• Seit Ende Februar gilt in Berlin der Mietendeckel.
  • Er soll dafür sorgen, dass Wohnen in der Hauptstadt wieder für mehr Menschen bezahlbar wird.
  • Viele Vermieter akzeptieren das Gesetz aber nicht, was zu einigen Merkwürdigkeiten auf dem Mietmarkt führt.

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Im Prinzip, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, funktioniere der Mietendeckel, wie er soll. Wer in den vergangenen Monaten in Berlin eine Wohnung neu angemietet hat, zahlt in der Regel deutlich weniger als die Vormieter. Denn seit dem 23. Februar 2020 sind die Preise für Mietwohnungen in der Hauptstadt gedeckelt.

Je nach Baujahr und Ausstattung darf der Nettokaltmietpreis pro Quadratmeter allerhöchstens 11,80 Euro betragen. Neubauten und Sozialwohnungen mit Mietpreisbindung sind aus dem Gesetz raus.

700 Euro für 60 Quadratmeter - mehr darf es eigentlich nicht sein

Eine 60-Quadratmeter-Wohnung mit schönem Bad, Parkett und Einbauküche dürfte laut Mietendeckel-Rechner des Mietervereins bei einer Neuvermietung demnach maximal etwas über 700 Euro Nettokaltmiete pro Monat kosten. Für eine nicht-modernisierte Altbauwohnung mit normaler Ausstattung in dieser Größe wären es nur knapp 400 Euro.

Die Mieten bei Wiedervermietung liegen aber vor allem bei den älteren Wohnungen im Schnitt deutlich höher. Der Ansatz des Mietendeckels ist, die Mieten etwa auf dem Niveau der Mieten von bestehenden Mietverhältnissen zu kappen.

Wer also nach dem 23. Februar 2020, dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes, einen Mietvertrag unterschreibt, darf nicht mehr zahlen müssen als der Vormieter im Juni 2019 oder - falls die Miete des Vorgängers schon über dem Deckel lag - nicht mehr als den Deckelbetrag.

Mietendeckel gilt auch für Bestandsmieter

Der Mietendeckel gilt aber nicht nur für Neumieter, die nach dem 23. Februar umgezogen sind. Er gilt auch für bestehende Mietverhältnisse. Die Miete ist im Prinzip auf dem Niveau vom 18. Juni 2019 eingefroren worden, Erhöhungen sind erst ab dem 1. Januar 2022 oder nach Modernisierungen zulässig. Zudem können alle Mieter, die in bis zum 31. Dezember 2013 bezugsfertig gewordenen Wohnungen wohnen, überprüfen, ob sie zu viel bezahlen. Die Absenkungsoption gibt es erst seit dem 23. November 2020.

Eigentlich muss sich der Vermieter darum kümmern und die Absenkung von sich aus ankündigen und durchführen. "Nach unseren Zahlen sind Absenkungen in rund 360.000 Fällen geboten. Die großen Immobilienunternehmen haben das zum Teil schon gemacht, aber viele kleinere, private Anbieter noch nicht", sagt Wild im Gespräch mit unserer Redaktion. Rührt sich der Vermieter nicht, sollten Mieter sich an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen wenden. Sie kann per Verwaltungsakt den Vermieter zur Senkung zwingen.

Vermieter finden den Deckel naturgemäß nicht toll

Unter den Vermietern hat das "Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin" naturgemäß nicht viele Fans. So findet etwa die Immobilienfirma Deutsche Wohnen, der in Berlin mehr als 100.000 Wohnungen gehören, dass der Mietendeckel Investitionen für Neubauten und Sanierungen verhindert.

Viele Vermieter und Juristen halten das Gesetz für grundgesetzwidrig. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) befasst sich aufgrund von Verfassungsbeschwerden mit dem Mietendeckel und wird darüber vermutlich im ersten Halbjahr 2021 entscheiden.

