Ein Krieg zwischen den USA und dem Iran? Weitere Angriffe? Wirtschaftssanktionen? Beide Seiten haben viele Optionen, einander Schaden zuzufügen. Vorerst sieht es nicht nach einer solchen Total-Konfrontation aus. Die Lage bleibt jedoch unberechenbar.
Nach dem iranischen Vergeltungsangriff gegen US-Truppen im Irak zeigen weder Washington noch Teheran den Willen zur maximalen Eskalation. Doch US-Präsident
Krieg zwischen den USA und dem Iran
Ein Krieg zwischen beiden Ländern wäre nach Ansicht von Militärexperten in seinem Umfang weitaus schlimmer als vorherige Kriege, wie etwa im Irak. Angesichts der geopolitischen Lage des Irans, der vielen Akteure und Querverbindungen im Nahen Osten und der Nuklearaktivitäten Teherans könnte ein solcher Krieg immenses Chaos in der gesamten Region auslösen und enorm viele Menschenleben kosten. So beteuern vorerst beide Seiten, dass sie das vermeiden wollen. Trump verspricht seit jeher, er wolle die "endlosen" Kriege der USA beenden. Mitten im US-Wahljahr einen neuen zu beginnen, stünde dem fundamental entgegen. So streckt er - jenseits der neuen Sanktionen - zunächst verbal die Hand Richtung Teheran aus und sagt, die USA seien bereit zum Frieden mit allen, die dies wollten.
Weitere direkte Angriffe des Irans
Die iranische Führung beteuert, dass sie vorerst keine weiteren Attacken im Sinn hat. Doch der iranische Präsident Hassan Ruhani droht: "Falls die Amerikaner weitere Angriffe und Verbrechen gegen den Iran planen sollten, werden wir eine Antwort geben, die noch härter ist als der heutige Angriff." Für direkte Attacke des Irans bieten sich vor allem Ziele im benachbarten Irak an, wo rund 5000 US-Soldaten an verschiedenen Standorten im Einsatz sind, die dort die irakische Armee im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) unterstützen.
Denkbar wären auch Bombardierungen gegen den engen US-Verbündeten Saudi-Arabien, ähnlich der Angriffe auf wichtige Ölanlagen im vergangenen Jahr, die auch dem Iran zur Last gelegt wurden. Allerdings hat Riad in den vergangenen Monaten in der Iran-Frage zurückhaltender agiert. Mit der Straße von Hormus bietet sich für den Iran auch eine der wichtigsten weltweiten Schifffahrtsrouten als Ziel an. Sie ist für den Öltransport sehr bedeutend. Der Iran könnte auch zu seiner Strategie zurückkehren, seine engen Verbündeten in den Nachbarländern handeln zu lassen.
Weitere Wirtschaftssanktionen gegen Teheran
Seit dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran setzt Washington Teheran mit massiven Wirtschaftssanktionen zu, um das Land in die Knie zu zwingen und zu verhindern, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen kommt. Die iranische Regierung spricht von einem "Krieg gegen die Wirtschaft" ihres Landes. Die US-Regierung hat immer wieder betont, diese "Kampagne maximalen Drucks" werde weitergehen. Genau diesen Weg schlägt Trump nun ein und will als Reaktion auf die jüngste iranische Attacke weitere Sanktionen gegen Teheran verhängen. Details blieben zunächst unklar. Die USA haben einen großen Teil ihres Repertoires hier bereits ausgeschöpft. Die zuletzt verhängten Sanktionen waren kleinteilig. Welche Hebelkraft neue Strafmaßnahmen entfalten werden, bleibt also abzuwarten.
Militärische Operationen der USA
Die US-Regierung hat mehrfach deutlich gemacht, dass sie jederzeit bereit sei, mit militärischer Härte auf Provokationen der Iraner zu reagieren. Zunächst will Trump aber auf eine militärische Antwort verzichten. Bei der Entscheidung dürfte eine wichtige Rolle gespielt haben, dass Teheran bei seinem Angriff im Irak nicht mit voller Wucht zuschlug und wohl gezielt das Ausmaß von Schäden und Opfern gering hielt. Niemand kam ums Leben. Trump sagt, die USA wollten ihre militärische Stärke nicht anwenden. Er betont aber, das US-Militär sei mächtig und jederzeit auf alles vorbereitet.
Milizen im Irak
In dem Nachbarland ist der Einfluss des Irans besonders groß. Zahlreiche Milizen pflegen enge Kontakte nach Teheran. Unter ihnen ist die Wut auf Washington groß, weil bei dem Angriff auf den iranischen Top-General Ghassem Soleimani auch ihr hoher Anführer Abu Mahdi al-Muhandis getötet worden war. Ein Milizenführer drohte am Mittwoch, deren Antwort werde nicht kleiner sein als die des Irans. Im Hintergrund sollen Bemühungen laufen, die Milizen in einer gemeinsamen Front zu vereinen, um so einen Abzug der US-Truppen aus dem Land zu erreichen. Das wäre ein großer Erfolg für Teheran. Schon in den vergangenen Monaten sollen die Milizen mehrfach US-Truppen im Irak attackiert haben. Sie unterstehen zwar offiziell der Regierung in Bagdad, agieren aber praktisch unabhängig.
Verbündete in Syrien
Auch in dem Bürgerkriegsland hat der Iran eine starke Hand im Spiel. Teheran ist in dem Konflikt ein wichtiger Verbündeter der Regierung, die von den USA den Abzug ihrer Truppen fordert. Die US-Armee ist vor allem im Osten des Landes im Einsatz, wo sie zusammen mit lokalen und von Kurden angeführten Truppen weiter gegen den IS kämpft, aber auch Ölquellen sichert. Teheran wiederum unterstützt in Syrien zahlreiche lokale und ausländische Milizen, die in den USA einen Erzfeind sehen. Dazu zählt unter anderem die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah, die in Syrien im Einsatz ist. Bislang scheiterten jedoch die meisten Versuche der Regierung und Milizen, die militärisch hoch überlegenen US-Truppen in dem Bürgerkriegsland anzugreifen. Die Hisbollah könnte allerdings auch an einer anderen Front aktiv werden.
Hisbollah-Angriffe auf Israel
Die Schiiten-Miliz sieht im US-Verbündeten Israel einen Erzfeind, den sie gerne auslöschen würde. Kleinere Zusammenstöße im vergangenen Jahr weckten Sorge vor einer größeren Konfrontation beider Seiten, die sich zuletzt 2006 in einem Krieg bekämpften. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah drohte am Sonntag, die USA würden für den Angriff auf Soleimani den Preis bezahlen. Auch das iranische Militär selbst drohte mit Angriffen auf Israel. Allerdings hat die Hisbollah derzeit kein wirkliches Interesse an einem militärischen Konflikt mit dem verhassten Nachbarn. Die Miliz ist weiterhin im syrischen Bürgerkrieg im Einsatz, wo die Regierung das letzte große Rebellengebiet Idlib einnehmen will. Vor allem aber leidet der Libanon derzeit unter der schwersten politischen und wirtschaftlichen Krise seit Ende des Bürgerkriegs vor 20 Jahren. (ash/dpa)
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