Bisher speist sich die Rentenversicherung aus Beiträgen und Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt. Nun soll eine weitere Quelle hinzukommen. Künftig will die Regierung die Altersvorsorge mithilfe des Aktienmarktes stützen.

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Die Bundesregierung will ein Absinken des Rentenniveaus in der gesetzlichen Altersvorsorge auch künftig vermeiden. "Das werden wir verhindern", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung des neuen Rentenreformpakets der Regierung in Berlin. "Es wird keine Rentenkürzungen und keine Erhöhung des Renteneintrittsalters geben", betonte Heil. Das Herzstück der Altersvorsorge in Deutschland sei die gesetzliche Rente - "und wird es auch bleiben", versicherte der Minister.

Heil räumte allerdings ein, dass es wegen der demografischen Entwicklung ab Ende des Jahrzehnts zu einem Anstieg der Rentenbeiträge kommen werde. Dem wolle die Regierung durch das geplante neue "Generationenkapital" entgegensteuern. Die Einnahmen aus dem geplanten Fonds sollten "den Beitragsanstieg in der zweiten Hälfte der 30er Jahre bremsen".

Mit dem aktienbasierten "Generationenkapital" soll die gesetzliche Rente künftig eine weitere Finanzierungssäule neben Beiträgen und Zuschüssen aus Steuergeld bekommen. Dafür sollen jährlich Milliardenbeiträge in einen Fonds eingezahlt werden. 2024 sollen es zwölf Milliarden Euro sein, bis 2028 soll der Betrag schrittweise auf 15 Milliarden Euro ansteigen.

Lindner preist Update für Rentensystem an

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprach bei der Vorstellung am Dienstag von einem "Paradigmenwechsel", der "längst überfällig" sei. "Man hätte dies bereits vor 20 Jahren tun sollen", sagte Lindner. Derzeit unterstütze der Staat die Rentenversicherung mit mehr als 110 Milliarden Euro pro Jahr. Das sei fast ein Viertel des staatlichen Gesamtetats. Diese Entwicklung werde sich "in den kommenden Jahrzehnten weiter verschärfen", warnte der Finanzminister. "Die Finanzierung der Rente bleibt eine Daueraufgabe."

Das Rentensystem brauche daher "ein Update", sagte Lindner weiter. Bis Mitte der 2030er-Jahre geht er demnach von einem Gesamtvolumen des neuen Fonds von 200 Milliarden Euro aus, nachdem sich Rendite, Zinsen und Zinseszinsen angehäuft hätten. Dann seien die ersten Ausschüttungen geplant - zunächst jährlich zehn Milliarden Euro. Diese sollen weiter steigende Beitragssätze verhindern.

Beitragszahler und Altersrentner in der gesetzlichen Rentenversicherung - Entwicklung seit 1950
© AFP/ANNE CHROMIK

"Das ist noch nicht die alleinige Lösung für die Herausforderung der langfristigen Finanzierung der Rente", betonte Lindner. Es sei aber ein Baustein, der einen Unterschied mache. "Über ein Jahrhundert wurden die Chancen des Kapitalmarkts in der gesetzlichen Rentenversicherung liegengelassen", kritisierte er. "Jetzt nutzen wir sie."

Vorsichtsmaßnahmen sollen vor Turbulenzen am Finanzmarkt schützen

Die Zahlungen in den Fonds sollen zunächst mittels neuer Schulden finanziert werden. Lindner betonte jedoch, dass die Zinsen des Staates für Anleihen deutlich unter den zu erwartenden Renditen an den internationalen Kapitalmärkten lägen. Arbeitsminister Heil sagte, dass auch Vorsorgemaßnahmen getroffen worden seien, "falls uns der Himmel auf den Kopf fällt" - also für den Fall eines Zusammenbruchs der Finanzmärkte. Ins Detail ging Heil dabei nicht.

Die derzeit geltende Garantie für das Rentenniveau läuft 2025 aus. Die FDP dringt schon lange darauf, die Rentenversicherung durch eine kapitalgedeckte Komponente zu ergänzen. Lindner vermied dafür am Dienstag aber den umstrittenen Begriff Aktienrente. Der Gesetzentwurf solle bis Sommer in der Regierung und im Parlament beschlossen werden, sagte Heil.

Scholz erteilt Kürzungen bei Rente klare Absage

Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die Rentenreform derweil als "eine Frage des Anstands und des Respekts". Nicht nur gegenüber Rentnerinnen und Rentnern, sondern auch gegenüber denen, "die den Großteil ihres Berufslebens noch vor sich haben", wie er in seinem am Dienstag veröffentlichten Video-Podcast "Kanzler kompakt" sagte.

Es sei richtig, dass das Rentenniveau langfristig stabilisiert werde, "indem wir festschreiben, dass die Rente nicht unter ein bestimmtes Niveau absinken darf." Mit ihm werde es "keine Erhöhung des Renteneintrittsalters und auch keine Änderung bei der Regelung zur Rente nach 45 Beitragsjahren" geben, betonte der Kanzler weiter. "Beides wäre nichts anderes als eine Rentenkürzung für alle. Und dafür bin ich nicht zu haben." (afp/dpa/thp)

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