Lesen Sie dazu auch: Wem nützt der Berliner Mietendeckel? Fragen und Antworten zum Gesetz

Nur für den Fall, dass das Gesetz vielleicht doch wieder abgeschafft wird

Die Aussicht, dass der Mietendeckel wieder abgeschafft wird, führt zu einigen Merkwürdigkeiten auf dem Berliner Mietmarkt. So werden derzeit viele, die umziehen und einen neuen Mietvertrag abschließen, mit sogenannten Schattenmieten konfrontiert, die fällig werden sollen, wenn das BVerfG den Deckel tatsächlich für rechtswidrig erklärt. "Das machen - von den städtischen Wohnungsbaugesellschaften einmal abgesehen - derzeit fast alle Vermieter", sagt Wild.

Die "Schattenmieten" stehen mit im Mietvertrag. "Die entsprechenden Passagen sind zwar in Juristendeutsch formuliert, sollten aber trotzdem verständlich sein und müssten in der Nähe des Abschnitts über die Miethöhe stehen", erklärt der Mietrechtsexperte Christoph Herrmann von der Stiftung Warentest.

Neben "Schattenmieten" gibt es auch "Schattenmieterhöhungen"

Neben den "Schattenmieten" gibt es auch "Schattenmieterhöhungen" für bestehende Mietverhältnisse. Auch diese höheren Mieten sollen gelten, falls das BVerfG gegen den Mietdeckel urteilt. Ob das rechtens sind, ist in der Fachwelt umstritten. Klar ist: Vor allem die "Schattenmieten" in Neuverträgen kommen recht häufig vor und die Stiftung Warentest rät Mietern dazu, in diesem Fall Geld dafür zurückzulegen.

Wer in den vergangenen Monaten auf Berliner Immobilienportalen unterwegs war, dem dürfte zudem aufgefallen sein: Es werden kaum noch Wohnungen zur Miete angeboten. Das mag an der Coronavirus-Pandemie liegen, der Mietendeckel dürfte aber auch seinen Anteil haben.

In Berlin dürfen Wohnungen eigentlich nicht länger als drei Monate leer stehen

Zumindest ist in Foren, in denen sich private Wohnungseigentümer treffen, von der Überlegung zu lesen, die Wohnung leer stehen zu lassen, bis das Gerichtsurteil da ist. Nach dem Zweckentfremdungsverbot dürfen Wohnungen in Berlin zwar nicht länger als drei Monate leer stehen, aber das muss erst einmal jemand merken.

Es gibt keine verlässlichen Zahlen über Leerstände in der Hauptstadt. Auch der Mieterverein will darüber nicht spekulieren. Der Leiter des Fachbereichs Wohnen in einem Berliner Bezirksamt, Eckhard Sagitza, hat "Zeit Online" seinen Eindruck jedoch so beschrieben: Wenn jemand die Wohnung nicht vermieten wolle, würden Gründe vorgeschoben wie "Keine Handwerker gefunden" oder es würden falsche Mietverträge vorgelegt. "Seit dem Mietendeckel ist das mehr geworden", sagt Sagitza.

Selbst wenn der Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht für unrechtmäßig erklärt werden sollte, dürfen die Mieten in Berlin danach nicht unkontrolliert in die Höhe steigen. Denn neben dem Mietendeckel gibt es ja noch die Mietpreisbremse. Sie richtet sich nach dem örtlichen Mietspiegel. Nur: Der kann sich – zwar langsam, aber durchaus ungedeckelt – nach oben entwickeln.

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Verwendete Quellen:

  • Telefoninterview mit Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins
  • Telefoninterview mit Christoph Herrmann, Mietrechtsexperte der Stiftung Warentest
  • Berliner Mieterverein: "2. Mietenbegrenzung bei Wiedervermietung (Abschluss eines neuen Mietvertrages)"
  • Berliner Mietverein: "Mietendeckel-Rechner"
  • Wohnungsbörse: "Mietspiegel Berlin"
  • Berlin.de: "Mietendeckel. Informationen zum Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin ("Mietendeckel")"
  • Pressemitteilung von Deutsche Wohnen: "Unser Versprechen an unsere Mieter" (24. Juni 2019)
  • Zeit.de: "Mietendeckel: Stehen jetzt mehr Wohnungen leer?"
  • Stiftung Warentest: "Mieten­deckel in Berlin. Verbot für Miet­erhöhungen"
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