Eigentlich hätten in der Ukraine am vergangenen Sonntag Parlamentswahlen stattfinden sollen. Weil sich nicht ermessen lässt, wie eine Wahl unter den aktuellen Bedingungen durchgeführt werden könnte, ist sie auf unbestimmte Zeit verschoben. Ähnliches droht für die Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr.

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Eine Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer hat sich in Umfragen gegen die Abhaltung von Wahlen während des russischen Angriffskrieges ausgesprochen. Einer Veröffentlichung des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie vom Montag zufolge sind 81 Prozent der Befragten für Wahlen erst nach Kriegsende.

Für die Abhaltung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gemäß der in der Verfassung festgelegten Fristen waren demnach nur 16 Prozent der Befragten. Zuvor hatten sich in einer Umfrage der Rating Group ebenso 62 Prozent gegen Wahlen in Kriegszeiten ausgesprochen. Etwas mehr als 30 Prozent hielten Urnengänge auch bei andauerndem Krieg für nötig.

Hintergrund ist, dass am vergangenen Sonntag gemäß der ukrainischen Verfassung reguläre Parlamentswahlen hätten stattfinden müssen. Das geltende Kriegsrecht sieht jedoch keine Wahlen vor. Reguläre Präsidentschaftswahlen müssten laut Verfassung eigentlich am 31. März kommenden Jahres stattfinden.

Es ist völlig unklar, wie eine Wahl unter Kriegsbedingungen durchgeführt werden könnte

International war Kiew mehrfach zur Durchführung von Wahlen aufgefordert worden. Allerdings lehnen ukrainische Politiker bisher Gesetzesänderungen ab - unter Verweis auf Probleme bei der Wahlorganisation. Unklar sei, wie unter Kriegsrecht ein normaler Wahlkampf organisiert und im Hinblick auf Millionen Flüchtlinge im In- und Ausland die Beteiligung aller Wahlberechtigten ermöglicht werden könne.

Nach dem russischen Einmarsch am 24. Februar 2022 wurde im ganzen Land das Kriegsrecht verhängt. Präsident Wolodymyr Selenskyj ist seit Mai 2019 im Amt. Das im Juli 2019 gewählte Parlament trat Ende August des gleichen Jahres erstmals zusammen.

Beide Umfragen wurden Anfang Oktober telefonisch unter mindestens 2.000 volljährigen Ukrainerinnen und Ukrainern im Inland durchgeführt. Die statistische Fehlertoleranz wurde mit höchstens 2,4 Prozent angegeben. (dpa/ank)

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