• Männer haben ein deutlich höheres Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken und sterben auch häufiger an den Folgen der Infektion.
  • Das ergeben Zahlen der Datenbank Global Health 50/50, welche weltweit geschlechterspezifische Daten zu Sars-Cov-2 sammelt.

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Ihr zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann an COVID-19 stirbt, 31 bis 47 Prozent höher, als dies bei Frauen der Fall ist. Laut Daten des Robert-Koch-Institutes sterben in Deutschland 3,1 Prozent der Männer nach einer Corona-Infektion, während es unter den Frauen 2,7 Prozent der Infizierten sind. Besonders auffallend ist der Unterschied nach Geschlechtern bei den über 80-Jährigen. Von ihnen starben 27 Prozent der Männer ndach einer Infektion mit SARS-CoV-2, unter den Frauen hingegen waren es nur 16 Prozent.

Geschlechtsunterschiede bei vielen Virusinfektionen nicht nur Corona

Für die nach Geschlechtern unterschiedliche körpereigene Antwort auf das Virus sind verschiedene Faktoren verantwortlich. Dazu forscht Marcus Altfeld am Uniklinikum Hamburg Eppendorf. Die bisher bekannten geschlechterspezifischen Unterschiede in der Virenabwehr lassen sich auf das Coronavirus SARS-CoV-2 übertragen, so der Wissenschaftler. "Für die meisten Virusinfektionen gibt es Geschlechterunterschiede. Es wäre überraschend gewesen, wenn das bei COVID-19 anders gewesen wäre", sagt der Experte. "Denn gerade die Mechanismen, mit denen das Immunsystem Viren erkennen und auf diese antworten kann, unterscheiden sich bei den Geschlechtern."

Das Immunsystem von Frauen erkennt Viren schneller und kann dadurch besser gegen Infektionen ankämpfen. Eine Ursache hierfür liegt in den Genen. "Die Tatsache, dass Frauen zwei X-Chromosomen haben und Männer nur eins, ist entscheidend", so Altfeld. Viele Informationen zur Erkennung von Viren lägen auf Genen, die sich auf dem X-Chromosom befinden. "Dadurch, dass Frauen ein zweites X-Chromosom haben, können die dort liegenden Gene entsprechend zwei Mal abgelesen werden", weiß der Immunologe. In der Folge erhält der Körper schneller mehr Informationen über das eindringende Virus als dies bei Männern, die über je ein X- und ein Y-Chromosom verfügen, der Fall ist. Bei Frauen bildet sich somit schneller eine höhere Konzentration der Messenger-RNA (messenger ribonucleic acid) als Botenstoff sowie der Proteine von Molekülen, die dann eine Immunreaktion des Körpers gegen das Virus auslösen.

Östrogen kann Immunzellen stärken

Zudem können die Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron eine Rolle dabei spielen, wie der Körper von Männern und Frauen auf SARS-CoV-2 reagiert. "Ein Großteil unserer Immunzellen hat Rezeptoren, die es ihnen ermöglichen, Geschlechtshormone zu erkennen und auf diese zu antworten", sagt Altfeld. "Vereinfacht könnte man sagen, dass das weibliche Geschlechtshormon Östrogen in den meisten Fällen die Funktion von Immunzellen verstärkt, während das männliche Testosteron diese schwächt. Dies scheint dazu beizutragen, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf Virusinfektionen reagieren."

Allerdings sei zu bedenken, dass schwere Covid-19-Verläufe meist Patienten über 50 betreffen. "Frauen befinden sich dann meist jenseits der Menopause, so dass der Östrogenspiegel absinkt. Jedoch weiß man, dass sich das Immunsystem erinnern kann. Es wäre also möglich, dass es sich auch an den früheren Hormonspiegel erinnert. Das ist aber ein Bereich, der noch unzureichend erforscht ist", so der Wissenschaftler. "Ich denke, dass es viele weitere Untersuchungen braucht, um zu verstehen, was genau die Rolle der Sexualhormone bei COVID-19 ist." Doch der Vorteil, den Frauen durch ihre beiden X-Chromosomen bei der Virenerkennung haben, bleibt auch im fortgeschrittenen Alter, unabhängig vom Östrogen-Spiegel bestehen.

Immunsystem von Männern altert früher

Auch altert das Immunsystem von Männern schneller. Dies könnte ein weiterer Faktor dafür sein, dass sie ab 50 häufiger an COVID-19 erkranken. "Es gibt in der Forschung den Bereich `Altern des Immunsystems`. Ihm zufolge gibt es Daten, die zeigen, dass das Immunsystem der Männer fünf bis acht Jahre früher beginnt zu altern, als dies bei Frauen der Fall ist", sagt Altfeld.

Doch bei der Frage, warum Männer häufiger schwer an COVID-19 erkranken, sind nicht nur biologische Faktoren zu berücksichtigen. So hegen sie häufiger einen ungesunden Lebensstil, der das Immunsystem schwächen und Vorerkrankungen begünstigen kann. Dazu zählen Alkohol und Nikotin, eine ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht. In diese Faktoren liegen oftmals die Hauptursachen für Lungen- sowie für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Thrombosen und Gefäßverschlüsse. In Kombination mit SARS-CoV-2 entsteht dann eine für den Krankheitsverlauf sehr ungünstige Kombination. Frauen hingegen arbeiten häufiger als Pflegerin, Krankenschwester oder Kindergärtnerin. Dadurch könnten sie häufiger mit Viren in Kontakt sein, was ebenfalls zu ihrer Immunisierung beitragen könnte.

Frauen erleiden häufiger Autoimmunkrankheiten

Dass der Körper von Frauen schneller auf Virusinfektionen reagiert, hat übrigens auch zur Folge, dass sie häufiger stärkere Immunantworten gegen Impfstoffe entwickeln, aber auch heftigere Impfreaktionen und Nebenwirkungen zeigen. Auf die künstlich herbei geführte Konfrontation mit zum Beispiel Viruspartikeln oder anderen Impfstoffkomponenten wie bei RNA-Impfstoffen, reagiert ihr Immunsystem dann nämlich ebenfalls stärker. Mit ihrem leichter zu aktivierendem Immunsystem begründe sich deshalb auch, dass Frauen im Vergleich zu Männern häufiger an Autoimmunerkrankungen wie Rheuma und Lupus erkranken, so Altfeld.

Über den Experten: Prof. Dr. Marcus Altfeld leitet die Abteilung für Virus Immunologie am Heinrich-Pette-Institut, Leibniz-Institut für Experimentelle Virologie. Zudem ist er Direktor des Institutes für Immunologie am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf und Koordinator des Forschungsbereiches HIV im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung.

Quellen:

  • Gespräch mit Prof. Dr. Marcus Altfeld
  • Datenbank zu geschlechtsspezifischen Unterschieden Bei COVID-19
  • Nature.com: Male sex identified by global COVID-19 meta-analysis as a risk factor for death and ITU admission
  • Robert-Koch-Institut: Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19

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