Brände in Kabelschächten der Deutschen Bahn haben zu zahlreichen Zugausfällen zwischen Hamburg und Berlin geführt. Ermittler gehen von einem politischen Motiv aus. Am Freitagmittag tauchte ein Bekennerschreiben auf.
Zwischen Hamburg und Berlin sind am Freitagmorgen wegen Vandalismusschäden zahlreiche Fernverkehrszüge ausgefallen. Das teilte die Deutsche Bahn online mit. Ermittler gehen laut Polizei von einem politischen Motiv aus. An drei Orten an Bahnstrecken hatten in der Nacht zu Freitag in der Hansestadt Kabelschächte gebrannt. Die Polizei sucht nun Zeugen. Die Brände wurden zwischen 2:30 Uhr und 3:40 Uhr entdeckt. Man gehe von vorsätzlichen Brandlegungen aus, hieß es.
Ein Sprecher der Hamburger Feuerwehr berichtete, dass es in der Nacht zu Freitag in mehreren Stadtteilen zu den Bränden gekommen sei. Dabei seien Versorgungsleitungen für Signal- und Kommunikationstechnik betroffen gewesen. Alle Brände konnten durch Einsatzkräfte der Feuerwehr gelöscht werden.
Auch ein DB-Sprecher sagte, dass ein Brand "an der Infrastruktur der Deutschen Bahn in Hamburg" die Ausfälle verursacht habe. Nahverkehrsverbindungen seien ebenfalls betroffen.
Bekennerschreiben nach mutmaßlichem Bahn-Anschlag aufgetaucht
Am Freitagmittag tauchte ein Bekennerschreiben auf der linken Plattform "Indymedia" auf. "In der Nacht des 7. September haben wir in Hamburg Verkehrsadern der kapitalistischen Infrastruktur sabotiert", heißt es darin. "Einige Liter Benzin in den Kabelschächten an den Schienen sollten zu möglichst langfristigen Ausfällen oder Einschränkungen beim Transport von zum Beispiel im Zuge neokolonialer Ausbeutung und erdzerstörendem Extraktivismus beschafften Rohstoffen führen."
"Das Bekennerschreiben ist uns bekannt und wird selbstverständlich in die Ermittlungen mit einbezogen beziehungsweise ist ja nun bereits Bestandteil davon", teilte die Hamburger Polizei auf Anfrage mit.
Allerdings bezieht sich das Schreiben vor allem auf den Güterverkehr. Bei der Tat sollte es demnach um Streckenabschnitte gehen, "die nicht für den Personenverkehr genutzt werden". Dennoch war der Personenverkehr stark gestört. Ein Großteil der Fernzüge zwischen den beiden Städten fiel im Tagesverlauf aus. Ob das Schreiben authentisch sei, stehe noch nicht fest, hieß es aus Sicherheitskreisen.
Der Sicherheitschef der Deutschen Bahn hat den mutmaßlichen Anschlag auf die Infrastruktur in Hamburg "auf das Schärfste" verurteilt. "Menschen, die mit uns reisen möchten – mit einem der klimafreundlichsten Verkehrsmittel – sind massiv von Zugausfällen und Verspätungen betroffen und erreichen ihre Ziele nicht", sagte Hans-Hilmar Rischke am Freitag. "Wir sind im engen Austausch mit den Sicherheitsbehörden und hoffen auf schnelle Fahndungserfolge."
Umleitungen mit Verspätungen und hoher Auslastung
"Die Fernverkehrszüge werden teilweise über Uelzen umgeleitet", hieß es weiter von der Bahn. Umleitungen über Uelzen verursachen auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin in der Regel rund 30 bis 60 Minuten Verspätung. Aufgrund der zahlreichen Ausfälle sei hier mit sehr vollen Zügen zu rechnen. Aus der Online-Fahrplanauskunft der DB ging hervor, dass etwa zwei Drittel der ICE-Verbindungen zwischen Hamburg und Berlin aktuell ausfallen.
"Als Alternative sind auch Fahrten mit Umstieg in Hannover möglich. Dadurch verlängert sich jeweils die Fahrtzeit", sagte ein DB-Sprecher. Der Zugverkehr dürfte laut einer Unternehmenssprecherin noch bis zum Samstag gestört sein. "Eine Wiederaufnahme des Verkehrs zwischen Hamburg und Berlin ist voraussichtlich erst im Laufe des Samstagmorgens wieder möglich", teilte die Bahnsprecherin am Freitag mit.
Auch Verbindungen über Rostock betroffen
Von den Vandalismusschäden ebenfalls betroffen waren den DB-Angaben zufolge ICE- und IC-Züge von Hamburg über Rostock nach Stralsund und Ostseebad Binz – auch hier fielen zig Züge aus.
Am Hamburger Hauptbahnhof sind zahlreiche Reisende gestrandet. Vor dem Reisezentrum bildeten sich am Freitag lange Schlangen. "Die Bahn an sich ist nicht sehr pünktlich. Dass es Vandalismus ist, macht schon was aus", sagte ein 67-jähriger Mann aus Hessen, der nach Fulda wollte. "Der nächste Zug scheint pünktlich zu sein, kann sich aber noch ändern." Es bildeten sich zahlreiche Menschengruppen, an den Gleisen und den Zugängen warteten die Menschen mit ihrem Gepäck.
Wegen der Hitze sammelten sich viele Reisende im Schatten. Die meisten waren noch ruhig und schauten frustriert auf ihre Handys. "Für Vandalismus hab ich gar kein Verständnis", sagte ein 60 Jahre alter Mann aus Süddeutschland, der nach Hause fahren wollte. "Ich sag so viel: Es ist Chaos pur." Für Vandalismus aus politischen Gründen zeigten die wenigsten Verständnis. "Züge sind doch gut für die Umwelt. Das verstehe ich nicht", sagte ein Reisender.
Wissing zu mutmaßlichem Bahn-Anschlag: "Form von Terrorismus"
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) forderte ein konsequentes Durchgreifen des Rechtsstaats. "Solche Anschläge sind eine Form von Terrorismus", sagte Wissing auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. "Wir können nur von Glück sprechen, dass kein Mensch körperlichen Schaden erlitten hat." Solche Anschläge erschwerten neben dem Personenverkehr auch die sichere Versorgung mit zum Teil lebensnotwendigen Gütern. "Ich erwarte, dass der Rechtsstaat hier konsequent durchgreift. Der gesellschaftliche Konsens muss sein, dass wir jegliche Gewalt und Extremismus ächten", sagte Wissing.
"Leider haben unter anderem auch die Aktionen von Klimaextremisten die Hemmschwelle für Eingriffe in den Verkehr weiter abgesenkt. Wir dürfen aber nicht abstumpfen gegenüber folgenschweren, gefährlichen Aktionen, bei denen Menschen sich und andere gefährden", meinte der FDP-Politiker.
Bereits am Donnerstag hatte eine beschädigte Oberleitung den Zugverkehr in München stundenlang weitgehend lahmgelegt. Erst am Abend konnten die ersten Gleise wieder freigegeben werden. Nach Angaben der Polizei hatte ein Baggerfahrer bei Tiefbauarbeiten an einer S-Bahn-Haltestelle eine Oberleitung abgerissen. Die Bundespolizei leitete Ermittlungen gegen den 25-Jährigen ein. (dpa/AFP/tas/mbo)
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