Wikileaks-Gründer Julian Assange kämpft seit Jahren gerichtlich gegen seine Auslieferung an die USA. Mehrere Jahre wohnte er in der Botschaft Ecuadors, bis ihm schließlich das Asyl entzogen wurde. Doch wie konnte es dazu kommen? Eine Chronologie der wichtigsten Ereignisse.

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Die Polizei in London hat den Wikileaks-Gründer Julian Assange in der Botschaft Ecuadors festgenommen. Der heute 47-jährige Australier hatte 2012 in dem Gebäude Zuflucht gesucht und Asyl beantragt.

Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse rund um Assanges Zeit in der Botschaft.

2010: Wikileaks veröffentlicht geheime Dokumente

Von Juli bis Oktober 2010 veröffentlichte die Enthüllungsplattform Wikileaks rund 470.000 als geheim eingestufte Dokumente. Diese haben mit diplomatischen Aktivitäten der USA und mit den Kriegen in Afghanistan sowie im Irak zu tun. Weitere 250.000 Dokumente kamen später noch hinzu. Dadurch wurde er für Washington zum Staatsfeind.

Im November bewirkte die schwedische Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm wurden Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen zwei Frauen vorgeworfen.

Assange wies die Anschuldigung zurück und stellte sich kurz darauf der Polizei in London. Bis zur Entscheidung über einen Auslieferungsantrag Schwedens kam er gegen Kaution auf freien Fuß.

2011: Gericht gibt Auslieferungsantrag statt

Im Februar 2011 gab ein britisches Gericht dem schwedischen Auslieferungsantrag statt. Assange äußerte sich besorgt: Er fürchtete, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte, wo ihm wegen der geleakten Dokumente ein Prozess und womöglich sogar die Todesstrafe drohte.

2012: Assange flieht in die Botschaft Ecuadors

Julian Assange tarnte sich als Bote und floh im Juni 2012 in die Botschaft Ecuadors in London und beantragte erfolgreich politisches Asyl. Ecuador bat die britische Regierung vergeblich um die Erlaubnis, Assange nach Quito auszufliegen. Seitdem lebte Assange in dem Gebäude.

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2016: Wikileaks veröffentlicht 20.000 E-Mails

Schwedische Ermittler scheiterten 2016 mit ihrem Anliegen, Assange in der Londoner Botschaft zu vernehmen. Eine UN-Arbeitsgruppe kam zu dem Schluss, dass Assange im Botschaftsgebäude "willkürlich inhaftiert" sei und dafür von Großbritannien und Schweden entschädigt werden müsse. Beide Länder wiesen die nicht bindende Entscheidung zurück.

Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlichte Wikileaks rund 20.000 E-Mails aus dem Parteiapparat der Demokraten. Sie stammten aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton.

2017: Staatsanwalt stellt Ermittlungen ein

Nach der Begnadigung von Chelsea Manning, einer Hauptquelle von Wikileaks, erklärte die Organisation 2017, Assange könne sich Ermittlungen in den USA stellen, wenn seine Rechte garantiert würden. Unterdessen stellte die Staatsanwaltschaft in Schweden die Ermittlungen gegen Assange ein.

Die britische Polizei wollte ihn allerdings weiterhin festnehmen, weil er seine Kautionsauflagen verletzt hatte. Assange bekam die ecuadorianische Staatsangehörigkeit, allerdings scheiterte die Regierung in Quito mit ihrem Anliegen, bei den britischen Behörden Diplomatenstatus für Assange anzumelden.

Das hätte ihm ermöglicht, das Botschaftsgebäude zu verlassen, ohne festgenommen zu werden.

2018: Kommunikationszugänge werden gekappt

Ecuador erklärte 2018, es sei auf der Suche nach einem Vermittler, um Assanges "unhaltbare" Situation zu beenden. Ein Antrag, den Haftbefehl aus gesundheitlichen Gründen zurückzuziehen, scheiterte.

