13 Jahre lang stand das deutsche Botschaftsgebäude in Syrien leer. Nur ein syrischer Hausmeister hielt die Stellung. Jetzt hat Deutschland wieder eine Adresse in Damaskus.
Gut drei Monate nach dem Sturz des syrischen Langzeitherrschers
Baerbock will Neuanfang mit Syrien
Im Dezember war der syrische Langzeitherrscher Assad nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg von einer Rebellenallianz unter Führung der Islamistengruppe Halat Tahrir al-Scham gestürzt worden. Nun wird das Land von einer Übergangsregierung um den Präsidenten Ahmed al-Scharaa geführt, von der man noch nicht weiß, wo sie hinsteuert. Erst vor zwei Wochen hatte eine Militäraktion gegen Assad-Anhänger in der Küstenregion im Nordwesten des Landes mit hunderten Toten für neues Misstrauen gesorgt.
Ein syrischer Hausmeister hielt die Stellung
In der deutschen Botschaft in Damaskus arbeiteten früher 25 bis 30 entsandte Diplomaten und rund 20 lokale Angestellte. Sie war damit eine Auslandsvertretung mittlerer Größe. 2012 wurde sie aus Sicherheitsgründen geschlossen und stand seitdem leer. Als Baerbock das Gebäude bei ihrem ersten Besuch in Damaskus nach dem Sturz Assads im Januar besichtigte, hing noch ein Bild des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff (Amtszeit 2010 bis 2012) an der Wand. In den vergangenen Jahren kümmerte sich ein lokaler Angestellter um das Gebäude, der bereits seit 26 Jahren für die Botschaft arbeitet.
Geleitet werden soll die Vertretung nun zunächst von dem Diplomaten Stefan Schneck, der dann als Geschäftsträger fungiert. Ein Botschafter soll erst später benannt werden.
Visavergabe weiter von Beirut aus
Mit der Präsenz vor Ort könne man zum Beispiel den wichtigen Kontakt zur Zivilgesellschaft besser pflegen und direkt und unmittelbar auf gravierende Fehlentwicklungen reagieren, heißt es aus dem Auswärtigen Amt. Die Erteilung von Visa soll wie auch in den letzten Jahren die Botschaft im libanesischen Beirut übernehmen.
Das bisherige Botschaftsgebäude kann derzeit nur punktuell für Gespräche genutzt werden. Das Tagesgeschäft findet an einem anderen Ort statt, der aus Sicherheitsgründen geheim gehalten wird. Ob die Botschaft irgendwann wieder ganz genutzt werden kann, ist noch offen.
Das hängt auch von der weiteren Entwicklung der Lage in Syrien ab. Befriedet ist das Land noch lange nicht. Anfang des Monats griffen bewaffnete Anhänger der gestürzten Assad-Regierung Sicherheitskräfte an, worauf die Übergangsregierung mit einer großen Militäroperation reagierte. Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sollen rund 1.500 Menschen getötet worden sein, ein Großteil davon Zivilisten.
Die Übergangsregierung sah hinter dem Gewaltausbruch einen Versuch der Assad-Loyalisten, das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen. Ziel der Militäraktion sollen überwiegend Alawiten gewesen sein, eine Glaubensgemeinschaft, der auch Assad angehört. Die Beobachtungsstelle sprach von regelrechten "Massakern".
Baerbock spricht von "schlimmem Verbrechen"
Baerbock nannte die gezielte Tötung von Zivilisten ein "schlimmes Verbrechen" und forderte die Übergangsregierung auf, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Gleichzeitig forderte sie die Aufarbeitung der Assad-Verbrechen. "Das Land zu befrieden, Keimzellen von Extremismus und Terrorismus weiter zu bekämpfen, den politischen Übergang entschieden voranzutreiben und den Menschen rasch wirtschaftliche Perspektiven zu bieten – das ist die Mammutaufgabe, vor der die syrische Übergangsregierung unter Ahmed al-Scharaa steht", sagte sie. (dpa/bearbeitet von mbo)
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels wurde berichtet, dass überwiegend Aleviten Ziel der Militäraktion wurden. Richtig ist, dass es sich um Alawiten handelt.