Stephan Ernst, Hauptangeklagter im Mord an Walter Lübcke, hat im Prozess den tödlichen Schuss gestanden. Ernst hatte die Tat schon bei seiner Vernehmung zugegeben, das Geständnis dann aber wieder zurückgezogen.
Im Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) hat der Hauptangeklagte Stephan Ernst den tödlichen Schuss auf den Politiker gestanden. "Ich habe geschossen", ließ Ernst am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main von seinem Anwalt erklären.
Ernst zeigte Reue für die Tat. "Was ich und H. ihnen angetan haben, wird immer unentschuldbar bleiben", ließ er er an die Familie Lübcke gerichtet mitteilen und bezog dabei seinen mitangeklagten mutmaßlichen Komplizen Markus H. ein.
"Was wir getan haben, war falsch", fügte Ernst hinzu. "Niemand sollte sterben, weil er eine andere Meinung hat." Er habe sich von "falschen Gedanken" leiten lassen und übernehme dafür Verantwortung. Die Tat bezeichnete er als "feige und grausam".
Insgesamt sind drei Verhandlungstage für die Aussage von Ernst und Rückfragen angesetzt. Die Einlassung verschob sich durch die Abberufung von Ernsts Verteidiger Frank Hannig.
Tat zunächst gestanden und dann widerrufen
Ernst hatte bereits bereits kurz nach seiner Festnahme die Tat gestanden, das Geständnis aber dann widerrufen und seinen mitangeklagten mutmaßlichen Komplizen Markus H. beschuldigt.
Ernst soll den CDU-Politiker 2019 aus rechtsextremistischen Motiven erschossen haben. Der Deutsche muss sich seit Juni vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt verantworten. Der zweite Angeklagte, Markus H., wird der Beihilfe beschuldigt. Der Prozess findet unter hohen Sicherheitsmaßnahmen statt. Wegen der Corona-Pandemie wurde zudem die Zahl der Besucher und Prozessbeobachter begrenzt.
Ernsts Ex-Verteidiger, dem die Pflichtverteidigung in der vergangenen Woche entzogen worden war, hatte ausführliche Aussagen angekündigt. (Az.: 5-2 StE 1/20, 5a - 3/20)
Mordfall Walter Lübcke: Schon vorher zwei unterschiedliche Versionen
Der mutmaßliche Täter hatte bereits in zwei Vernehmungen widersprüchliche Angaben zur Tat gemacht. Zuerst hatte er vor Kriminalpolizisten ein ausführliches Geständnis abgelegt.
Darin hatte er berichtet, wie er immer wieder allein zum Grundstück Lübckes gefahren sei, den er in der Mitverantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen im Regierungsbezirk Kassel und für islamistische Anschläge gesehen habe. Im Juni 2019 habe er dann Lübcke vor dem Wohnhaus des Politikers erschossen.
Dieses Geständnis hatte Ernst in einer zweiten Vernehmung widerrufen. Stattdessen hatte er geschildert, wie er mit H. zu Lübckes Wohnhaus gefahren sei. Sie hätten den Politiker nur einschüchtern und bedrohen wollen. Der Schuss habe sich dann versehentlich gelöst, als H. die Waffe gehalten habe. Beide Geständnisse von Ernst sind in der Verhandlung bereits als Video gezeigt worden.
Ernsts früherer Pflichtverteidiger, Frank Hannig, der noch die Aussage seines Mandanten für diesen Mittwoch angekündigt hatte, legte inzwischen Beschwerde gegen seine Abberufung ein. Das OLG Frankfurt leitete diese dem Bundesgerichtshof (BGH) zu.
Ernsts anderer Pflichtverteidiger, der Kölner Anwalt Mustafa Kaplan, hatte die Abberufung damit begründet, dass das Vertrauensverhältnis seines Mandanten zu dem Anwalt dauerhaft zerstört sei. (afp/dpa/ank)
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