Im März kappte das Botschaftspersonal dann Assanges Kommunikationszugänge, weil er sich in die Angelegenheiten anderer Länder eingemischt habe. Ein Wikileaks-Anwalt beschrieb Assanges Lebensumstände als "unmenschlich".

Im Oktober erlag Ecuador Assange neue Verhaltensregeln auf und warnte, eine Verletzung der Vorgaben könne zum Entzug des Asyls führen. Unterdessen tauchte in den USA ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde.

2019: Assange wird Asyl entzogen und festgenommen

Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl "wiederholt verletzt". Nach sieben Jahren in der Botschaft nimmt die britische Polizei Assange im April fest, nachdem ihm zuvor das Asyl entzogen wurde. Im Mai wird der Australier zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt.

Ende Mai verschärft die US-Justiz ihre Anklage gegen Assange. Dem Wikileaks-Gründer werden nun auch Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze vorgeworfen.

2020: Hauptanhörung gegen Assange startet

Ende Februar beginnt in London die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren gegen Assange. Im April wird bekannt, dass der Wikileaks-Gründer während seines Asyls in der Botschaft von Ecuador zweimal Vater wurde. Das enthüllt die Mutter der beiden kleinen Jungen, Stella Moris. Sie war Mitglied von Assanges Anwaltsteam und ist nach eigenen Angaben seit 2017 mit ihm verlobt.

Anfang September wird das wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Auslieferungsverfahren fortgesetzt. Ein Psychiater bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen.

2021: Sorge, dass sich Assange in US-Haft das Leben nehmen könnte

Das zuständige Londoner Gericht entscheidet am 4. Januar, dass Assange nicht in die USA ausgeliefert werden darf. Wegen der strikten Haftbedingungen in den Vereinigten Staaten bestehe das "beträchtliche" Risiko, dass sich Assange im Gefängnis das Leben nehmen könnte. Die US-Regierung legt Berufung ein.

Im Dezember gibt der High Court in London der US-Seite recht und hebt das Auslieferungsverbot auf. Kurz darauf gibt Assanges Verlobte Moris bekannt, dass der Wikileaks-Gründer Ende Oktober einen leichten Schlaganfall erlitten habe.

2022: Supreme Court in London will sich nicht mit Fall Assange befassen

Assange zieht im Januar vor den Supreme Court in London. Am 14. März entscheidet das Oberste Gerichtshof jedoch, sich nicht mit dem Berufungsantrag des Australiers gegen seine Auslieferung zu befassen.

Am 23. März heiraten Assange und Moris. Sie geben sich im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons das Ja-Wort.

Am 20. April erlässt der Westminster Magistrates Court schließlich einen Auslieferungsbeschluss. Am 17. Juni unterzeichnet Innenministerin Priti Patel die entsprechende Anweisung zur Auslieferung. Dagegen legt Assange Anfang Juli Berufung ein.

2024: Der Fall Assange landet vor dem Londoner High Court

Vor dem High Court in London ist für den 20. und 21. Februar eine Anhörung angesetzt. Sollte der Einspruch abgelehnt werden, würde das Auslieferungsverfahren gegen Assange beginnen. Seine Unterstützer haben für diesen Fall jedoch angekündigt, vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu ziehen, um die Auslieferung aussetzen zu lassen.

Ein Hacker, der "die Presse befreien will"

Assange begeisterte sich bereits früh für Computertechnik. Er studierte in Melbourne Mathematik, Physik und Informatik.

Mit Begabung und Fleiß wurde er zum erfolgreichen Hacker: Unter dem Pseudonym "Mendax" - dem lateinischen Wort für "lügnerisch" - hackte er die Internetseiten der Nasa und des Pentagons.

Bei der Gründung von Wikileaks 2006 war Assange eine zentrale Figur. Mit der Plattform wollte er nach eigenem Bekunden "die Presse befreien" und Fälle von staatlichem Machtmissbrauch aufdecken. (afp/dpa/ff/ank)

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