach dem Willen von Scholz erst in der nächsten Legislaturperiode fallen, wie er im ARD-"Morgenmagazin" sagte. (kad/dpa)
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