In unserem Alltag kommen wir ständig mit Aluminium in Berührung, sei es durch Kaffeekapseln, Kosmetika oder Einweggeschirr. Doch dieses vielseitige Leichtmetall steht im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein. Kann uns Aluminium krank machen?
Aluminium ist überall. Es rangiert als das dritthäufigste Element im Erdboden und war schon da, lange bevor Menschen den Planeten bevölkerten. Doch nie waren wir Aluminium so stark ausgesetzt wie heute: Wir verpacken unsere Nahrungsmittel darin, nutzen es als Grillgeschirr, Kaffeekocher und mischen es Kosmetikprodukten bei.
Über all diese Quellen nehmen wir täglich kleine Mengen Aluminium auf. Doch anders als Eisen oder Zink erfüllt das Leichtmetall in unserem Körper keine Funktion, im Gegenteil: Aluminium im Körper kann Prozesse stören und steht im Verdacht, gesundheitsschädlich zu sein.
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Kann Aluminium tatsächlich Alzheimer und Brustkrebs verursachen?
Dass Aluminium in hohen Dosen Nervensystem, Knochen und Nieren schädigen kann, ist unumstritten. Deutlich wurde das spätestens in den 1970er-Jahren, als eine Reihe von Dialyse-Patientinnen und -Patienten plötzlich Demenz-ähnliche Symptome wie Sprachstörungen und Gedächtnisverlust entwickelten. Viele litten auch unter brüchigen Knochen und Blutarmut.
Als Ursache wurden später Aluminiumsalze identifiziert, die in hohen Konzentrationen in der Dialyseflüssigkeit enthalten waren. Sie hatten sich im Hirngewebe der Betroffenen abgelagert. So kam der Verdacht auf, dass die Aufnahme von Aluminium auch an der Entstehung von Alzheimer beteiligt sein könnte. Die Hypothese wurde in verschiedenen Studien untersucht, konnte jedoch nicht bestätigt werden.
Neben Alzheimer wird auch immer wieder ein Zusammenhang zwischen Aluminium und Brustkrebs diskutiert. Erneuten Aufwind bekam die Debatte durch eine Studie aus dem Jahr 2017, in der 418 Frauen - die Hälfte davon Brustkrebspatientinnen - nach ihrem Deo-Konsum befragt wurden. Das Ergebnis: Frauen, die nach eigenen Angaben mehrmals täglich aluminiumhaltige Deodorants verwendet hatten, wiesen ein höheres Brustkrebsrisiko auf. Auch wurde eine erhöhte Aluminiumkonzentration in den Krebszellen nachgewiesen.
Doch so eindeutig das Ergebnis hier auch scheinen mag: Einen kausalen Zusammenhang zwischen Brustkrebs und der Verwendung von Aluminium-haltigen Deos konnte die Studie nicht beweisen. Heute führt man die Anreicherung von Aluminium in Tumorzellen vielmehr auf den gestörten Stoffwechsel dieser Zellen zurück.
Eine Studie mit Laborversuchen an Ratten bestätigte diese Vermutung: Auch bei ihnen wiesen Krebszellen erhöhte Aluminium-Konzentrationen auf, obwohl sie keiner erhöhten Dosis des Leichtmetalls ausgesetzt waren. Allgemein konnte bislang keine krebserregende Wirkung des Leichtmetalls nachgewiesen werden.
Wie viel Aluminium ist unbedenklich?
Heute enthalten Dialyseflüssigkeiten keine Aluminiumsalze mehr. Manche Medikamente, Lebensmittel und Alltagsprodukte hingegen schon – und darüber nehmen wir täglich kleine Mengen Aluminium auf.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ein Milligramm Aluminium pro Kilo Körpergewicht als tolerierbare wöchentliche Einnahmewert (TWI) definiert. Eine Person mit 60 Kilo kann demnach ein Leben lang wöchentlich 60 Milligramm Aluminium aufnehmen, ohne dass gesundheitliche Risiken drohen. Die gemeinsame Expertenkommission der Welternährungs- (FAO) und Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt sogar die doppelte Menge, also zwei Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, als Höchstdosis.
