Die Ukraine befindet sich noch immer mitten im Verteidigungskrieg gegen Russland. Dennoch werden Stimmen immer lauter, die nach Wahlen im Land rufen.

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Militärführung seines Landes vor einem Einstieg in die Politik gewarnt. "Wenn man den Krieg mit dem Gedanken führt, dass man morgen Politik oder Wahlen macht, dann verhält man sich in seinen Worten und an der Front wie ein Politiker und nicht wie ein Militär", sagte er in einem in der Nacht zum Dienstag veröffentlichten Interview für das britische Boulevardblatt "The Sun". Das wäre ein großer Fehler.

In Kriegszeiten könne es auch keine Diskussion über Hierarchien geben, sagte Selenskyj. "Bei allem Respekt für General Saluschnyj und alle Kommandeure, die auf dem Schlachtfeld sind, gibt es ein absolutes Verständnis der Hierarchie und das ist es, und es kann nicht zwei, drei, vier, fünf geben", sagte der Staatschef.

Zuvor sagte Selenskyj bereits, die Ukraine müsse sich verteidigen, geeint agieren und dürfe sich nicht in politischen Debatten verlieren oder das Bild fehlender Geschlossenheit vermitteln, wie das der Aggressor Russland erwarte. "Wenn es keinen Sieg gibt, dann wird es kein Land geben. Unser Sieg ist möglich", so Selenskyj. Es gebe keinen Raum für Konflikte.

Seit Monaten wird im politischen Kiew über einen Konflikt zwischen Armeechef Walerij Saluschnyj und Selenskyj spekuliert. Der General wird bereits als Konkurrent für Selenskyj bei Präsidentschaftswahlen gesehen.

Finden kommendes Jahr in der Ukraine Präsidentschaftswahlen statt?

Wegen des Kriegsrechts waren die nach der Verfassung für Ende Oktober vorgesehenen regulären Parlamentswahlen bereits ausgefallen. Zuletzt war in ukrainischen Medien über angebliche Gesetzesänderungen spekuliert worden, um eine Präsidentenwahl auch in Kriegszeiten zu ermöglichen. Das Kriegsrecht war nach dem Einmarsch der russischen Armee vor mehr als 20 Monaten im ganzen Land verhängt worden. Das geltende Recht sieht dabei Wahlen erst nach Kriegsende vor. Selenskyj ist seit Mai 2019 im Amt. Reguläre Präsidentschaftswahlen wären laut Verfassung für den 31. März kommenden Jahres vorgesehen.

Anfang November hatte der General in einem viel beachteten Aufsatz im britischen Journal "Economist" vor einem Patt im Krieg mit Russland gewarnt. Selenskyj hatte dagegen den Stillstand verneint und die Erfolge der im Juni gestarteten Gegenoffensive betont. Die Ukraine wehrt seit knapp 21 Monaten eine russische Invasion ab.

Und Selenskyj muss wohl noch einen möglichen Konkurrenten um das Amt des Präsidenten fürchten. Wie die "Zeit" schreibt, soll auch der frühere Präsidentenberater Olexij Arestowytsch Ambitionen auf den Posten geäußert haben.

Nicht nur im Land scheint sich der Wunsch nach einem politischen Wechsel mehr und mehr zu manifestieren. Auch Verbündete der Ukraine – allen voran die USA – beschwören die Regierung, bald demokratische Wahlen abzuhalten. Eine Gefahr, die dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden darf, ist eine mögliche Einmischung Russlands in eine solche Wahl.

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