Die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz feuerte am Donnerstag "dutzende" Raketen auf Israel und droht mit großflächigen Angriffen. Ist das der Beginn eines regionalen Krieges?

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Die Angst vor einem regionalen Krieg in Nahost wächst: Im sich verschärfenden Konflikt mit Israel hat die vom Iran unterstützte libanesische Hisbollah-Miliz am Donnerstag nach eigenen Angaben "dutzende" Raketen auf Israel abgefeuert. Die Miliz hatte zuvor im Falle einer israelischen Offensive mit großflächigen Angriffen auf das Nachbarland gedroht. Die israelische Armee wiederum hatte einen Einsatzplan für eine Offensive im Libanon abgesegnet. Indes sorgte in den USA Kritik von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an einer Verzögerung von US-Waffenlieferungen für Irritationen.

Die Hisbollah erklärte, der Raketenbeschuss auf den Norden Israels sei eine Vergeltung für einen tödlichen israelischen Angriff im Dorf Deir Kifa gewesen. "Dutzende Katjuscha-Raketen" seien auf eine israelische Einrichtung abgeschossen worden.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah droht Zypern im Falle einer Unterstützung Israels

Die libanesische Presseagentur ANI hatte berichtet, dass ein Mensch nahe des Ortes Deir Kifa im Südlibanon bei einem israelischen Drohnenangriff getötet worden sei. Die israelische Armee sprach von einem Hisbollah-Kämpfer, der für die Planung und Ausführung von "Terroranschlägen gegen Israel" verantwortlich gewesen sei und die Bodentruppen der Hisbollah befehligt habe. Die Hisbollah verkündete lediglich den Tod einer ihrer Kämpfer.

"Der Feind weiß genau, dass wir uns auf das Schlimmste vorbereitet haben (...), und dass kein Ort (...) von unseren Raketen verschont bleiben wird", hatte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah am Mittwoch in einer Fernsehansprache gesagt. Nasrallah warnte außerdem das EU-Land Zypern davor, Israels Armee im Kriegsfall seine Flughäfen und Stützpunkte nutzen zu lassen.

Die zyprische Regierung erklärte daraufhin, die Drohungen entbehrten "jeglicher Grundlage". Zypern unterhalte "ausgezeichnete Beziehungen zu allen Ländern in der Region", sei in keinen Konflikt verwickelt und "wird auch nicht in einen solchen verwickelt werden".

Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas vor mehr als acht Monaten feuert die vom Iran unterstützte und mit der Hamas verbündete Hisbollah Raketen und Drohnen auf Israel ab. Zehntausende Menschen in Israel mussten seitdem ihre Häuser verlassen. Israel reagiert auf den Beschuss verstärkt mit Angriffen auf Hisbollah-Stellungen im Südlibanon.

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Die israelische Armeeführung hatte am Dienstag einen Einsatzplan für eine mögliche Offensive im Libanon beschlossen. Ranghohe Armeevertreter hätten bei einer gemeinsamem Lagebeurteilung im Nordkommando eine Offensive im Libanon "genehmigt und freigegeben", teilte die Armee mit. Der israelische Außenminister Israel Katz drohte der Hisbollah mit ihrer Zerstörung in einem "umfassenden Krieg".

Der ehemalige Leiter der israelischen Abteilung für Terrorismusbekämpfung, Nitzan Nuriel, prognostizierte: "Innerhalb weniger Wochen werden wir eine israelische Operation im Libanon sehen."

Unterdessen reagierte das Weiße Haus am Donnerstag verärgert auf Kritik Netanjahus an Verzögerungen bei US-Rüstungslieferungen für den Militäreinsatz im Gazastreifen. Diese Kommentare seien angesichts der fortgesetzten US-Unterstützung für Israel "tief enttäuschend" und "ärgerlich", sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby.

Netanjahu verägert USA mit Aussagen zu Waffenlieferungen

Netanjahu hatte in dieser Woche in einer Videobotschaft gesagt, dass er zwar den US-Beistand im Gaza-Krieg zu schätzen wisse. Doch nannte er es zugleich "unfassbar", dass Washington in den vergangenen Monaten "Waffen und Munition für Israel zurückgehalten" habe. Nach Angaben der US-Regierung wurde jedoch lediglich eine US-Lieferung von 900-Kilo-Bomben für Israel gestoppt. Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan hatte dies mit Sorgen begründet, dass diese Bomben "auf dicht bevölkerte Städte abgeworfen" werden könnten.

Netanjahu bekräftigte nach der Reaktion aus den USA die Notwendigkeit der US-Waffenlieferungen. "Ich bin bereit, persönliche Angriffe zu erdulden, solange Israel von den USA die Waffen erhält, die es im Krieg um seine Existenz braucht", erklärte Netanjahu.

Derweil gingen am Donnerstag auch die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der Hamas im Gazastreifen weiter. Nach Angaben eines Mediziners wurden zwei Menschen bei einem Angriff nahe der Flüchtlingssiedlung Nuseirat getötet. Augenzeugen berichteten auch von Panzerbeschuss in Seitun, einem nördlich gelegenen Stadtviertel Gazas, sowie in den Flüchtlingssiedlungen Bureidsch und Maghasi. Die Hamas meldete zudem Gefechte aus Rafah.

Der Krieg im Gazastreifen war von einem Großangriff der dort herrschenden Hamas am 7. Oktober auf Israel ausgelöst worden. Die Islamisten töteten laut israelischen Angaben 1194 Menschen und verschleppten 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen.

Als Reaktion darauf geht Israel seit Oktober massiv militärisch im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die nicht unabhängig überprüft werden können, wurden dabei bislang mehr als 37.430 Menschen getötet.(afp/jst)

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