Amira Mohamed Ali, Co-Vorsitzende beim "Bündnis Sahra Wagenknecht", verlieh bei "Markus Lanz" ihrer Kritik an der israelischen Regierung Ausdruck. Gleichzeitig wehrte sie sich deutlich gegen Antisemitismus-Vorwürfe gegen ihre Partei.
Die weltweite Unterstützung der israelischen Regierung und Armee nimmt mit Blick auf die teils verheerenden Luftangriffe ab. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
"Das Sterben geht immer weiter - das Sterben durch Waffen und das Sterben durch Hunger", sagte Markus Lanz zu Beginn seiner Sendung zur Situation in Gaza. Vor allem nach dem Tod von sieben Mitarbeitern der Organisation "World Central Kitchen", die bei einem Angriff der israelischen Armee getötet wurden, wächst die weltweite Sorge um die weitere Versorgung der Zivilisten im Gazastreifen.
Der ZDF-Moderator diskutierte daher am Mittwochabend mit seinen Gästen darüber, inwieweit das Vorgehen der israelischen Armee seit dem 7. Oktober verhältnismäßig ist. Gleichzeitig sprach Lanz auch über das neue "Bündnis
Das sind die Gäste
- Amira Mohamed Ali, Co-Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht: "Beim Bündnis Sahra Wagenknecht hat Antisemitismus keinen Platz."
- Michael Bröcker, Journalist: "Kriegsverbrechen setzt Vorsatz voraus."
- Kai Ambos, Völkerrechtler: "Das humanitäre Völkerrecht muss abgegrenzt werden von dem Recht zur Gewaltanwendung im Rahmen einer Selbstverteidigung."
- Michael Wolffsohn, Historiker: "Der Vorwurf, Israel begehe einen Völkermord, ist völlig unhaltbar."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Mit Blick auf die prekäre Lage im Gazastreifen entbrannte bei "Markus Lanz" eine hitzige Debatte. Der ZDF-Moderator merkte zunächst an: "Die israelische Regierung sagt, es ist die Hamas, die diesen Kampf immer weiter führt, indem sie Zivilisten als Schutzschilde missbraucht. (...) Die andere Seite sagt, es sind eindeutig Kriegsverbrechen, die da stattfinden." Über die steigenden Todeszahlen in Gaza sagte Historiker Michael Wolfssohn nachdenklich: "Krieg ist etwas Schreckliches, ist unmenschlich, ist aber gleichzeitig rational geplant."
Völkerrechtler Kai Ambos sah dies zwiegespalten und sagte, das humanitäre Völkerrecht müsse abgegrenzt werden "von dem Recht zur Gewaltanwendung im Rahmen einer Selbstverteidigung, die wir Israel zugestehen". Dass unter den mittlerweile rund 32.000 Toten in Gaza nur knapp 10.000 Hamas-Kämpfer gewesen seien, ist laut Ambos nur "sehr schwer zu rechtfertigen". Die 22.000 zivilen Opfer seien demnach nur "über den sogenannten Kollateralschaden" zu rechtfertigen, "und das versteht natürlich kein Mensch".
Michael Wolffsohn konterte prompt: "Das ist kein Kollateralschaden! (...) Die Hamas kämpft einen Guerilla-Krieg, mit den Elementen eines Terrorkrieges." Die Zivilbevölkerung wird laut Wolffsohn "von Hamas als Kanonenfutter" missbraucht: "Natürlich sind die Zivilisten hier in einer furchtbaren Zwangslage. (...) Das ist die Tragödie der Palästinenser."
Ambos warnte daraufhin mit strengem Blick, dass das Dilemma vor Ort zwar "ganz offensichtlich" sei, aber "das entbindet Israel nicht davon, Zivilisten zu schützen". Michael Wolffsohn blieb dennoch bei seiner Meinung und verteidigte die israelische Armee: "Krieg ist in seiner Kriegsführung oft überhaupt nicht vorhersehbar." Der Völkerrechtler wollte dies nicht annehmen und warnte den Historiker davor, die Lage in Gaza zu pauschal darzustellen, es wüssten alle, dass es sehr schwer für die israelische Armee sei, in Gaza zivile Opfer zu vermeiden: "Ich unterstelle der israelischen Armee auch nicht (...), dass sie bewusst (...) zivile Opfer tötet." Dennoch fänden im Gazastreifen mittlerweile massive "Verletzungen des humanitären Völkerrechts" statt.
