Im Nordwesten Kanadas wüten schwere Waldbrände. Jetzt muss sogar die Territorialhauptstadt Yellowknive evakuiert werden. Vier Menschen starben.

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Wegen schwerer Waldbrände in abgelegenen Gebieten Nordkanadas haben die Behörden hunderte Menschen mit Militärflugzeugen in Sicherheit gebracht und den Ausnahmezustand in den Nordwest-Territorien ausgerufen. Die betroffenen Dörfer, die mehrere hundert Kilometer voneinander entfernt liegen, können auf dem Landweg kaum evakuiert werden. Das berichtete auch ein Betroffener, der zunächst versucht hatte, mit seinem Lastwagen vor den Flammen zu fliehen.

Tausende Menschen fliehen vor Waldbränden in Kanada

"Wir befinden uns in einer Krisensituation und unsere Regierung nutzt alle verfügbaren Instrumente, um zu helfen", sagte der Umweltminister der Nordwest-Territorien, Shane Thompson, am Dienstag. Nach Angaben der Behörden ändert sich die Lage ständig, und entsprechend rasch müssen die Strategien vor Ort angepasst werden.

Derzeit wüten in den Nordwest-Territorien rund 230 Brände. Die Behörden ordneten die Evakuierung von rund 6.000 Menschen an, das sind etwa 15 Prozent der dortigen Bevölkerung. Für viele war es das zweite Mal binnen Monaten, dass sie ihr Häuser verlassen mussten.

Inzwischen ist klar, dass auch größere Städte evakuiert werden müssen. Die Regionalhauptstadt Nordkanadas, Yellowknife, ist inzwischen auch betroffen. "Unglücklicherweise hat sich die Lage bei den Waldbränden weiter verschlechtert, ein Feuer westlich von Yellowknife stellt nun eine echte Bedrohung für die Stadt dar", sagte Thompson. Er wies die fast 20.000 Einwohner von Yellowknife an, die Stadt bis Freitagmittag zu verlassen.

Am späten Mittwochabend war das Feuer bis auf 17 Kilometer an die Regionalhauptstadt Yellowknife herangerückt. "Ich möchte betonen, dass die Stadt nicht in unmittelbarer Gefahr ist", sagte Thompson. Aber ohne Regenfall sei es möglich, dass der Brand bis zum Wochenende den Stadtrand erreiche. "Sie bringen sich und andere in Gefahr, wenn Sie sich dazu entscheiden, länger zu bleiben."

Premier Trudeau verspricht Hilfe

Derzeit ist nur eine Schnellstraße in den Süden des Landes geöffnet. Für die Evakuierung werden unter anderem Militärflüge organisiert. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau versprach im ehemals Twitter genannten Onlinedienst X die Hilfe der Regierung. "Es bricht mir das Herz, wenn ich an die Menschen in den Nordwest-Territorien denke, die mit verheerenden Waldbränden zu kämpfen haben", schrieb Trudeau.

In einigen betroffenen Gebieten waren Feuerwehrleute gezwungen, sich zurückzuziehen, da starker Wind die Flammen weiter anheizten. Das kleine Dorf Enterprise etwa wurde von den Flammen fast völlig vernichtet.

Die weit voneinander entfernten Dörfer seien "besonders schwierig" auf dem Landweg zu evakuieren, erklärte Mike Westwick von der örtlichen Feuerwehr. 120 Soldaten seien im Einsatz, um die Evakuierungen zu unterstützen.

Lebensgefahr selbst auf der Flucht

Wie gefährlich die Flucht vor den Flammen auf eigene Faust ist, erfuhr auch Jordan Evoy aus der 2.250 Einwohner zählenden Gemeinde Fort Smith. Als die Evakuierungsanordnung kam, habe er noch versucht, mit seinem Lastwagen die benachbarte Provinz Alberta zu erreichen, berichtete der 28-Jährige der Nachrichtenagentur AFP. Doch hätten die Brände bereits den Highway erreicht.

"Die Flammen rasten über meinen Truck hinweg, und ich konnte nichts mehr sehen". Der Asphalt habe ebenfalls gebrannt, und er habe Angst gehabt, dass seine Reifen schmelzen könnten. Schließlich sei er umgekehrt und nach Hay River gefahren, von wo aus die Evakuierungsflüge nach Alberta starteten. Er habe in seinem Leben noch nie so viel Angst gehabt, sagte Evoy der AFP.

Seit Beginn der außergewöhnlich heftigen Waldbrand-Saison in diesem Jahr mussten fast 168.000 Menschen in Kanada ihre Häuser verlassen. Vier Menschen starben.

Gewaltiges Gebiet bereits durch Waldbrände vernichtet worden

Landesweit zählten die Behörden am Dienstag noch knapp 1.100 aktive Brände. Sie unter Kontrolle zu bekommen, war auch in der von einer erneuten Hitzewelle heimgesuchten westlichsten Provinz British Columbia schwierig. Inzwischen soll eine Fläche größer als Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zusammen verbrannt worden sein.

Dort überstiegen die Temperaturen am Montag die Marke von 40 Grad; in der vor zwei Jahren zu trauriger Berühmtheit gelangten Gemeinde Lytton wurden 41,1 Grad gemessen. Der kleine Ort hatte im Sommer 2021 international für Schlagzeilen gesorgt, weil er mit 49,6 Grad Celsius einen neuen kanadischen Hitzerekord aufgestellt hatte, bevor er Tage später von einem Brand fast vollständig zerstört wurde. (afp/the)

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