Ein Bundesland nach dem anderen hat am Freitag flächendeckende Schul- und Kitaschließungen bekannt gegeben. Millionen Eltern, Kinder und Jugendliche müssen nun ihren Alltag ganz neu planen.
Am Ende ging alles ganz schnell: Nachdem Bundeskanzlerin
Warum überhaupt solche drastischen Maßnahmen?
Die gegenseitige Ansteckung mit dem Virus soll so stark wie möglich eingeschränkt und seine Ausbreitung so möglichst verlangsamt werden. Es geht vor allem darum, dass immer genügend Behandlungskapazitäten auf Intensivstationen mit Beatmungsmöglichkeiten für die schwerwiegenden Fälle zur Verfügung stehen. Wenn sich zu viele auf einmal anstecken, könnte es zu Engpässen kommen.
Wie lange sollen die Schul- und Kitaschließungen dauern?
Das wird in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Hamburg verlängert seine schon laufenden Frühjahrsferien erst einmal bis Ende März. Andere Länder machen ab kommender Woche die Schulen und Kitas für mindestens fünf Wochen zu.
Je nach Ferienkalender überlappen sich Schließung und Osterferien oder die Ferien schließen sich direkt an die Schließung an. Wie lange der Bildungs- und Kita-Ausstand wirklich dauern wird, kann noch keiner genau sagen.
Im Moment könne man nur einen Zeitraum bis Ostern überblicken, sagte Bundesbildungsministerin
Sollten nach und nach alle Schulen und Kitas schließen, wie viele Menschen wären dann betroffen?
In Deutschland gibt es laut Statistischem Bundesamt - einschließlich Berufsschulen - rund 43.000 Schulen mit elf Millionen Schülern und 820.000 Lehrern. Die ausfallende Kinderbetreuung wird vor allem die Eltern der rund 2,8 Millionen Grundschulkinder treffen und die Eltern von insgesamt rund 3,6 Millionen Kita-Kindern.
Inwiefern sind Privatschulen betroffen?
Genauso wie staatliche. Wenn es behördliche Anordnungen zur Schließung für Schulen gebe, dann betreffe das genauso die Privatschulen, hieß es am Freitag beim Verband Deutscher Privatschulverbände in Berlin. In Deutschland besuchen nach Angaben des Verbandes rund eine Million Schüler allgemein- und berufsbildende Privatschulen.
Warum sollten die Großeltern diesmal nicht einspringen?
Ältere Menschen zählen zur Risikogruppe, bei der eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 eher zu einem schweren Krankheitsverlauf führen kann. Deshalb raten zum Beispiel Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) davon ab, Oma und Opa einzuspannen, wenn die Kita zumacht.
Aber Eltern können ja nicht einfach von der Arbeit wegbleiben - oder?
Hier wird noch über Möglichkeiten beraten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Freitag in Berlin bei der Präsentation von Milliardenhilfen für die Wirtschaft, es werde auch geprüft, welche Folgen es hat, wenn Menschen nicht mehr zur Arbeit kommen, weil sie ihre Kinder betreuen müssen - Bund, Länder und Kommunen seien gefordert.
Die Länder versuchen Notbetreuungen auf die Beine zu stellen. Es geht dabei vor allem darum, dass Eltern in sogenannten kritischen Berufen, wie Polizei, Feuerwehr, Krankenpflege oder Rettungsdienst weiterhin zur Arbeit gehen können.
Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat alle Arbeitgeber aufgerufen, pragmatische Lösungen mit ihren Beschäftigten zu finden. Auf die Schließung von Schulen und Kindergärten könne mit Homeoffice, kreativen Arbeitszeitmodellen, der Nutzung von Urlaub und Arbeitszeitkonten reagiert werden, sagt ein Sprecher. Für Beschäftigte dürfte es hilfreich sein, zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Sei bei der Schließung der Kita oder Schule eine Betreuung erforderlich, so müssten die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen. "Kann die erforderliche Kinderbetreuung auch dann nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da die Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB)", erklärt der BMAS-Sprecher.
In diesen Fällen werde "der Arbeitnehmer von der Pflicht der Leistungserbringung frei; es ist nicht zwingend erforderlich, Urlaub zu nehmen." Zu beachten sei, dass jemand, der wegen persönlicher Verhinderung nicht arbeiten könne, nur unter engen Voraussetzungen Anspruch auf Lohnfortzahlung habe.
Sind die Schulen in Deutschland in der Lage, einen Schul-Ersatzbetrieb im Internet auf die Beine zu stellen?
Von den rund 32.000 Schulen in Deutschland sind bislang nur die wenigsten in der Lage, bei einer Schließung auf das Internet auszuweichen. Zwar gibt es in den Bundesländern teilweise Online-Plattformen wie das System "mebis" in Bayern, die aber nicht für einen flächendeckenden Ersatz von geschlossenen Schulen ausgelegt sind.
Andere Projekte wie die digitale Bildungsplattform "Logineo" in Nordrhein-Westfalen oder "ella" in Baden-Württemberg laufen nicht rund oder gelten als gescheitert. In Ländern wie Dänemark dagegen gibt es nationale Plattformen, die schon jetzt flächendeckend begleitend zum herkömmlichen Unterricht eingesetzt werden und bei einer Schließung der Schulen die größten Lücken schließen können.
Was ist mit der oft zitierten "Schul-Cloud"?
Die "Schul-Cloud" ist ein Projekt des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) an der Universität Potsdam. Bislang ist das aber noch in der Pilotphase. Schulen in Brandenburg, Thüringen und Niedersachsen arbeiten damit. Auf der Plattform können Texte, Präsentationen und andere Dokumente online erstellt und abgespeichert werden, auch Gruppenarbeiten.
Außerdem gibt es einen Messenger und andere Möglichkeiten, mit denen Lehrer und Schüler nach geltenden Datenschutzstandards kommunizieren können. Lehrer können Hausaufgaben online stellen, die dann im Netz bearbeitet und zu einem bestimmten Termin wieder zurückgesendet werden können.
Das System unterstützt auch Feedback-Möglichkeiten und Benotungen und ermöglicht zumindest für die teilnehmenden Schulen schon heute einen Ersatzbetrieb. © dpa
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