China ist mit über 100 Militärflugzeugen in den Luftraum vor Taiwan eingedrungen. Die Anzahl der Flugzeuge war diesmal deutlich höher als bei den bisherigen Grenzübertritten. China betrachtet Taiwan als sein Territorium und ist sich deshalb keines Fehlers bewusst.

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Taiwan hat binnen eines Tages mehr als 100 chinesische Militärflugzeuge um seine Insel registriert. 103 Flugzeuge der Volksbefreiungsarmee Chinas und neun Marineschiffe seien bis 6.00 Uhr (Ortszeit) binnen 24 Stunden verzeichnet worden, teilte das Verteidigungsministerium in Taipeh mit.

Das chinesische Militär fliegt mittlerweile beinahe täglich in dieser Gegend. Mit 103 Flugzeugen lag die Zahl dieses Mal aber vergleichsweise hoch: "Wir rufen die Behörden in Peking auf, Verantwortung zu übernehmen und solche einseitigen, zerstörerischen Aktionen sofort zu unterlassen", erklärte Taiwans Verteidigungsministerium. Die zwischen dem 17. und 18. September registrierten 103 chinesischen Flugzeuge stellten "die Sicherheit in der Straße von Taiwan und in der Region vor große Herausforderungen", hieß es weiter in einer Erklärung.

In Taiwans Luftverteidigungszone eingedrungen

40 Flieger überflogen den Angaben zufolge die symbolische Mittellinie in der Taiwanstraße, jene Meerenge zwischen der Republik Taiwan und der Volksrepublik China. Sie seien damit in die Luftverteidigungszone im Südosten und Südwesten Taiwans eingedrungen. Taiwan sei Teil des chinesischen Territoriums und es gebe keine sogenannte Mittellinie in der Taiwanstraße, erklärte Chinas Außenamtssprecherin Mao Ning am Montag.

Die Mittellinie war 1955 von einem US-General gezogen worden, um zu gewährleisten, dass sich chinesische und taiwanische Kampfflugzeuge nicht in der Luft begegnen. Damit sollte ein Konflikt zwischen den beiden Seiten vermieden werden. Bis 2020 war China nur in Ausnahmefällen in taiwanisches Hoheitsgebiet eingedrungen. Seit September 2020 häufen sich jedoch die Grenzüberschreitungen.

Das von der kommunistischen Partei regierte China sieht Taiwan mit seinen rund 24 Millionen Einwohnern als Teil seines Territoriums an. Peking reagiert deshalb empfindlich, wenn etwa Delegationen anderer Staaten das Land besuchen oder ihm Unterstützung zusagen. Zuletzt sanktionierte China zwei US-Rüstungsfirmen wegen des Verkaufs von Waffen an Taiwan, wie das chinesische Außenministerium mitteilte.

China und USA führen Gespräche

Am vergangenen Wochenende sprachen Vertreter Chinas und der USA in mehreren Runden auf Malta miteinander. Chinas Außenminister Wang Yi sagte chinesischen Angaben zufolge dem Nationalen Sicherheitsberater Jake Sullivan, dass die Taiwan-Frage eine "rote Linie" sei, die in den China-USA-Beziehungen nicht überschritten werden dürfe. Nach Angaben des Weißen Hauses wollen die USA und China in den kommenden Monaten weitere Gespräche auf "höchster Ebene" führen.

Das demokratische Taiwan hat seit 1949 eine unabhängige Regierung. Peking drohte in der Vergangenheit schon mit einer Invasion. Zuletzt gingen Beobachter zudem davon aus, dass das chinesische Militär im Westpazifik, wo Taiwan liegt, eine große Übung abhält. Chinas Außenministerium machte dazu keine Angaben und forderte dagegen, Provokationen zu unterlassen, die den Frieden in der Taiwanstraße störten.

Die USA haben zwar keine formelle Beistandsverpflichtung für Taiwan unterzeichnet, wie es zum Beispiel in der Nato der Fall ist. Trotzdem agieren die USA als militärische Schutzmacht von Taiwan. Präsident Joe Biden warnte Peking immer wieder vor einer Invasion und drohte mit Konsequenzen.

Szenarien für eine Annexion

Mit der öffentlichen Bekundung, Taiwan beizustehen, will die US-Regierung verhindern, dass die Einschüchterungsversuche aus Peking zu einem kampflosen Anschluss der Insel führen. Aktuell hofft China nach Einschätzung vieler Experten, dass es durch permanente Drohungen die taiwanische Bevölkerung so sehr verunsichern kann, dass die für einen Beitritt zu China stimmen, um keinen Krieg zu riskieren.

Aktuell gibt es aber keine Anzeichen dafür, dass sich die Stimmung in dem demokratischen Inselstaat dreht. Ein Großteil der Bevölkerung spricht sich in Umfragen für den Kurs der Regierung aus, den Status Quo als unabhängig und demokratisch regiertes Land beizubehalten. Falls die Einschüchterungsstrategie scheitert, ist offen, ob und wann China bereit ist, das Risiko einer militärischen Annexion einzugehen.

Analysten, die von einer baldigen Annexion ab 2025 ausgehen, argumentieren, dass China den Zeitraum ausnutzen will, in dem Taiwan noch nicht optimal vorbereitet ist und auch die USA ihre Präsenz in der Region noch nicht zu sehr verstärkt haben. Andere gehen von einem deutlich späteren Zeitpunkt aus, bei dem China von seiner zunehmenden Aufrüstung und einer eventuellen innenpolitischen Schwäche der USA profitieren könnte. Ob und wann es in Taiwan tatsächlich zu einem Krieg kommt, hängt also an vielen Faktoren.

Die Entscheidung muss letztendlich Xi Jinping treffen, der öffentlich den Plan ausgerufen hat, bis 2049 die "große Auferstehung der chinesischen Nation" zu verwirklichen. Er machte klar, dass dazu auch eine Annexion von Taiwan gehören würde.

Verwendete Quellen:

  • Mit Material von dpa und afp
  • bpb: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ): China und seine Nachbarn
  • Umfrage des Election Study Center zu Taiwan
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