Wer hat Angst vor Künstlicher Intelligenz? Bei "Markus Lanz" versuchte ein KI-Pionier, typisch deutsche Technologie-Sorgen zu zerstreuen. Eine FDP-Ministerin kam beim Thema Wasserstoff ins Schlingern.
Wie gefährlich kann Künstliche Intelligenz für uns werden? Der Frage gehen mittlerweile zahlreiche Experten auf den Grund. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Derzeit wird viel darüber diskutiert, wie Künstliche Intelligenz die Arbeitswelt verändern wird. Nachdem Textroboter wie ChatGPT mittlerweile einen Großteil der Bürger erreicht haben, diskutierte Markus Lanz am Donnerstagabend unter anderem mit Wissenschaftler Jürgen Schmidhuber über die Gefahren und Chancen, die hinter der "Schlüsseltechnologie" KI stecken. Ob Wasserstoff gleichfalls eine "Schlüsseltechnologie" fürs Heizen von Gebäuden wird, ist hingegen keineswegs ausgemacht. FDP-Ministerin
Das sind die Gäste
- Bettina Stark-Watzinger, FDP-Politikerin: "Ich gehe davon aus, dass wir auch mit Wasserstoff heizen werden."
- Sonja Álvarez, Journalistin: "Die Ampel selbst hat sich gar keine KI-Strategie gegeben."
- Jürgen Schmidhuber, Informatiker: "In naher Zukunft wird es KI geben, die den Menschen in allem, was dem Menschen wichtig ist, übertreffen."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
ZDF-Moderator Markus Lanz beleuchtete unter anderem den Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland und wollte von seinen Gästen wissen: "Wie erneuerungsfähig sind wir wirklich?" Dazu fällte Journalistin Sonja Álvarez das vernichtende Urteil: "Berlin scheint sich da im Tiefschlaf zu befinden." Sie kritisierte vor allem eine fehlende politische Strategie im Bereich Künstlicher Intelligenz.
Laut der "Wirtschaftswoche"-Redakteurin habe die Ampelkoalition zwar die KI-Strategie der Vorgängerregierung übernommen, es jedoch bislang "verbummelt", diese auch fortzuführen. Dem entgegnete Wissenschaftler Jürgen Schmidhuber, der als einer der Pioniere der "modernen KI" gilt, dass Deutschland noch vor rund 30 Jahren führend in der Grundlagenforschung Künstlicher Intelligenz gewesen sei. Der Informatiker gab jedoch zu: "Deutschland bildet zwar tolle Leute aus, ist aber unfähig, sie zu halten." Schmidhuber weiter: "Die USA und China waren viel besser darin, diese Erfindungen zu kommerzialisieren."
Lanz wollte von dem Wissenschaftler, der mittlerweile in der Schweiz arbeitet, daher wissen: "Was hat Sie weggetrieben?" Jürgen Schmidhuber antwortete prompt: "Woanders werden mehr Möglichkeiten gesehen - in Deutschland guckt man immer zuerst nach Risiken." Schmidhuber fügte hinzu: "Der Exzellenz-Gedanke ist Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg (...) sehr abhanden gekommen." Das habe sich laut des Informatikers so ausgewirkt, dass in der Wissenschaft "nicht mehr der Wunsch vorhanden war, Nummer eins zu sein".
Ein Problem, das laut Sonja Álvarez schwerwiegende Folgen nach sich ziehe, denn: "Wir werden als Standort offensichtlich immer unattraktiver." Dagegen boome das Geschäft mit der Künstlichen Intelligenz in Amerika und China. "In naher Zukunft wird es KI geben, die den Menschen in allem, was dem Menschen wichtig ist, übertreffen", lautete die mutige Prognose von Jürgen Schmidhuber.
