Die umstrittenen "Pascha"-Äußerungen von Friedrich Merz im Zusammenhang mit den Berliner Silvester-Krawallen hallen bei "Markus Lanz" nach. Am Donnerstagabend entbrannte im ZDF-Talk eine Diskussion über die Mängel im deutschen Bildungssystem. Der Pädagoge Heinz-Peter Meidinger forderte eine Migranten-Quote für Schulklassen.
Auch Wochen nach den Silvester-Ausschreitungen in Berlin bleibt die damit einhergehende Integrationsdebatte ein zentrales Thema. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
"Ich denke, wir haben in Deutschland über zu viele Jahre weggeschaut." So kommentierte CDU-Politiker Friedrich Merz vor einigen Wochen die anhaltende Migrationsdebatte bei "Markus Lanz". Mit seinen teils stark zugespitzten Äußerungen trat der Politiker in Deutschland nicht nur eine Welle der Empörung los, offenbar initiierte er auch eine Diskussion über die Mängel im deutschen Bildungssystem. Ein Problem: die Integration und adäquate Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund.
Im Gespräch mit ZDF-Moderator Markus Lanz versuchte CDU-Politiker
Das sind die Gäste
Daniel Günther, der CDU-Politiker und Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, beklagt: "Wie kann es sein, dass sich ein Land wie Deutschland mittlerweile 50.000 Schulabbrecher pro Jahr leistet?"
Roman Pletter, Journalist und "Zeit"-Wirtschaftsexperte, sieht das Kernproblem hier: "Wir sind in Bürokratie verfangen."
Heinz-Peter Meidinger, Pädagoge und Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, rät nach den Merz-Äußerungen: "Regt euch ab mit den Paschas!"
Cordula Heckmann, Schulleiterin der Rütli-Schule in Berlin-Neukölln, weiß: "Wir müssen uns mit der Anzahl an Schulabbrechern auseinandersetzen."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Markus Lanz startete die Sendung mit einem Verweis auf die "Pascha"-Äußerungen von Friedrich Merz: "Über diese Worte kann man sich sicher streiten, aber sie haben eine interessante Debatte über die Schulen dieses Landes ausgelöst." CDU-Politiker Daniel Günther stieg direkt mit ein und erklärte: "Ich fand, dass das, was Friedrich Merz im Kern gesagt hat, eine Diskussion ist, die man führen muss. Das Wort Pascha ist aber ein Wort, das man in dem Zusammenhang nicht verwenden sollte. Daraus wird eine Generalisierung gemacht."
Lanz fragte wenig später süffisant: "Friedrich Merz und Sie, ist das jetzt schon Liebe - oder noch auf dem Weg dahin?" Daniel Günther reagierte lachend: "Liebe auf den zweiten Blick. Aber Spaß beiseite: Das ist wirklich eine gute Zusammenarbeit."
Während der Politiker lächelte, zeigte sich Cordula Heckmann, Schulleiterin der Rütli-Schule in Berlin-Neukölln, besorgt über die teils umstrittene Wortwahl von Friedrich Merz und stellte mit ernstem Blick klar: "Ich fand seine Aussage schwierig. Das Problem von Integrationsverweigerern stellt sich ja nicht nur heute." Heinz-Peter Meidinger, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, machte jedoch deutlich, dass das Grundproblem der Bildungskrise nicht beim "Pascha"-Begriff liege: "Ich habe damals auch die Stirn gerunzelt, aber ich bezweifle, dass wir die Diskussion jetzt führen würden, wenn er einen anderen Begriff benutzt hätte. Jetzt muss der zweite Schritt folgen. Wir müssen über die Ursachen und Lösungen reden."
Eine Lösung, die der Pädagoge vorschlägt? Eine Ausländer-Quote in Klassen. Meidinger erklärte: "Der Punkt ist, man muss an die ungleiche Verteilung an Schulen ran. Wie kann man Schüler integrations- und lernfreundlich verteilen? Ich kriege jetzt vor allem Feuer von denen, die sagen: Das ist Rassismus."
ZDF-Moderator Markus Lanz nahm seinen Gast jedoch in Schutz und ergänzte: "Wir führen die Debatte seit mindestens 2006. Offensichtlich sind wir an vielen Stellen nicht sehr viel weiter." Der Blick wanderte daraufhin in Richtung Daniel Günther, denn der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins verspricht in seinem Bundesland "mehr hochklassige Bildung".
