Union und SPD haben vor allem beim Thema Migration mit harten Bandagen verhandelt. Für den Verteidigungsminister der SPD und Mitverhandler, Boris Pistorius, verliefen die Gespräche wenig erfreulich.

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Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt angesichts der unterschiedlichen Auslegungen der Sondierungsergebnisse von Union und SPD vor einem nationalen Alleingang in der Asylpolitik. "Die Zurückweisungen an den deutschen Grenzen bauen wir weiter aus. Dabei beachten wir das europäische Recht und handeln in Abstimmung mit unseren Nachbarstaaten", sagte die SPD-Politikerin der Funke Mediengruppe.

Faeser fordert Zurückweisungen im Einklang mit den Nachbarstaaten

Das sei entscheidend, damit diese Zurückweisungen nicht binnen kurzer Zeit von Gerichten gestoppt würden und damit sie auch praktisch funktionierten. "Denn wenn unsere Nachbarstaaten Personen nicht zurücknehmen, scheitern die Zurückweisungen", sagte Faeser. Die Bundespolizei arbeite bereits jetzt eng mit den Grenzpolizeien der Nachbarstaaten zusammen. "Nationale Alleingänge würden genau das aufs Spiel setzen."

Hintergrund ist eine Passage im Ergebnispapier der Sondierungen: An den Landgrenzen sollen künftig auch Menschen zurückgewiesen werden, die ein Asylgesuch stellen – allerdings nur "in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn", wie es darin heißt. Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte gesagt, "Abstimmung" erfordere nicht Zustimmung, notfalls könne auch gegen den Willen der Nachbarländer gehandelt werden. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Saskia Esken interpretiert die Formulierung anders und nannte Zurückweisungen im Alleingang "brandgefährlich".

Ähnlich sieht das auch Faeser. "Die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei arbeiten mit den Grenzpolizeien unserer Nachbarstaaten eng zusammen und verhindern so erfolgreich unerlaubte Einreisen, stoppen Schleuser und nehmen Kriminelle an den Grenzen fest", sagte sie. Nationale Alleingänge würden genau das aufs Spiel setzen.

Pistorius berichtet von "unangenehmen" Gesprächspartnern

Im Streit zwischen Union und SPD über die Auslegung der gemeinsamen Sondierungsvereinbarungen zur Migrationspolitik hat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Verhandler der Union einem Bericht zufolge scharf kritisiert. "Ich sag's Euch wie es ist: Diese Gesprächspartner waren die mit Abstand unangenehmsten. Humanität und Verantwortung für andere Menschen? Null komma null", sagte Pistorius nach Informationen des "Stern" am Montag in der Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion.

Der Minister nannte dabei namentlich zwei der Top-Verhandler der Union, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und den Parlamentarischen Geschäftsführer Thorsten Frei. "Ich sage es Euch: Dobrindt und Frei, sie sind wirklich unangenehm. Sie haben kein Gewissen", sagte Pistorius.

Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche zum Thema Asyl verteidigte Pistorius. Man habe die schlimmsten Sätze aus dem Sondierungspapier "rausgekegelt", berichtete er vor der Fraktion. Zwar habe die Union erreicht, dass der Begriff der Begrenzung wieder ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden soll, dabei handelt es sich laut Pistorius jedoch um ein "Placebo". "Das hat null Wirkung. Gar keine." Gemessen am 16-Prozent-Wahlergebnis der Sozialdemokraten hätten die SPD-Verhandler herausragende Erfolge erzielt. "Wir haben sie nicht eine Sekunde in unseren Vorgarten gelassen."

Die Union hatte im Wahlkampf eine Verschärfung der Migrationspolitik und eine Verringerung der Zuzugszahlen in Aussicht gestellt. In ihrem am Samstag veröffentlichten Sondierungspapier, das die Grundlage für Koalitionsverhandlungen bilden soll, hatten Union und SPD unter anderem vereinbart, dass eine "Begrenzung" der Einwanderung als Ziel ins Aufenthaltsgesetz geschrieben werden soll. Allerdings ist zwischen den Verhandlern ein Streit über die Auslegung der gemeinsamen Sondierungsvereinbarungen zur Migrationspolitik entbrannt. (afp/dpa/bearbeitet von the)