Was kann die Politik gegen steigende Mieten und Immobilienpreise unternehmen? An Vorschlägen mangelt es bei "Hart aber fair" mit Frank Plasberg nicht. Doch welche davon sind die richtigen? Da liegen die Gäste meilenweit auseinander.
Eine Linken-Politikerin, die Unternehmen enteignen will – und ein Immobilienmakler, der gegen "20.000 Bauvorschriften" in Deutschland wettert: Weiter auseinander als am Montagabend bei "Hart aber fair" könnten die Vorstellungen kaum auseinander liegen.
Nur in einer Sache sind sich alle Gäste einig: Eine Wohnung zu haben, ist ein menschliches Grundbedürfnis.
Was ist das Thema?
Wohnungssuche sei in Deutschland inzwischen schwieriger, als im Lotto zu gewinnen. Das ist
Deswegen sollen die Gäste klären, wie Wohnen für die breite Masse der Bevölkerung wieder erschwinglich werden kann: durch massive staatliche Eingriffe oder einen neuen Bauboom?
Wer sind die Gäste?
Die Liberale wünscht sich zudem, dass Bürger einfacher Wohnungen oder Häuser kaufen können, statt sie zu mieten. "Wir müssen eine Eigentümernation werden."
Lucy Redler: Die Berliner Linken-Politikerin und bekennende Marxistin prangert Renditestreben und Bodenspekulationen an.
Sie ärgert sich vor allem über private Wohnungsunternehmen: Bei der Vonovia, so sagt es zumindest Redler, fließen von einem Euro eingenommener Miete 38 Cent an die Aktionäre. "Wohnen wird immer mehr zur Klassenfrage."
Jürgen Michael Schick: Der Präsident des Immobilienverbands IVD ist Makler – und damit Angehöriger einer Berufsgruppe, die vom erbitterten Kampf um Wohnraum durchaus profitiert.
Er fordert, dass Wohnungsbau in Deutschland einfacher wird. "Wir haben viel zu lange Planungszeiten", sagt er: Zu zwei Jahren Bauzeit käme acht Jahre langes Warten auf die nötigen Genehmigungen hinzu.
Was war der Moment des Abends?
Brisant wird es, als das Thema Enteignungen auf den Plan kommt – laut Moderator Frank Plasberg die "Atombombe in der Marktwirtschaft". Linken-Politikerin Redler spricht sich dafür aus, die größten privaten Wohnungsunternehmen in Berlin zu verstaatlichen. Radikal findet sie diese Forderung nicht. "Die ist so radikal wie die Wirklichkeit, die die Mieter erleben."
Interessant ist an dieser Forderung, dass sie nur beim Vertreter des Immobilienverbands für Erschütterung sorgt. Justizministerin Barley dagegen erklärt, Enteignungen seien zwar teuer, aber nicht völlig unüblich.
Und FDP-Politikerin Beer lehnt einen solchen Schritt zwar ab – erklärt aber nüchtern, das nötige Geld könne man besser für den Bau neuer Wohnungen ausgeben. So unaufgeregt kann man also über eine so radikale Idee diskutieren.
Was war das Rede-Duell des Abends?
Katarina Barley hat sich lange um klare Positionen gedrückt. Stellung beziehen muss sie aber, als ihr eigener Vorschlag auf den Tisch kommt: Die Bundesjustizministerin will, dass beim Kauf beziehungsweise Verkauf von Immobilien der Makler künftig allein von demjenigen bezahlt wird, der ihn bestellt hat – also nicht zwingend nur vom Käufer oder von Käufer und Verkäufer zur Hälfte.
Schließlich sei die Maklercourtage inzwischen mancherorts auf sieben Prozent des Kaufpreises gestiegen, kritisiert Barley.
Für Makler Jürgen Michael Schick ist dieser Vorschlag ein Unding. Er warnt: Der Verkäufer würde die Courtage dann einfach auf den Kaufpreis aufschlagen – und damit würden auch die Kaufnebenkosten steigen. "Das wäre keine Entlastung, sondern eine Belastung des Käufers", warnt er. Punkt für Schick.
Barley aber pariert genüsslich: "Ich frage mich: Warum regen sich die Makler dann alle so furchtbar über meinen Vorschlag auf?" Die Ministerin ist überzeugt: Wenn der Verkäufer die Maklerprovision zahlen muss, kann ihm nicht mehr egal sein, wie hoch sie ausfällt.
Dann würden Sätze von sieben Prozent nicht mehr möglich sein, sondern auf zwei bis drei Prozent sinken – so wie es im Rest Europas Usus ist. Punkt für Barley.
Wie hat sich Frank Plasberg geschlagen?
Wie so häufig hakt Plasberg geschickt dort nach, wo die Gäste sich rechtfertigen müssen. Etwa wenn er von Lucy Redler wissen will, ob mit Enteignungen wirklich neuer Wohnraum entsteht.
Doch auch die Gegenseite schont Plasberg nicht – von Maklern fühlt sich der Immobilienbesitzer im eigenen Leben sogar "gestalkt". Der Moderator hat sichtlich Spaß an der Diskussion. So viel, dass es manchmal wirkt, als würde er am liebsten selbst am Tisch Platz nehmen und mitstreiten.
Was ist das Ergebnis?
Dass sich Lucy Redler und Jürgen Michael Schick nicht auf einen gemeinsamen Weg gegen die Wohnungsnot einigen können, war zu erwarten. Die gute Nachricht lautet aber: Vorschläge für günstigeres Wohnen gibt es offenbar reichlich: mehr Bauland ausweisen, Bauvorschriften streichen, Mietpreise begrenzen, Mieter finanziell entlasten – oder eben Wohnungsunternehmen verstaatlichen.
Die schlechte Nachricht: Wer nun Schuld an der Misere ist und welcher Weg am besten aus ihr heraus führen würde – da liegen die Vorstellungen meilenweit auseinander. Immerhin: Langweilig wurde die Diskussion nicht. Es wird sicherlich nicht die letzte Talkshow zum Thema gewesen sein.
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