- Die geplante Energiepreispauschale der Bundesregierung soll bisher nicht für Rentnerinnen und Rentner gelten.
- Sozialverbände und Wirtschaftswissenschaftler kritisieren das und fordern eine Änderung der Pläne.
- Grüne und FDP verweisen unter anderem auf die anstehende Rentenerhöhung.
Sozialverbände und Wirtschaftswissenschaftler haben die Bundesregierung angesichts gestiegener Kosten aufgefordert, die geplante Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro auch Rentnerinnen und Rentnern zukommen zu lassen. Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, sagte am Freitag, bei der Pauschale vergesse die Koalition wieder einmal diese Bevölkerungsgruppe. "Gerade Seniorinnen und Senioren mit kleinen Renten sind besonders auf das Geld angewiesen, weil sie am Ende des Monats nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen", so Bentele. Deshalb fordert der VdK die direkte Auszahlung eines Rentenaufschlags von 300 Euro.
Die Chefs der Wirtschaftsforschungsinstitute DIW und IW sagten der "Rheinischen Post", die Energiepreispauschale dürften nicht nur Erwerbstätige bekommen. Sie ein sehr gutes Instrument, das allen Menschen zugutekommen solle, sagte Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Zudem müsse die Pauschale deutlich erhöht werden: "Denn über die kommenden zwei Jahre werden die zusätzlichen Energiekosten der meisten Menschen die 300 Euro um ein Vielfaches übersteigen." Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, sagte wiederum, es gebe keinen Grund, Rentnerhaushalte von den Plänen auszunehmen.
Bundesregierung hat zwei "Entlastungspakete" beschlossen
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte sich vor einem Monat angesichts der gestiegenen Energiepreise auf ein weiteres "Entlastungspaket" geeinigt. Dieses sieht unter anderem vor, dass die Energiesteuer auf Kraftstoffe befristet für drei Monate auf das europäische Mindestmaß gesenkt wird. Außerdem soll jeder einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige, der in den Steuerklassen 1 bis 5 einsortiert ist, eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto bekommen. Das Geld wird vom Arbeitgeber als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt, bei Selbstständigen wird die Steuer-Vorauszahlung gesenkt. Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer.
Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, hatte bereits direkt nach den Beschlüssen darauf verwiesen, dass die Energiepauschale nur steuerpflichtigen Erwerbstätigen zugutekommen solle. "Das schließt den weit überwiegenden Teil der Rentnerinnen und Rentner aus", hieß es in einem offenen Brief an die Vorsitzenden der Ampelparteien sowie Bundesminister. Dies sei eine "große Leerstelle" und inakzeptabel.
Grüne und FDP verweisen auf Rentenerhöhung
Der rentenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Markus Kurth, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), in der Tat sei es sehr bedauerlich, dass die Rentnerinnen und Rentner nicht bei der Energiepreispauschale Berücksichtigung gefunden hätten: "Augenscheinlich gab es da große Widerstände aus dem Finanzministerium", sagte er mit Blick auf Minister Christian Lindner (FDP). Der Politiker verwies aber auf die Rentenerhöhung zum 1. Juli um 5,35 Prozent (Westdeutschland) beziehungsweise 6,12 Prozent (Ostdeutschland). Diese Erhöhung solle trotz der hohen Inflation "nicht kleingeredet" werden, so Kurth, der außerdem die temporäre Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe sowie die Ticketpreissenkung im Bereich des ÖPNV für drei Monate anführte. Der FDP-Abgeordnete Christoph Meyer verwies ebenfalls auf die Rentenerhöhung und sagte, auch Seniorinnen und Senioren würden von der Senkung der Energiesteuer sowie dem 9-Euro-Monatsticket profitieren. Die Koalition lasse die Rentner nicht im Stich.
In einem ersten "Entlastungspaket" hatte die Koalition beschlossen, dass im Sommer die EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms über die Stromrechnung abgeschafft werden soll. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kam in einer Studie aber zum Ergebnis, dass für ältere Menschen nur ein geringer Teil der energiepreisbedingten Mehrausgaben staatlich ausgeglichen werde. Die steigenden Renten würden die gestiegenen Preise nicht ausgleichen, so das Ergebnis. Darüber hinaus müsse man beachten, dass die Renten im vergangenen Jahr nicht gestiegen seien.
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