Mit kreativen Aktionen attackieren Hunderttausende Jugendliche den Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump. Die Teenager verabreden sich vor allem über die Plattform TikTok, viele von ihnen sind Fans der Musikrichtung K-Pop. Aber wieso haben ausgerechnet sie es auf Trump abgesehen?

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"Zu eurer Information: Alle Trump-Baseballs sind ausverkauft, weil ich welche im Wert von 9.000 Dollar in meinem Warenkorb liegen habe – ohne sie zu kaufen." Das verkündete "Jocelyn" bei Twitter.

"Damo" antwortete: "Die Wasserflaschen sind nicht mehr verfügbar. Sie sind in meinem Warenkorb." Auch bei TikTok erklärten Mitglieder, dass sie Mützen oder Shirts mit Emblem des US-Präsidenten im virtuellen Einkaufswagen liegen haben. Unzählige solcher Posts gab es auf Social-Media-Seiten in den letzten Tagen.

Die Nutzer hatten damit erneut den US-Präsidenten getrollt: Sie taten im offiziellen Shop zum Wahlkampf und im "Trumpstore" so, als würden sie etwas kaufen. Die Bestellungen schickten sie aber nicht ab. Die Folge: Die Artikel wurden als ausverkauft angezeigt. Trump-Fans, die dort einkaufen wollten, hatten das Nachsehen.

Fantasievoll gegen Trumps Wahlkampf

Der friedliche und kreative Coup war nicht der erste virtuelle Angriff einer großen Gruppe junger Internetnutzer auf den Präsidenten. Vor dessen Wahlkampfveranstaltung in der US-Stadt Tulsa reservierten Tausende sich Gratistickets, tauchten aber nicht auf. Viele Plätze im Stadion blieben leer.

Dabei hatte das Trump-Team vorher geprahlt, dass eine Million Menschen sich registriert hätten. Das Datum des Events hatte für Unmut gesorgt: Fast 100 Jahre zuvor hatte ein weißer Mob in der Stadt 300 schwarze Amerikaner ermordet.

Die Teenager verabreden sich für ihre Proteste vor allem auf der Minivideo-Plattform TikTok: Dort ruft jemand zu einer Aktion auf, weitere teilen die Posts. Wieder andere nehmen eigene Clips auf und zeigen ihre Erfolge – im typischen TikTok-Stil. Sie tanzten beispielsweise vor der Kamera, im Hintergrund war die Reservierung auf dem Computerdisplay zu sehen.

"Solche Aktionen entstehen meistens spontan. Es ist kaum vorherzusagen, welche groß wird und welche ungesehen verpuffen wird", erklärt Felix Beilharz. "Oft rufen ein oder mehrere Influencer dazu auf und andere hängen sich dran." Je größer Anfangsreichweite und Beliebtheit der Initiatoren sei, desto höher die Chance, dass der Aufruf sich viral verbreite.

Warum TikTok im Zentrum der Aktionen steht

Dass ausgerechnet auf TikTok solche Kampagnen entstehen, ist nur auf den ersten Blick erstaunlich. Auf der chinesischen Plattform sind vor allem unterhaltsame, höchstens 60-sekündige Kurzvideos zu sehen: Nutzer zeigen Tanzbewegungen, bewegen die Lippen zu Musik oder legen andere bei Streichen rein.

800 Millionen aktive Nutzer hat TikTok inzwischen und gehört damit zu beliebtesten Social-Media-Portalen weltweit, vor allem bei Jüngeren. Das ist laut Beilharz auch der Grund, warum die Aktionen von dort ausgehen: "TikTok ist einfach momentan so beliebt und viele junge Menschen verbringen einen Großteil ihrer Online-Zeit auf diesem Kanal." Darüber hinaus lebt TikTok von unzähligen "Challenges": Nutzer fordern sich gegenseitig heraus, etwas zu tun und das zu filmen – etwa, zu einem bestimmten Song zu tanzen.

K-Pop-Fans als Motor der viralen Kampagnen

Aber nicht nur TikTok spielt für die Anti-Trump-Aktionen eine zentrale Rolle, sondern auch eine Popmusikrichtung, die in Südkorea ihren Ursprung hat. Denn initiiert und weitergetragen haben die Kampagnen vor allem Fans von K-Pop. Zu deren erfolgreichsten Vertretern gehört die auch im Westen bekannte Boyband BTS.

Einige K-Popstars engagieren sich laut CNN für politische oder soziale Belange. BTS etwa spendeten eine Million US-Dollar, um die "Black Lives Matter"-Bewegung zu unterstützen. Die Fans der Band, die sich "ARMY" nennen, sammelten ebenfalls Geld – so kam eine weitere Million US-Dollar zustande. Vor der Trump-Rally hatte eine TikTok-Nutzerin explizit die BTS-ARMY aufgefordert, sich dem Protest anzuschließen. Allein dieser Clip hatte fast 120.000 Likes.

Hyperaktive und gut vernetzte Community

Unzählige K-Pop-Fans unterstützten "Black Lives Matter" mit weiteren Online-Aktionen. Unter dem Hashtag #WhiteLivesMatter posteten sie Zehntausende Bilder ihrer Lieblingsstars. Damit verdrängten sie Posts rechter Nutzer, die den Hashtag genutzt hatten. Als die Polizei in Dallas dazu aufforderte, illegale Aktivitäten während der "BlackLivesMatter"-Proteste zu melden, fluteten die Fans die Polizei-App mit K-Pop-Videos.

"K-Pop-Fans sind schon lange als sehr kreativ, sehr aktiv und vor allem auch sehr technisch versiert bekannt", sagt Social-Media-Experte. Normalerweise nutzen sie diese Fähigkeiten, um ihre Lieblingsbands zu promoten. Beilharz sagt: "Es handelt sich um eine sehr eng vernetzte, hyperaktive Community, wodurch solche Aktionen überhaupt erst funktionieren können."

Neue Aktion: Donald Trumps Sohn Barron retten

Die TikTok- und K-Pop-Gemeinde hat schon wieder eine neue Kampagne gestartet: Unter dem Hashtag #savebarron2020 posten Nutzer Videos zu Barron Trump, dem Sohn des US-Präsidenten. Sie glauben, dass der 14-Jährige unglücklich ist, weil er nicht zur restlichen Trump-Familie passe.

Deshalb posten sie aufmunternde Botschaften für ihn und zeigen Fotos, auf denen er traurig schaut. Es gibt diverse Hashtags für die TikTok-Clips. Allein die mit #savebarron2020 markierten Videos wurden bereits mehr als 330 Millionen Mal aufgerufen. (Stand: 1. Juli, morgens).

Verwendete Quellen:

Blackpink, K-Pop, Band, Südkorea, Girl-Band, Empire Polo Club, Coachella Music & Arts Festival

Blackpinks Hit "How You Like That" sorgt für Rekordzahlen auf YouTube

K-Pop wird auch außerhalb Südkoreas immer beliebter. Rosé, Jisoo, Lisa und Jennie schießen mit ihrem Hit "How You Like That" wie ein Komet am Muskihimmel empor. Die Rekord-Abrufzahlen auf YouTube sprechen für sich. (Teaserfoto: Amy Harris/Invision/picture alliance/AP-Photo)
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