Viele Medikamente müssen täglich zur gleichen Tageszeit eingenommen werden. Auf Reisen mit Zeitumstellung kommt der gewohnte Rhythmus jedoch durcheinander. Wie sollte man damit umgehen?
Hinweis
- Dieser Artikel bietet nur eine Orientierung zur Anpassung der Medikamenten-Einnahme. Die genaue Anpassung hängt vom jeweiligen Medikament ab und kann variieren. Für die Einnahme von Insulin oder Kortikosteroide wie Cortison gelten beispielsweise besondere Regeln. Wenn Sie dauerhaft Medikamente einnehmen, sollen Sie vor einer Reise unbedingt mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt Rücksprache halten.
Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland nimmt täglich Medikamente ein. Dazu zählen Frauen, die mit der Pille verhüten, aber auch chronisch Kranke. Wer regelmäßig Medikamente einnehmen muss, sollte das möglichst zur gleichen Tageszeit tun. So wird im Blut stets ein ausreichend hoher Wirkstoffspiegel gehalten. Wichtig ist das zum Beispiel bei Hormonpräparaten wie der Pille, aber auch bei Antibiotika oder starken Schmerzmitteln.
Wie wirkt sich die Zeitumstellung auf die Medikamenten-Einnahme aus?
Bei Reisen mit Zeitverschiebung kommt der gewohnte Tag-Nacht-Rhythmus durcheinander. Dabei stellt sich die Frage, ob die Einnahme der Medikamente an die neue Ortszeit angepasst werden muss – und wenn ja, wie?
"Bei den meisten Urlaubsreisen sind die Zeitverschiebungen vergleichsweise gering. Daher sind bei chronisch anzuwendenden Arzneimitteln wie Blutdrucksenkern ganz genaue zeitliche Anpassungen gar nicht erforderlich", sagt Thilo Bertsche, Fachapotheker für klinische Pharmazie und Arzneimittelinformation an der Universität Leipzig.
"Die Vorgabe morgens, mittags oder abends ist ohnehin nur eine Annäherung", sagt Bertsche. Die Einnahme der meisten Arzneimittel muss also nicht auf die Stunde genau erfolgen. Das gewohnte Einnahmeintervall, zum Beispiel morgens, kann also mit neuer Ortszeit einfach beibehalten werden. Liegen allerdings mehr als zwölf Stunden zwischen Heimatland und Reiseziel, könnte eine einmalige zusätzliche Teildosis sinnvoll sein, um eine Dosierungslücke zu verhindern. Wie genau Sie diese dosieren und einnehmen sollten, besprechen Sie am besten mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
Von allzu komplizierten Umstellungen rät der Experte generell ab. Das könne Patientinnen und Patienten verunsichern und so von der Einnahme im Urlaub abhalten – was im Zweifelsfall ungünstig für den langfristigen Therapieerfolg wäre.
Medikamente auf Reisen sicher lagern
Bei Reisen verändert sich aber nicht nur die Uhrzeit. Auch die klimatischen Bedingungen sind häufig anders, als wir es zu Hause gewohnt sind. "Das ist ein wichtiger Aspekt: Andere klimatische Verhältnisse können in der Tat großen Einfluss auf die Stabilität oder die Freisetzung des Wirkstoffs haben", sagt Bertsche.
Medikamente sollten unbedingt von Hitze und direkter Sonneneinstrahlung ferngehalten werden und keinesfalls in einem abgestellten Fahrzeug aufbewahrt werden. Das gilt nicht nur im Urlaub. In der prallen Hitze können sich Autos im Sommer auch bei uns schnell auf über 50 oder sogar 60 Grad aufheizen.
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Durch ungewohntes Essen können auf Reisen schnell unbeliebte Reisebegleiter wie Durchfallerkrankungen und Erbrechen auftreten, was die Wirksamkeit von Arzneimitteln erheblich beeinträchtigen kann. Das gilt insbesondere für die Antibabypille. "Eine Faustregel ist: Wenn Erbrechen bis zu drei Stunden nach der Einnahme auftritt, sollte sofort die nachfolgende Pille eingenommen werden", sagt Bertsche. Bei wiederholten Durchfällen ist dieses Vorgehen allerdings nicht sicher. Dann empfiehlt sich eine zusätzliche Verhütung durch Kondome.
Wie viele Medikamente muss ich einpacken?
Es kann also leicht passieren, dass Sie für einen zweiwöchigen Urlaub mehr Medikamente benötigen, als Sie normalerweise in 14 Tagen einnehmen. Um für diese Fälle gewappnet zu sein, sollten Sie von einem Medikament immer mehr einpacken, als für die Dauer der geplanten Reise benötigt wird.
"Der Vorrat sollte unbedingt den geplanten Aufenthalt einschließlich einiger Unwägbarkeiten abdecken", erklärt Bertsche. Zu den Unwägbarkeiten gehört auch, dass Arzneimittel auf Reisen durch verschwundene Koffer verloren gehen können. Grundsätzlich sind Medikamente im Handgepäck daher am besten aufgehoben.
Eine häufige Empfehlung lautet, Medikamente für plus 14 Tage einzupacken – bei einem dreiwöchigen Urlaub also die ausreichende Menge für fünf Wochen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass für die Einfuhr von Arzneimitteln außerhalb der EU andere, zum Teil strengere rechtliche Bedingungen gelten können. Betroffen sind vor allem Medikamente, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen.
"Erkundigen Sie sich vorher beim entsprechenden Konsulat über die rechtlichen Erfordernisse im Reiseland", rät der Experte. Eine ärztliche Bescheinigung auf Englisch, die über die Notwendigkeit des Eigenbedarfs aufklärt und die ärztlichen Kontaktdaten enthält, sollte auf Reisen unbedingt mitgeführt werden.
Wer auf eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen ist, muss sich vor Reisebeginn also gut vorbereiten. Abschrecken lassen sollte man sich davon allerdings nicht. "Meist funktioniert die Einnahme der gewohnten Medikation auch während eines Auslandsaufenthaltes oder Urlaubs problemlos", sagt Bertsche.
Über den Gesprächspartner
- Thilo Bertsche ist Fachapotheker für Klinische Pharmazie und Arzneimittelinformation an der Universität Leipzig.
Verwendete Quellen
- Gespräch mit Thilo Bertsche
- Statista.de: Bevölkerungsanteil in Deutschland nach Anzahl eingenommener Medikamente im Jahr 2021
- CRM Handbuch Reisen mit Risiko: Dosierung ohne Jetlag: Medikamenteneinnahme bei Reisen mit Zeitverschiebung
- Deutsche Ärztezeitung: Zeitverschiebung - wie wird die Dauermedikation angepasst?
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