Lanz fragte daraufhin stirnrunzelnd: "Was ist schiefgegangen?" Günther konterte: "Wir haben mehr Lehrerinnen und Lehrer in die Schulen gebracht. Ob das alles jetzt schon perfekt gelungen ist, das zeigen ja die Ergebnisse. Es ist ein Prozess." Heinz-Peter Meidinger zeigte sich von den Aussagen jedoch wenig beeindruckt und teilte seine Prognose für die nächsten 15 Jahre: "Wir steuern auf ein fürchterliches Szenario zu."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Emotionaler wurde die Runde, als es um die Lösungsansätze in der Bildungsmisere ging. Pädagoge Heinz-Peter Meidinger stellte sichtlich angefasst klar: "Wenn man sich die Entwicklung anschaut - die Leistung von Kindern ist immer schlechter geworden." Auffällig sei dies vor allem bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, "da hinken die Kinder manchmal bis zu zwei Jahre hinter den anderen her".
Markus Lanz reagierte erschrocken und mahnte: "Wir sollten uns jetzt nicht die intellektuelle Faulheit leisten, darüber hinwegzugehen." Er forderte eine klare Ansage - vor allem von CDU-Politiker Daniel Günther: "2023 ist jetzt das Jahr der klaren Aussprache." Der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins blieb jedoch weiterhin nüchtern und ließ sich nicht emotional auf die Diskussion ein: "Wir müssen vor allem im Bereich Früherziehung deutlich mehr machen."
Markus Lanz hakte direkt nach und fragte sichtlich verwirrt, warum es in Schleswig-Holstein dann keine Kita-Pflicht gäbe. Günther erwiderte: "Wir haben schon eine hohe Quote, und ich glaube, dass das nicht die Lösung ist. Die Pflicht ist generell umstritten." Markus Lanz ließ nicht locker und machte deutlich, wie sehr ihm die Bildung und adäquate Förderung kleiner Kinder am Herzen liegt: "Ich habe selbst Kinder. Kinder sind neugierig wie ein Schwamm. Wenn man die inspiriert, werden aus denen großartige Erwachsene - oder eben auch nicht."
Schulleiterin Cordula Heckmann stimmte dem Moderator zu und zeigte auf, wie viele Kinder mit Sprachdefiziten in die ersten Klassen kämen: "Das schmerzt!" Statt über die aktuellen Mängel zu sprechen, entschied sich Heinz-Peter Meidinger bei "Markus Lanz" dazu, den Blick in die Zukunft zu richten: "Was müssen wir tun? Wir müssen in Deutschland Sprachstands-Tests machen bei allen Vierjährigen. Dann muss man verpflichtenden Sprachunterricht machen. Die meisten Bundesländer machen das Larifari." Daniel Günther, der direkt von Meidinger angesprochen wurde, reagierte kleinlaut: "Wir arbeiten gerade daran."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Lanz ließ seinen Gästen am Donnerstagabend sehr viel Raum und hakte nur selten scharf nach. Ein roter Faden lief zwar durch die Sendung, doch die Diskussionen blieben teilweise zu sehr an der Oberfläche und deckten nur ein kleines Spektrum der Bildungskrise ab. Als Daniel Günther nur vorsichtig über das Versagen in der Bildungspolitik sprach, bekam er in der Runde zu wenig Gegenwind.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Während beim Thema Bildung kein akuter Lösungsansatz weiter vertieft wurde und keine politische Handlung in Sicht ist, konnte Markus Lanz den CDU-Politiker Daniel Günther erst zum Ende der Sendung noch einmal aus der Reserve locken. Auf die Frage von Lanz, ob er dafür sei, "die AKWs weiterlaufen zu lassen", antwortete er mit einem klaren "Absolut".
Abschließend offenbarte Günther sogar, dass er dafür sei, "CCS in Schleswig-Holstein zu nutzen". Dabei handelt es sich um die bislang umstrittene Abscheidung und dauerhafte Speicherung von Kohlendioxid. Markus Lanz reagierte daraufhin prompt: "Jetzt sehen Sie mich zum Schluss der Sendung noch baff. Ich bin gespannt, ob Sie in der Lage sind, das politisch umzusetzen." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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