- Zum zweiten Jahrestag der Hanauer Morde hat Amnesty International Politik und Polizei zu einem stärkeren Einsatz gegen rechte Gewalt aufgerufen.
- Bundesinnenministerin Nancy Faeser kündigte in ihrer Gedenkrede konkrete Schritte an.
9.420 Mal. Im Schnitt also rund 25 Mal an jedem einzelnen Tag im Jahr. So häufig fanden 2020 laut Statistik des Bundesinnenministeriums rassistische Straftaten in Deutschland statt.
Eine dieser Straftaten war der Angriff auf eine Shisha-Bar in Hanau, bei dem ein 43 Jahre alter Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven ermordete. Danach tötete er seine Mutter und nahm sich selbst das Leben.
Zum zweiten Jahrestag des Anschlags am 19. Februar hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nun dazu aufgerufen, Rassismus in Deutschland einmütig und entschlossen entgegenzutreten. "Die Morde in Hanau und Halle, der Mord an Walter Lübcke, die Morde des NSU, bisher nicht aufgedeckte rassistische, antisemitische und menschenfeindliche Verbrechen: Sie sind die Spitze eines Eisberges namens Hasskriminalität", erklärte Markus Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland. "Hasskriminalität beruht auf strukturellen Diskriminierungen, die tief in Gesellschaften verwurzelt sind."
Um dieses gesamtgesellschaftliche Phänomen zu verstehen und konkrete Handlungsoptionen zu erarbeiten, müsse eine Gesellschaft den Menschen zuhören, die täglich von Ausgrenzung, Hetze und Gewalt betroffen seien. "Und sie muss aufhören, Diskriminierungen und rassistische Gewalt kleinzureden oder gar zu ignorieren."
Hassverbrechen und rassistische Gewalt: "Staat muss Menschen Schutz bieten"
"Der Schutz vor extremistischer, gruppenbezogener Gewalt ist eine Aufgabe der inneren Sicherheit", sagte Beeko von Amnesty International weiter an die Adresse der Regierenden in Bund und Ländern. "Der Staat ist gefordert, gefährdeten Menschen Schutz zu bieten und in Bildung, sozialen Medien und öffentlichen Debatten Rassismus, Antisemitismus und anderen strukturellen Diskriminierungen entgegenzutreten.“
Eine aktuelle Studie, wie viele rassistisch motivierte Taten 2021 begangen wurden, gibt es derzeit noch nicht. Dass rassistische Übergriffe und Gewalt nach wie vor zur Lebensrealität vieler Menschen zählen, zeigen viele Beispiele. Zuletzt sorgte der Fall einer 17-Jährigen in Berlin für Aufsehen, die sich nach einem mutmaßlich rassistischen Übergriff zu einer falschen Darstellung der Geschehnisse durch die Polizei auf Social Media an die Öffentlichkeit gewandt hatte. Die Polizei korrigierte daraufhin ihre Darstellung in der vorausgegangenen Pressemitteilung.
Diese Maßnahmen gegen rechte Gewalt plant Innenministerin Nancy Faeser
Doch wie soll künftig rechter Gewalt entgegengewirkt werden? Die Bundesinnenministerin
Auch zuvor hatte Faeser bereits einen Aktionsplan gegen rechte Gewalt angekündigt. Wie die Politikerin der "Bild am Sonntag" sagte, sei unter anderem geplant, "die Finanzströme der Extremisten zu verfolgen und auszutrocknen". Die Ministerin kündigte in diesem Zusammenhang auch eine weitere Verschärfung des Waffenrechts an. Außerdem schlug sie vor, den 11. März zum Gedenktag für die Opfer von Terror aller Art zu erklären.
Es sei gut, dass Faeser die Dringlichkeit des systematischen Vorgehens gegen rassistische und antisemitische Gewalt erkannt hat, sagt Markus Beeko. "Sie braucht dabei die Unterstützung aller, und auch Betroffene und Selbstorganisation sind eng einzubeziehen." Polizei und Sicherheitsbehörden hätten ebenfalls eine zentrale Rolle. "Die Polizei muss geschult und sensibilisiert werden, um rassistische Gewalt erkennen und bekämpfen zu können." (tar/dpa/AFP)
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