• Die Infektionslage in Deutschland nimmt ab - zumindest nach offiziellen Zahlen.
  • Doch die Freude darüber ist verfrüht.

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland sinkt. War am Montag noch ein Höchstwert von 452,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gemessen worden, liegt die Inzidenz am Donnerstag bei 439,2. Doch gibt es deswegen Grund zur Freude? Eher nicht.

Prinzipiell ist eine abnehmende Infektionslage natürlich positiv zu bewerten. Allerdings, sagt Clemens Wendtner gegenüber dem "Spiegel", er sei skeptisch, "dass wir hier wirklich eine deutliche und nachhaltige Entschleunigung des Infektionsgeschehens sehen. Eher vermute ich, dass die Gesundheitsämter an vielen Orten an ihre Belastungsgrenze stoßen."

Labore überlastet: Dunkelziffer der mit dem Coronavirus Infizierten steigt

Der Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing sagt: "Wie sehr die Fallzahlen von der Arbeit dieser Behörden abhängen, zeigt das Beispiel München." Demnach habe dort am 11. November die Inzidenz bei 93,3 gelegen, als dann das Personal aufgestockt worden war, sei die Inzidenz massiv angestiegen und liege nun bei 433,1. "Es ist einfach so: Je höher die Inzidenzen, desto unsicherer sind die Zahlen."

Die Labore kämen mit dem Testen mancherorts nicht mehr hinterher, erklärt Wendtner weiter. Die Auslastung sei hoch und die Test-Kits teils Mangelware. "Mich haben sogar schon niedergelassene Kollegen angerufen und gefragt, ob ich wüsste, wo sie jetzt noch Antigentests und PCR-Testkits herkriegen könnten."

Die Folge: Weniger Menschen würden getestet und die Dunkelziffer der mit dem Coronavirus Infizierten steige.

Lesen Sie auch: Alle aktuellen Informationen rund um die Corona-Pandemie in unserem Live-Blog

Münchner Chefarzt mahnt: Können keine Entwarnung geben

Ein weiterer Parameter, der in der Coronakrise als Richtwert für Coronamaßnahmen herangezogen wird, ist die Auslastung der Intensivstationen. Auch wenn der Wert derzeit nicht weiter ansteige, sondern stagniere, sei er "mit Vorsicht zu genießen", sagt Wendtner. "Weil wir unsere Intensivpatienten zurzeit teilweise in andere Bundesländer verlegen, einige wenige sogar ins Ausland." Doch das sei nicht die Lösung des Problems, bringe nur Entlastung für den Moment.

Der Chefarzt mahnt: "Jede Spekulation darüber, ob die leicht sinkenden Inzidenzen jetzt ein Silberstreif am Horizont sind oder die Morgenröte, aus meiner Sicht absolut verfrüht. Auf keinen Fall sollte dies als Signal interpretiert werden, dass wir Entwarnung geben können."

Bereits kürzlich hatte sich Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, ähnlich über das Infektionsgeschehen in Deutschland geäußert. Er rechne mit zwei- bis dreimal so vielen Corona-Fällen wie offiziell gemeldet werden. "Die Untererfassung der wahren Zahlen verstärkt sich."

Verwendete Quellen:

  • spiegel.de: "Diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen"
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.