• Neue Corona-Mutationen sind weltweit auf dem Vormarsch.
  • Die Sorge wächst, da neue Varianten teilweise noch ansteckender sind.
  • Wir zeigen, welche Mutationen es gibt und wie gefährlich sie sind.

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Seit im Dezember 2020 erstmals von einer neuen Corona-Variante berichtet wurde, wächst die Angst vor den Mutationen des Virus. Diese sind teilweise deutlich ansteckender als das ursprüngliche Virus. Auch in Deutschland wurden bereits neue Varianten nachgewiesen.

Die Gefahr wächst, dass die Infektionsraten in die Höhe schießen - und damit auch die Belastung der Krankenhäuser.

Dabei sind Mutationen ein völlig normaler Vorgang in der Natur. Sie treten auf, wenn Viren ihr Erbgut kopieren, um sich zu vermehren. Bei diesem Vorgang können Fehler entstehen, und es kommt zu Mutationen. Eine Forschergruppe vom University College London (UCL) hat allein bis November 2020 über 12.000 Mutationen von SARS-CoV-2 identifiziert.

Corona-Mutationen – ein Turbo für das Virus

Die meisten der Mutationen bleiben ohne größere Wirkung, manche können gar schädlich für das Virus sein. Doch es gibt eben auch die Varianten, die dem Virus einen evolutionären Vorteil verschaffen. Sie wirken wie ein Turbo für dessen Verbreitung.

So wurde bereits Anfang 2020 eine Corona-Mutation entdeckt, die wesentlich ansteckender war als die bisher bekannten. Die D614G-Variante hat sich durchgesetzt und ist heute die weltweit dominierende Form von SARS-CoV-2.

Die Entwicklung der aktuell diskutierten Mutationen könnte ähnlich verlaufen. Denn aufgrund der hohen Ansteckungsrate verbreiten sich diese extrem schnell. Vor allem drei Virusvarianten stehen zurzeit im Fokus:

Coronavirus B.1.1.7: die "britische Variante"

Im November 2020 wurde im Südosten Großbritanniens erstmals eine neue Mutation des Corona-Virus nachgewiesen. Die Virusvariante B.1.1.7 soll bis zu 70 Prozent ansteckender sein. Das entspräche einer Erhöhung des R-Wertes um 0,5 bis 0,6 Einheiten, wie der Virologe Christian Drosten im Corona-Podcast des NDR erklärte. Ein Virus, das vorher bei einem R-Wert von 0,8 lag, würde durch die Mutation einen Wert von 1,3 bis 1,4 erreichen.

Doch wie kann es passieren, dass ein Virus plötzlich ansteckender wird? Die gängigste Theorie besagt, dass die Mutationen dem Virus das Andocken an die Wirtszellen erleichtern.

Laut einer Studie der Statistikbehörde ONS (Office for National Statistics) treten die klassischen Symptome bei der britischen Variante etwas häufiger auf – also Husten, Hals- und Gliederschmerzen oder allgemeine Müdigkeit. Deutlich weniger häufig wird jedoch der Verlust des Geschmackssinns beobachtet.

Befürchtungen, die Variante könnte auch tödlicher sein, hatten sich zunächst nicht bestätigt. Doch inzwischen hat sich der Tonfall beim Robert-Koch-Institut geändert. Es gebe “erste Hinweise darauf, dass B.1.1.7 mit einer erhöhten Fallsterblichkeit einhergehen könnte.“

B.1.1.7 breitet sich auch in Deutschland aus. An Heiligabend 2020 wurde ein erster Fall in Baden-Württemberg nachgewiesen. Am 27. Januar schloss das Klinikum Bayreuth, da ein Ausbruch der Mutation vermutet wird.

Die Fakten:

  • Zuerst nachgewiesen im November 2020 in Großbritannien
  • Ansteckungsrate bis zu 70 % höher
  • Symptome meist etwas stärker ausgeprägt
  • Seit Dezember 2020 in Deutschland

Coronavirus B.1.351: die "südafrikanische Variante"

Im Dezember 2020 wurde über eine neue Virusmutation aus Südafrika berichtet. Ähnlich wie bei der britischen Variante zeigt auch B.1.351 eine deutlich höhere Übertragbarkeit. Sie soll bis zu 50 Prozent höher sein als beim ursprünglichen Erreger.

