In Umfragen steht die Ampel schlecht da. In einem Interview verteidigt Olaf Scholz die Koalition gegen Kritiker – zeigt sich aber auch selbstkritisch.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat eingeräumt, selbst mitverantwortlich für das schlechte Erscheinungsbild der Regierung zu sein. "Als Bundeskanzler trage ich die Verantwortung für die Regierung. Punkt. Es wäre also abwegig zu sagen, ich hätte nichts damit zu tun", sagte Scholz der "Zeit". Auf die Frage, ob die Antwort eine Form der Selbstkritik sei, antwortete Scholz: "Ja."

Zuletzt hatte die Bundesregierung unter Kanzler Scholz stark an Ansehen in der Bevölkerung verloren. Mehreren Meinungsumfragen der vergangenen Wochen zufolge müssten die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP hohe Verluste hinnehmen, wenn schon jetzt ein neuer Bundestag gewählt würde.

Als maßgeblich für die oft negative Wahrnehmung der Ampel führte Scholz an, dass es zu selten gelungen sei, wichtige Beschlüsse ohne langwierige öffentliche Auseinandersetzungen zu treffen. "Das müssen wir uns ankreiden lassen, und darauf hätte ich gut verzichten können", sagte der Kanzler.

Die Koalition gehe allerdings keinen leichten Weg, "sondern mutet sich angesichts der großen Herausforderungen Konflikte zu. Denn in den vergangenen zehn, 15 Jahren ist viel zu viel liegen geblieben, weil Regierungen Konflikte vermieden haben", sagte Scholz.

Scholz verteidigt politische Entscheidungen der Ampel

In dem Gespräch verteidigte Scholz auch mehrere in der öffentlichen Debatte kritisierte umgesetzte Ampel-Vorhaben. So sei die Reform des Bürgergelds "insgesamt gut austariert. Wer arbeitet, soll mehr verdienen."

Auch die Abkehr vom Atomstrom hält Scholz nach wie vor für den richtigen Weg. "Wer auf Atomstrom setzt, geht eine gefährliche Wette ein", sagte der Kanzler. "Atomkraft ist eine sehr teure Technologie" und zudem habe man dem heutigen Wissen zufolge "auf der Welt noch Uran für 50 bis 70 Jahre". Es sei deshalb auch nicht "unrealistisch, dass wir Kernkraftwerke sehen werden, die wegen fehlenden Brennstoffs keinen Strom liefern können".

Beim Heizungsgesetz zeigte sich Scholz hingegen selbstkritischer. "Nicht alle Kritikpunkte am Heizungsgesetz sind berechtigt, aber nicht wenige davon leider schon." Deswegen habe man das Gesetz im "vergangenen Sommer vom Kopf auf die Füße gestellt – jetzt ist es ein gutes Gesetz".

Bundeskanzler: Stimmung im Land "unruhig"

Trotz aller Kritik an der Ampel glaubt Scholz nicht, dass die Bevölkerung seine Politik grundsätzlich schlecht findet. Er nehme die Stimmung im Land aber als "unruhig" wahr.

Viele Bürger seien unsicher, ob "das alles gut ausgeht für sie – ob wir das hinkriegen mit dieser wohl größten industriellen Modernisierung seit mehr als 100 Jahren. Das ist eine Reise, deren Ende noch nicht abzusehen ist", sagte Scholz.

In solchen Zeiten würden rechtspopulistische und auch rechtsradikale und rechtsextremistische Parteien "Zuspruch gewinnen". Mit Bezug auf die Umfrage-Erfolge der AfD sagt der Kanzler: "Der Geist ist aus der Flasche."

Die AfD zurückzudrängen, werde "schwer, wenn es um die geht, die rechte Gesinnungen haben". Die anderen müssten überzeugt werden, "indem wir eine Politik machen, die unser Land auf den richtigen Weg führt und die Probleme angeht".

Scholz wies auch Gerüchte zurück, denen zufolge in der SPD unter seiner Beteiligung über eine Vertrauensfrage oder einen Kanzlerwechsel nachgedacht worden sei. Dies sei "ein Märchen". Auf die Frage, ob er erwogen habe, aufzuhören, sagte Scholz: "Nein." (afp/thp)

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