Hurrikan "Irma" hat eine Schneise der Verwüstung durch die Karibik und Florida gezogen. Aufgrund des Klimawandels rechnen Experten in Zukunft häufiger mit solchen Monster-Wetterereignissen. Diese können auch schwere Folgen für Europa haben.

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Zum zweiten Mal in nur zwei Wochen sind die USA von einem Hurrikan der zweithöchsten Kategorie 4 getroffen worden.

Hurrikan "José" könnte "Irma" folgen

Ein solches Aufeinandertreffen zweier so starker Stürme binnen eines Jahres habe es nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen vor 166 Jahren gegeben, berichten Meteorologen des US-Hurrikanzentrums sowie Experten des "Weather Channel".

Mehr als sechs Millionen Menschen mussten sich in den USA in Sicherheit bringen, mehr als drei Millionen sind ohne Strom, 12.000 Flüge fielen aus oder wurden gestrichen.

Während Hurrikan "Irma" noch über dem US-Staat Florida tobt, droht bereits der nächste tropische Wirbelsturm. Westlich von Afrika liege eine neue Störung, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent der nächste Hurrikan wird, erklärte Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst (DWD).

Hurrikan "José", der voraussichtlich noch mehrere Tage in der Karibik bestehen soll, werde nach jetzigem Stand wohl keine bewohnten Gebiete treffen.

Der Klimaexperte Anders Levermann rechnet aufgrund des Klimawandels künftig mit immer mehr starken Hurrikans. "Wenn ein Hurrikan entstanden ist, nimmt er die Energie aus dem Wasser - und davon ist mehr da durch die globale Erwärmung", sagte Levermann im ZDF-Morgenmagazin.

"Es ist nicht so, dass jetzt immer Hurrikans entstehen. Aber wenn sie entstehen, dann haben sie mehr Energie zur Verfügung", sagte der Wissenschaftler des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Die diesjährige Hurrikan-Saison beschrieb er als "wirklich enorm".

Weitere Wirbelstürme zu erwarten

Angesichts des Wirbelsturms "Irma" in den USA warnt der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber, vor verheerenden Folgen auch für Europa.

"Das Jahr 2017 zeigt uns auf bitterste Weise, warum die Wissenschaft seit Jahrzehnten vor dem Klima-Chaos warnt: Die Elemente Feuer, Wasser und Luft wenden sich nun gegen uns, weil wir den Planeten aus dem Gleichgewicht bringen", erklärte Schellnhuber am Montag in Potsdam.

Viele weitere Wirbelstürme könnten die Menschheit heimsuchen. "Und über Andalusien und Sizilien könnte noch in diesem Jahrhundert die Sahara nach Europa eindringen."

Schellnhuber ist nicht der Einzige, der vor künftigen Wetterkatastrophen warnt: Forscher vermuten, dass wetterbedingte Extremsituationen am Ende des Jahrhunderts jedes Jahr etwa zwei Drittel der Europäer beeinträchtigen könnten.

Hitzewellen sind am gefährlichsten

Durch extreme Wetterereignisse könnten von 2071 bis 2100 in der Europäischen Union, der Schweiz, Norwegen und Island jährlich 80.000 bis 240.000 Menschen sterben.

Diese drastischen Zahlen stammen aus einer Studie des "Joint Research Centre" der Europäischen Kommission im italienischen Ispra.

Für Südeuropa rechnen die Forscher der Studie mit vielen Toten durch Extremwetter von 2071 bis 2100: jährlich rund 700 pro einer Million Einwohner.

"Der Klimawandel ist eine der größten globalen Bedrohungen für die menschliche Gesundheit im 21. Jahrhundert", sagte Giovanni Forzieri, ein Forscher der Studie.

Forzieri und seine Kollegen bezogen die sieben gefährlichsten Extremwetterereignisse ein: Überschwemmungen an Flüssen und an der Küste, Dürren, Waldbrände, Stürme sowie Kälte- und Hitzewellen.

Allerdings sind Hitzewellen mit Abstand am gefährlichsten: Nach den Berechnungen könnten in den letzten 30 Jahren des Jahrhunderts 99 Prozent der wetterbedingten Todesopfer auf hohe Temperaturen zurückzuführen sein.

Wetterextreme werden sich häufen

Auch der renommierte Klimaforscher Prof. Dr. Mojib Latif warnt vor den Folgen des Klimawandels: "Die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist kaum noch machbar", sagte er gegenüber unserer Redaktion.

Er warnt: "Die Wetterextreme werden sich häufen und intensivieren. Die Küsten werden längerfristig mit dem Meeresspiegelanstieg zu kämpfen haben."

Meteorologe Andreas Friedrich ist ebenfalls wegen des Klimawandels besorgt: "Als der Deutsche Wetterdienst die Aufzeichnungen der vergangenen Jahre untersuchte, stellte sich heraus, dass solche Großwetterlagen in den vergangenen 30 Jahren zugenommen haben. Es gibt also auf jeden Fall mehr Starkregen-Ereignisse als noch vor 50 Jahren."

Wir müssen davon ausgehen, dass die Ereignisse in der Spitze heftiger werden. Das Wetter werde extremer, so Friedrich.

(mh/mit Material der dpa)

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