Bei "Hart aber Fair" ging es am Montagabend (28. Oktober) anlässlich der Krise bei VW um die Zukunft der Automobilbranche. Hat die Autoindustrie hierzulande noch eine Chance? Während die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie harte Worte über den Industriestandort Deutschland fand, warnte Grünen-Politiker Andreas Audretsch vor einem Rückwärtsgang. Zank gab es dann beim Thema E-Fuels. Eine Zahl schien außerdem alle im Studio zu überraschen.
Dunkle Tage für Deutschlands Automobilbranche: Bei VW könnten mindestens drei Werke geschlossen werden, zehntausende Mitarbeiter bangen um ihre Jobs, auch Gehälter sollen gekürzt werden. Hat die deutsche Autoindustrie noch eine Zukunft?
Das ist das Thema bei "Hart aber Fair"
Die Überschrift der Sendung lautete: "Deutschland in der Autokrise – Fährt eine Industrie gegen die Wand?" Anlässlich der Krise des Autoherstellers VW sprach Moderator
Das sind die Gäste
- Hildegard Müller: Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie sagte: "Was wir hier erleben, hat zwei Ursachen. Das eine ist die Transformation, das andere ist die Konjunktur-Krise. Das ist kein VW-Thema. Das ist kein Autothema. Das ist eine Krise des Industriestandortes."
- Andreas Audretsch (Grüne): "Wir werden einen Weg aus dieser ganzen Sache heraus nur nach vorne rausfinden. Wir können nicht mehr rückwärts gehen in die Zeiten des Verbrenners", so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Man müsse in Deutschland endlich neue Technologien umarmen.
- Frank Schäffler (FDP): "Es sind viele Fehler gemacht worden bei VW. Die einseitige Orientierung auf Elektromobilität ist ein Fehler gewesen, es gibt große Managementprobleme. Aber gleichzeitig passt es auch nicht in die aktuelle Lage hinein, dass die Gewerkschaften sieben Prozent Lohnerhöhung fordern", kritisierte der FDP-Politiker.
- Rangar Yogeshwar: "Als ich klein war, gab es in Deutschland noch die ganzen Fernsehhersteller Telefunken, Grundig, Löwe. Die sind weg, damals gab es 100.000 Beschäftigte in dieser Unterhaltungselektronikindustrie. Die Sendung heute wird vermutlich nicht auf einem deutschen Fernseher geguckt, sondern auf einem südkoreanischen, japanischen oder chinesischen. Das will ich bei den Autos nicht nochmal sehen", forderte der Wissenschaftsjournalist.
- Aleksandar Zec: Der Gebrauchtwagenhändler aus Stuttgart sagte: "Ich verstehe die Leute, die an ihrem Verbrenner festhalten." Er kritisierte, wenn es nur in Richtung E-Mobilität gehen solle, müsse man sich auch andere Optionen offenhalten. "Wir sehen das Risiko am Markt von einem gebrauchten E-Fahrzeug", so Zec weiter und beschrieb die hohen Kosten für Batterien.
- Ragnhild Sørensen: "Wir brauchen ein Mobilitätskonzept: Wie wollen wir uns in Zukunft bewegen?", sagte die Sprecherin von "Changing Cities". Die Leute würden nicht automatisch und von alleine die Autos stehen lassen. Aus ihrer Sicht haben die Deutschen gar kein so emotionales Verhältnis zum Auto, wie ihnen nachgesagt wird.
Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber Fair"
"Zu sagen, es sind Management-Fehler, geht an der Wahrheit vorbei", war sich Müller sicher. Man müsse sich ehrlich machen und sagen, dass die Transformation in der Industrie zu Konsequenzen führt. "Beschäftigungsgarantien" seien nicht ehrlich, Arbeitsplätze würden sich ändern.
"Ob sich hier in Zukunft neue Arbeitsplätze entwickeln können, hängt von den Standortbedingungen ab", sagte sie und rechnete ab: "Wir sind zu teuer in den Energiekosten, in den Bürokratiekosten, in den Arbeitskosten. Wenn wir diese Fragen nicht in den Griff bekommen, wird die Autoindustrie ihre Wege gehen, aber nicht mehr mit Wachstum und Wertschöpfung hier in Deutschland."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Yogeshwar und Schäffler stritten beim Thema E-Fuels. Der Wissenschaftsjournalist war sich sicher, dass E-Fuels ein ineffizienter Umweg sind. "E-Fuels sind eine Konstruktion, die gebraucht wird, um am Alten festzuhalten", kritisierte er. Man müsse aufhören, Nebelbomben zu werfen. Die Energie für 1.600 E-Autos reiche nur für 600 Wasserstoffautos.
Schäffler warf ein: "Wir können das mit den Windkrafträdern machen, aber wir hätten auch schlicht die drei Atomkraftwerke laufen lassen können." Die Preise müssten die richtigen Signale aussenden. "Nicht die Entscheidung von Politikern", so der FDP-Mann.
So hat sich Louis Klamroth geschlagen
Klamroth performte solide an diesem Abend, es mangelte ihm aber am konstruktiven Blick nach vorn. "Wie kann es für die Autoindustrie weitergehen? Wie steigern wir den Anteil an E-Autos? Was kann die Politik konkret tun, um die Standortbedingungen zu verbessern?" – all diese Fragen fielen völlig unter den Tisch. Eine Zahl, die Klamroth teilte, überraschte aber alle im Studio: Nur 2,9 Prozent der Autos auf deutschen Straßen sind E-Autos.
Das ist das Ergebnis bei "Hart aber Fair"
Die Runde war sich einig: Wenn die Autoindustrie in Deutschland Bestand haben will, müssen sich die Standortbedingungen hierzulande verbessern. Es braucht aber auch einen Wechsel in der Denkweise: Die Diskussion sollte weniger dogmatisch geführt werden und vielmehr praktisch, Technik-fokussiert und eingebettet in ein größeres Mobilitätskonzept, das insgesamt nach der Zukunft der Städte fragt.
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