Die politische Krise in Thüringen geht weiter. Die ehemalige CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht steht nicht mehr für eine Übergangsregierung zur Verfügung. Sie forderte zugleich ihre eigene Partei auf, Linken-Politiker Bodo Ramelow zu unterstützen.
Thüringens ehemalige CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht steht nicht mehr für eine Übergangsregierung mit dem Ziel schneller Neuwahlen zur Verfügung. Grund seien die sehr unterschiedlichen Vorstellungen von Linke, SPD und Grünen sowie der CDU über den Zeitpunkt von Neuwahlen, sagte Lieberknecht am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
Sie habe über ihre Entscheidung sowohl Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow als auch CDU-Vize
Bei den Verhandlungen zwischen Linke, SPD und Grünen sowie der CDU am Dienstag sei deutlich geworden sei, dass sich die Interessen beider Gruppen bezüglich schneller Neuwahlen "diametral gegenüberstehen", sagte Lieberknecht. "Der Gegensatz ist nicht auflösbar, auch wenn weiter über einen Kompromiss verhandelt wird." Sie nehme deshalb "ihren Namen aus der Debatte".
"Wer keine Neuwahlen will, muss Ramelow zur Mehrheit verhelfen"
Sie sehe nun nur noch einen Weg: "Wer keine Neuwahlen will, muss Bodo Ramelow zu einer Mehrheit im Landtag verhelfen." Die CDU-Politikerin, die in Thüringen seit 1990 auch Ministerin, Landtagspräsidentin und Parteichefin war, forderte ihre Partei auf, eine "verlässliche parlamentarische Vereinbarung mit der Linken" zu schließen. Das sei ihrer Meinung nach der einzige Weg, um zu stabilen politischen Verhältnissen in Thüringen zu kommen.
Diese Vereinbarung dürfte sich nicht nur auf die Wahl Ramelows zum Ministerpräsidenten beziehen, sondern müsste ein "dauerhaft verlässliches Regierungshandeln ermöglichen".
Linke, SPD und Grüne fehlen im Landtag vier Stimmen für eine eigene Mehrheit, die drei Parteien sind auf die Stimmen der CDU angewiesen.
Unterschiedliche Auffassungen zu Neuwahlen
Anders als Rot-Rot-Grün favorisierte die CDU am Dienstag eine komplette Übergangsregierung mit Ramelows Amtsvorgängerin Lieberknecht. Sie sollte zunächst für einen beschlossenen Haushalt sorgen und erst dann Neuwahlen einleiten.
Alle Parteien im Thüringer Landtag sind sich zwar einig, dass es in Thüringen Neuwahlen geben soll. Allerdings bestehen große Diskrepanzen über den Zeitpunkt.
Der Hintergrund: Linkspartei, SPD und die AfD können laut aktuellen Umfragen voraussichtlich mit einem Aufschwung bei Neuwahlen rechnen. CDU, Grüne und FDP müssten hingegen eher Verluste befürchten.
Lieberknecht wirbt indirekt für Tabubruch
Lieberknecht warb mit ihrer Aufforderung zur Unterstützung Ramelows indirekt für einen Tabubruch. Sie kenne den Unvereinbarkeitsbeschluss ihrer Partei, der eine Zusammenarbeit nicht nur mit der AfD, sondern auch mit der Linken ausschließt. Aber sie sehe auch, dass die reale politische Situation in Thüringen zu berücksichtigen sei.
Ähnlich äußerte hatte sich auch CDU-Landespartei- und Fraktionschef Mike Mohring bereits mehrfach geäußert. Er wiederholte am Dienstag seine Kritik an dem Beschluss. "Kann so ein Parteitagsbeschluss mehr wirken als das Wohle des Landes?", fragte der 48-Jährige.
Zugleich bedauerte er die Entscheidung Lieberknechts. Man habe am Dienstag gemeinsam überlegt, wie ein guter Übergang geschaffen werden könne. "Wenn das jetzt nicht zusammenkommt, wäre das sehr bedauerlich, weil Frau Lieberknecht eine gute Kandidatin wäre, diesen Übergang gut zu moderieren", sagte Mohring. (dpa/mf)
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