Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann zeigt sich gegenüber der Forderung nach Abschiebungen von afghanischen Straftätern und Gefährdern skeptisch. "Jeder, der das formuliert, muss sagen, wie es gehen soll", sagte sie am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk. Der Grundsatz sei zwar klar: "Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, müssen nach Verbüßung dieser Strafe auch abgeschoben werden". Haßelmann stellte aber infrage, ob mit den in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban über ein Abschiebeabkommen verhandelt werden sollte.
Den Vorschlag, Straftäter oder Gefährder stattdessen in Nachbarländer Afghanistans abzuschieben, also etwa nach Pakistan oder Turkmenistan, sieht die Grünen-Politikerin ebenfalls skeptisch. "Für welches Drittland soll es attraktiv sein, Terroristen oder schwere Straftäter aufzunehmen?", fragte Haßelmann. Sie forderte stattdessen weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Islamismus, wie eine Schließung des umstrittenen Islamischen Zentrums Hamburg, eine Verschärfung des Waffenrechts und die Stärkung der Sicherheitsbehörden.
Der kriminalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Fiedler, sprach sich indes klar für eine Abschiebung von Straftätern aus. "Wenn es in Anführungszeichen normale Flüge nach Afghanistan gibt, dann gibt es für mich da zunächst einmal keinen Grund, Afghanistan hier auszuschließen", sagte er am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin".
Auslöser der Debatte ist die tödliche Messerattacke eines Afghanen. Der 25-Jährige hatte vergangene Woche bei einer islamkritischen Kundgebung in Mannheim mehrere Menschen mit einem Messer verletzt, darunter einen 29-jährigen Polizisten, der später an seinen Verletzungen starb.
Aus mehreren Bundesländern kam anschließend die Forderung, Abschiebungen in Länder wie Afghanistan oder Syrien wieder zu erlauben. Innenminister Nancy Faeser (SPD) prüft das derzeit. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dürfte sich am Donnerstag im Bundestag in einer Regierungserklärung zu der Debatte äußern. © dpa
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