Laut dem Wissenschaftler sei "die Menschheit nicht die letzte Stufe (...) auf dem Weg des Universums vom Urknall hin zu einer immer höheren Komplexität". Ein Gedanke, der bei Markus Lanz ein "mulmiges Gefühl" auslöste. Er fragte den Wissenschaftler mit ernster Miene: "Warum macht Ihnen das keine Angst, was da passiert?" Schmidhuber erklärte, dass rund "95 Prozent aller KI-Forschung" darauf abziele, "Menschenleben länger, gesünder und leichter zu machen". Nach der Wahrnehmung des Informatikers schauen sich jedoch die meisten Bürger "lieber einen 'Terminator'-Film an", als eine Dokumentation zu den Vorteilen der KI im Gesundheitswesen.
Dem stimmte FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger zwar grundsätzlich zu, sagte jedoch mit Blick auf den Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland: "Wir brauchen Regulierung, damit auch eine Planungssicherheit da ist (...). Aber es darf eben nicht so sein, dass es innovationshemmend ist."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Statt bei Bildungsfragen lockte Markus Lanz die Bundesministerin für Bildung und Forschung ausgerechnet beim Heizungsgesetz aus der Reserve. Der ZDF-Moderator fragte Bettina Stark-Watzinger skeptisch: "Wann werden wir mit grünem Wasserstoff heizen?" Die Liberalen hatten darauf gedrängt, dass sogenannte H2-ready-Gasheizungen als Teil eines "technologieoffenen Ansatzes" mit im neuen Gebäudeenergiegesetz berücksichtigt werden.
Die FDP-Politikerin antwortete ausweichend, dass es darauf ankomme, "wann die Netze ausgebaut sind und (...) wie schnell wir Angebot und Nachfrage zusammenbekommen". Eine Aussage, die dem ZDF-Moderator offenbar nicht ausreichte, denn er hakte nach: "Werden wir jemals mit Wasserstoff heizen?" Stark-Watzinger ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und sagte: "Ja, ich gehe davon aus, dass wir auch mit Wasserstoff heizen werden." Lanz reagierte daraufhin genervt und stellte klar: "Sie müssen das doch wissen!" Die Politikerin konterte: "Ich kann ihnen heute keine genaue Zahl sagen, aber es wird kommen."
Während Lanz hinter dem Wasserstoff-Versprechen der FDP eine "wahnsinnige Wähler-Enttäuschung" voraussah, sagte Journalistin Sonja Álvarez ähnlich aufgebracht: "Ich finde, dass die FDP hier tatsächlich eine komplette Irreführung der Wählerinnen und Wähler betreibt mit diesem Begriff 'Wasserstoff-ready'." Álvarez weiter: "Unter diesem vermeintlichen Begriff der Technologieoffenheit wird jetzt suggeriert, man könne sich Gasheizungen einbauen, und die werden dann irgendwann vielleicht von Zauberkraft Wasserstoff-ready sein."
Diesen Vorwurf wollte Bettina Stark-Watzinger nicht auf sich sitzen lassen und verteidigte sicht mit den Worten: "Irreführung finde ich jetzt schon einen sehr harten Begriff." Laut der FDP-Politikerin stehe im Heizungsgesetz keineswegs, dass man sich eine "Wasserstoff-ready-Heizung" einbauen lassen müsse. Es sei demnach keine Irreführung, sondern lediglich ein "zusätzliches Angebot" für die Bevölkerung.
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz gelang am Donnerstagabend eine angeregte Diskussion über Zukunftstechnologien und den Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland. Besonders im Gespräch mit Wissenschaftler Jürgen Schmidhuber schien der ZDF-Moderator förmlich aufzublühen, als es um die Gefahren und Chancen der Künstlichen Intelligenz ging.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Wie einige Wissenschaftler mittlerweile selbst sagen, kann Künstliche Intelligenz zur Gefahr für die Menschheit werden. Dem widersprach Informatiker Jürgen Schmidhuber und erklärte, dass es nicht schlimm sei, wenn die Künstliche Intelligenz uns irgendwann überholen wird - also ein für "Markus Lanz" mal ungewohnt optimistisches Fazit. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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