Dem stimmte Politikerin Amira Mohamed Ali energisch zu: Die Situation der Zivilisten in Gaza sei "hochdramatisch": "Sie haben keine Möglichkeit, irgendwo hinzugehen." Die Politikerin ergänzte wütend, dass der Einsatz der israelischen Armee ihrer Meinung nach nicht verhältnismäßig sei: "Das ist für mich mit dem Völkerrecht nicht mehr vereinbar. (...) Ich finde, das sind Kriegsverbrechen." Wolffsohn hielt weiter vehement dagegen und sagte, es gehe in Gaza um die "Verteidigung der täglichen Existenz" Israels. Für den Historiker seien es daher keine Kriegsverbrechen: "Kriegsverbrechen setzen ja auch voraus, dass es mutwillig geschieht. Und Israel führt keinen Krieg gegen die Palästinenser im Gazastreifen, sondern gegen die Hamas".
Das war das Rede-Duell des Abends
In Bezug auf den Konflikt im Nahen Osten wetterte Amira Mohamed Ali auch gegen die deutsche Bundesregierung und sagte, sie würde sich "eine andere Sprache" sowie "klare Worte" für das, was in Gaza stattfindet, wünschen. Sie ergänzte, dass Kritik an der israelischen Regierung auch von Deutschland aus geäußert werden müsste, denn "das ist einfach (...) jenseits von allem, was man irgendwo noch nachvollziehen kann".
Kurz darauf zitierte Markus Lanz den ebenfalls anwesenden Journalisten Michael Bröcker: "Der Antisemitismus findet in keiner Partei so viel Platz wie (...) in diesem Bündnis Sahra Wagenknecht - selbst in der AfD nicht." Eine Steilvorlage für Amira Mohamed Ali, die Co-Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht. Sie konterte entsetzt: "Das ist eine Unverschämtheit, wenn ich das mal so sagen darf. Ich kann mir das gar nicht erklären!"
Bröcker blieb dennoch bei seiner Meinung und ergänzte: "Auf jeden Fall ist das antisemitische Ressentiment in vielen Äußerungen ehemaliger Linker (...) so extensiv zu spüren, dass wirklich jede pro-palästinensische Demonstration in Deutschland, wo es nachweislich antisemitische Parolen gab (...), verteidigt wird. Das habe ich in keiner Partei so häufig erlebt wie beim BSW!"
Diesen Vorwurf wollte Mohamed Ali nicht auf sich sitzen lassen und konterte: "Ich finde es wirklich absurd und ich finde es auch wirklich eine Unverschämtheit. Nein, es gibt bei uns keinen Antisemitismus. Das sage ich auch aus tiefer Überzeugung." Sie finde es "absolut entsetzlich", dass das, was jetzt in Gaza geschieht, für viele als Anlass gesehen werde, sich antisemitisch zu verhalten. Dennoch könne sie Kritik an der israelischen Regierung äußern.
Nachdem Bröcker erklärt hatte, dass es mehrere Tweets ihrer Kollegen gebe, die ein anderes Bild der Linkspartei zeichneten, sagte Mohamed Ali streng: "Beim BSW hat Antisemitismus keinen Platz!" Historiker Michael Wolffsohn mischte sich daraufhin in die Debatte ein und warnte, dass es den linken Antisemitismus schon "seit jeher" gebe. Als Mohamed Ali daraufhin empört klarstellte, dass sie nicht mehr der Linkspartei angehöre, fragte Lanz interessiert: "Was sind Sie eigentlich?" Die Politikerin sagte daraufhin nüchtern: "Ich bin links-konservativ."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz schaffte es mit Mühe, durch eine lebhafte Sendung zu führen, in der es dem ZDF-Moderator teilweise schwerfiel, seine Gäste im Zaum zu halten und einen roten Faden beizubehalten. Abschließend musste Lanz daher zugeben: "Es war sehr intensiv!"
Das war das Fazit bei "Markus Lanz"
Bei "Markus Lanz" warnte Michael Wolffsohn, dass Israel nicht nur vom Gazastreifen, "sondern auch von Syrien aus" bedroht werde. "Wir haben es hier mit einer regionalen Umzingelung Israels (...) zu tun", so der Historiker. Dennoch wollte Markus Lanz wissen: "Wie weit darf die deutsche Staatsräson gehen?" Darauf antwortete Michael Bröcker deutlich: "Wir haben keine unparteiische Rolle in diesem Konflikt. (...) Wir haben eine historische Verantwortung."
Während der Journalist erklärte, dass die Freigabe der israelischen Geiseln "zum Waffenstillstand" in Gaza führen könnte, sagte Wolffsohn, dass die einzige Lösung "die Kapitulation der Hamas" sei. Eine Aussage, die bei Mohamed Ali für Fassungslosigkeit sorgte: "Das Leben der Zivilisten kann doch nicht davon abhängen, dass eine Terrororganisation plötzlich vernünftig wird!" © 1&1 Mail & Media/teleschau
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