Auch diese Mutation dockt wahrscheinlich leichter an die Wirtszellen an. Dabei spielt – ähnlich wie bei der britischen Variante – das sogenannte Spike-Protein eine zentrale Rolle. Es habe sich um etwa zwanzig Grad gedreht und könne nun tiefer in die Bindungsstelle eindringen, erklärt der südafrikanische Epidemiologe Salim Abdool Karim in einer wissenschaftlichen Mitteilung.

Was so banal klingt, hat schwerwiegende Folgen. Die zweite Infektionswelle in Afrika erreiche “völlig neue Höhen“, sagt Salim Abdool Karim. Dabei ist B.1.351 in weiten Teilen des Landes bereits die dominierende Variante.

Besonders tückisch: Erste Studien deuten darauf hin, dass selbst Personen, die eine Covid-Erkrankung mit dem ursprünglichen Erreger durchlaufen haben, nicht vollständig vor B.1.351 geschützt sind. Auch eine auf dem Ausgangsvirus basierende Impfung liefere nur einen reduzierten Schutz.

In Deutschland wurde die südafrikanische Variante zum ersten Mal bei einer Familie in Bottrop nachgewiesen.

Die Fakten:

  • Zuerst nachgewiesen im Dezember 2020 in Südafrika
  • Ansteckungsrate bis zu 50 % höher
  • Schutz durch neutralisierende Antikörper reduziert
  • Seit Dezember 2020 in Deutschland

Coronavirus B.1.1.28 P.1: die "brasilianische Variante"

Die Geschichte von B.1.1.28 P.1 ist eng mit der brasilianischen Stadt Manaus verbunden. Die Amazonasmetropole mit rund 2 Millionen Einwohnern gilt weltweit als eine Art COVID-Labor. Die Pandemie wütete dort besonders stark, bis November 2020 hatten sich circa 75 Prozent der Bevölkerung infiziert.

Daher wurde in Manaus bereits eine Herdenimmunität vermutet - bis B.1.1.28 P.1 zuschlug. Der erneute Anstieg der Infektionen überraschte viele Forscher. Vieles deutet darauf hin, dass das mutierte Virus auch bei Genesenen zu einer erneuten Ansteckung führen kann.

Die Variante B.1.1.28 P.1 ähnelt stark der südafrikanischen Mutation. Sie weist ebenfalls eine gesteigerte Übertragbarkeit auf. Und auch diese Mutation ist in Deutschland angekommen. Sie wurde am 22. Januar erstmals bei einem Reisenden aus Hessen nachgewiesen.

Die Fakten:

  • Zuerst nachgewiesen im Dezember 2020 in Brasilien
  • Ansteckungsrate bis zu 50 % höher
  • Reinfektionen könnten möglich sein
  • Seit Dezember 2020 in Deutschland

Wettrennen zwischen Virus und Impfstoff

Schaut man sich die Entwicklung der Mutationen an, drängt sich eine Frage auf: Kann es sein, dass die gerade entwickelten Impfstoffe bald schon wirkungslos sind, weil sie nicht auf die Mutationen reagieren?

Biontech und Pfizer melden, dass ihr Impfstoff auch gegen die britische Variante schütze. Wie es bei den anderen Mutationen aussieht, muss noch geklärt werden. Die gute Nachricht: Mit dem bestehenden Impfstoff ist eine Anpassung an neue Virusvarianten nicht allzu aufwändig.

Die Chancen stehen also weiterhin gut, dass wir das Wettrennen gegen die Virusmutationen gewinnen können.

Verwendete Quellen:

  • Robert Koch Institut: SARS-CoV-2: Virologische Basisdaten sowie Virusvarianten (Stand 25.1.2021)
  • Das Coronavirus-Update von NDR Info: (70) Die Mutanten im Blick behalten (05.01.2021)
  • Office for National Statistics: Coronavirus (COVID-19) Infection Survey: characteristics of people testing positive for COVID-19 in England, 27 January 2021
  • Statnews.com: What we now know — and don’t know — about the coronavirus variants
  • UCL News: SARS-CoV-2 mutations do not appear to increase transmissibility
  • COVID-19 Corona Virus South African Resource Portal: A Scientific Update on the COVID-19 501.V2 Variant
  • sciencemag.org: New coronavirus variants could cause more reinfections, require updated vaccines
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