Bei Maischberger stand am Dienstagabend der Aufstand Prigoschins vom Wochenende im Mittelpunkt – und zwar in zwei Facetten: Was bedeuten die Vorkommnisse für Putin? Und: Wie profitiert die Ukraine jetzt? Journalist Pleitgen war sich sicher, dass ein Satz von Prigoschin noch für reichlich Gesprächsstoff sorgen wird.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Es war ein Beben in Moskau: 36 Stunden dauerte der Vormarsch der Wagner-Söldner auf die Hauptstadt, dann vermittelte der belarussische Präsident Lukaschenko vorerst einen Frieden. Prigoschins Aktion wird nicht strafrechtlich verfolgt, seine Truppen werden aus der Ukraine abgezogen.

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

Am Wochenende machte Jewgeni Prigoschin nach monatelangen verbalen Beschimpfungen ernst: Er zog mit seinen Truppen aus der Ukraine gegen den russischen Verteidigungsminister und dessen Generalstabschef Richtung Moskau. Kurzzeitig sorgte das für Chaos.

Wie stark ist Putin dadurch geschwächt? Kann die Ukraine das Momentum nutzen? Darüber diskutierte Maischberger am Dienstag mit ihren Gästen.

Das sind die Gäste

  • Rüdiger von Fritsch: Der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau sagte: "Putin ist nicht in der Lage, sein Land zu schützen." Der sei nach dem Aufstand nicht mehr der starke und unbestrittene Führer. "Das Regime wird fragiler, seine Macht wird schwächer", so von Fritsch weiter. Jeder frage sich: Wird er meine Interessen und meine Sicherheit schützen? "Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand bereit ist, sich gegen ihn aufzulehnen, ist gewachsen", meinte von Fritsch.
  • Frederik Pleitgen: "Putin hat Prigoschin aus dem Weg geräumt", sagte der "CNN"-Journalist. Die Leute von Wagner würden nun nach Belarus gehen. "Wenn es auf dem Schlachtfeld aber weiter so schlecht läuft, hat Putin schnell ein Problem", so Pleitgen. Putin versuche nun Sicherheit auszustrahlen, intern seien aber große Defizite ersichtlich geworden. "Die ganzen Kritiken, die Prigoschin geäußert hat, stehen noch im Raum", erinnerte er.
  • Harrison Ford: Der Hollywood-Schauspieler sagte: "Manche Menschen werfen mir vor, als Umweltschützer mehrere Flugzeuge zu haben. Aber ich fliege immer nur eins gleichzeitig." Man sollte sein Gerät so effizient wie möglich einsetzen. "Ich versuche meinen Treibstoffverbrauch auszugleichen, indem ich Zeit, Geld und Energie in Klimaschutz investiere", so Ford.
  • Theo Koll: "Die Hoffnung war, dass das System sich innerlich zerlegt. Dass zwei sich zerfleischen – der Zar und sein Kriegsherr", sagte der Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios über den Aufstand am Wochenende. Die Sorge sei aber gewesen, wie es dann mit einer Macht weitergehe, die Atommacht sei.
  • Kristina Dunz: Die stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros beim "Redaktionsnetzwerk Deutschland" sprach über Geheimdienstinformationen im Vorfeld des Aufstands. Denn die Amerikaner wussten im Vorfeld davon. Warum nicht auch Deutschland? "Dem BND und dem Miltärischen Abschirmdienst wird immer wieder gesagt: Uns sind mehr die Hände gebunden als anderen Nationen." Außerdem werde darauf verwiesen, dass man technisch nicht gut ausgerüstet sei. "Was ich zusätzlich sehr beunruhigend finde: Wenn die Amerikaner es Mitte der Woche gewusst haben, warum hat es da keine Verbindung gegeben?"
  • Stephan Stuchlik: "Das ist nicht Putin", sagte der ARD-Hauptstadtkorrespondent über die Rede, die der russische Präsident am Wochenende gehalten hatte. Er habe untypischerweise die Sicherheitskräfte um die Stabilität des Landes gebeten. "In dem Moment hat man ein ganz seltsames Gefühl", sagte Stuchlik.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Es ging um Prigoschins Kritik und die Bedeutung von Wagner. Maischberger spielte Bilder ein, auf denen Prigoschin von Russen in Rostow bejubelt und gefeiert wurde: "Er ist so der russische Robin Hood", sagte Pleitgen. Er habe Sachen benannt, die für Putin sehr gefährlich sind. "Die Tatsache, dass es in Russland eine sehr reiche Oberschicht gibt, deren Kinder nicht am Krieg teilnehmen, sich teilweise am Krieg bereichern", nannte er als Beispiele.

Prigoschin habe auch thematisiert, dass es massive Korruption bei der Wehrbeschaffung gebe und in schusssicheren Westen teilweise nur Pappe sei. "Dann hat er eine Sache gesagt, die ihm wahrscheinlich das Genick gebrochen hat", setzte Pleitgen nach. "Dass er gesagt hat, dass es eigentlich gar keinen Grund für diesen Krieg gegeben hat", so der Journalist.

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Maischberger wollte wissen, ob Putin durch den Aufstand angekratzt sei. Der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau war sich sicher: "Putin ist in mehrfacher Hinsicht geschwächt." Er habe sich mit seiner "Marionette Prigoschin" völlig verkalkuliert, sei unvorbereitet gewesen und habe Lukaschenko um Hilfe bitten müssen. "Wenn man in Russland eins nicht zeigen darf in der Politik – dann ist es Schwäche", so von Fritsch.

Journalist Pleitgen war anderer Meinung. "Geschwächt würde ich nicht sagen, aber Putin hat sich erst einmal Zeit gekauft." Zwar habe Wagner es geschafft, relativ nah an Moskau heranzukommen – es sei aber auch relativ schnell klar gewesen, dass von den Leuten, die für die Politik in Russland wichtig seien, sich niemand hinter Prigoschin gestellt hat. "Der Konvoi war auch nicht so groß, dass er in Moskau viel hätte anrichten können", sagte Pleitgen weiter.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger machte eine gute Figur, als es um die Analyse des Aufstands in Russland ging. Sie stellte die richtigen Fragen: "Hatten Sie Sorge oder Hoffnung?", "Ist Putin nun geschwächt?", "Wie glaubwürdig ist es, dass Prigoschin nicht die Regierung stürzen wollte?", "Hätte er es bis Moskau geschafft?" und "Sind wir einem Verhandlungsfrieden nähergekommen?"

Das Interview mit Harrison Ford war hingegen eher schwach: Es sprang wild hin und her zwischen Indiana Jones, Klimaprotest, die Sicherheit in der Welt und Trump-Anhängern.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Vieles ist noch mit Unsicherheit behaftet und erst die Entwicklungen der nächsten Wochen werden genauere Erkenntnisse liefern, wie angekratzt Putin wirklich ist. Einig war sich die Runde aber darin: Er ist vielleicht geschwächt, aber nicht am Ende. Mehr Aufmerksamkeit hätte Maischberger vor allem diesen Fragen widmen dürfen: "Was sind Sicherheitsgarantien in Russland wert? ", "Wie sollte der Westen sich angesichts des Aufstands verhalten?" und "Was kommt nach Putin?"

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