Nach Angaben des BfR wird jedoch auch der höhere der beiden Grenzwerte häufig überschritten. Säuglinge, Kleinkinder und Erwachsene nehmen demnach das bis zu 3,5-Fache der von der EFSA empfohlenen Menge Aluminium auf. Heranwachsende zwischen 11 und 14 Jahren sind noch stärker betroffen: Sie erreichen sogar die 5-fache Menge, da sie ähnlich viele Lebensmittel und Kosmetika wie Erwachsene konsumieren, aber ein geringeres Körpergewicht haben.
Aluminium: Entscheidend ist die Bioverfügbarkeit
Dass die Grenzwerte überschritten werden, muss nicht zwingen ein Problem sein. Zwischen dem definierten Grenzwert und der tatsächlich schädlichen Dosis liegt immer ein großer Sicherheitsabstand. Ein Großteil des Aluminiums wird ohnehin auf natürlichem Wege ausgeschieden; nur ein Bruchteil bleibt im Körper zurück.
Entscheidend ist die Bioverfügbarkeit, also wie viel tatsächlich im Körperkreislauf landet. Doch wie hoch die Bioverfügbarkeit von Aluminium in einzelnen Quellen tatsächlich ist, ist schwer zu messen und Studien lieferten dazu immer wieder sehr unterschiedliche Ergebnisse. So kommt es, dass das BfR lange Zeit vor Aluminium in Kosmetikprodukten warnte – bis es die Einschätzung 2020 widerrief.
Anlass war eine Studie aus dem Jahr 2019, die zu dem Ergebnis kam, dass die Bioverfügbarkeit von Aluminium etwa in Deos bei gerade einmal 0,00192 Prozent liegt - und damit deutlich niedriger als angenommen. Diesen Wert zieht das BfR heute für seine Risikobewertung heran und stellt fest, dass ein Gesundheitsrisiko durch die Verwendung von Antitranspirantien nach derzeitigem Kenntnisstand unwahrscheinlich ist.
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Worüber nehmen wir am meisten Aluminium auf?
Regelmäßig Deo zu verwenden, ist für sich betrachtet also unbedenklich. Es trägt aber zur täglich aufgenommenen Gesamtmenge bei - und die ist letztendlich entscheidend. Wie viel Aluminium der oder die Einzelne aufnimmt, variiert je nach Lebensstil. Als Hauptquelle macht das BfR vor allem Lebensmittel aus.
Häufig werden Aluminiumverbindungen Nahrungsmitteln als Zusatzstoffe beigefügt, erkennbar an E-Nummern. Aluminium kann aber auch in unverarbeiteten Lebensmitteln wie Gemüse oder Getreide enthalten sein, wenn die Pflanzen es über die Erde aufnehmen. Die größten Aluminium-Quellen unter den Lebensmitteln sind laut BfR:
- Tee-Getränke,
- gemischte Rohkostsalate,
- Kakao- und Schokoladenerzeugnisse sowie
- Mehrkornbackwaren.
Dennoch machten diese Produkte in Summe nur etwa 36 Prozent der aufgenommenen Gesamtaufnahmemenge aus. Während die Bioverfügbarkeit durch Kosmetikprodukte auf der Haut als relativ gering eingestuft wird, stellen vor allem Lebensmittelverpackungen, Alufolie, Kochgeschirr und Grillschalen bei unsachgemäßem Gebrauch eine beträchtliche Aufnahmequelle von Aluminium dar. Denn kommt Aluminium mit Säuren und Salzen in Kontakt, lösen sich Aluminium-Ionen und können auf Lebensmittel übergehen.
Aluminium im Kaffee: Sind Espressokocher unbedenklich?
Auch klassische italienische Espressokocher sind aus Aluminium gefertigt und stehen daher immer wieder im Fokus. Die über den Kaffee aufgenommene Menge von Aluminium ist der BfR-Untersuchung zufolge aber gering. "Bei der ersten Benutzung von Espressokochern aus Aluminium bildet sich eine Schutzschicht, die mögliche Übergänge von Aluminium weitgehend reduziert", erklärt ein Sprecher des BfR.
Allerdings könne diese Schutzschicht bei der Reinigung in der Spülmaschine zerstört werden und so beim nächsten Kaffee Aluminium freigesetzt werden. Allerdings sei auch hier von Mengen unterhalb des empfohlenen Wertes der Europaratsresolution zu Metallen und Legierungen auszugehen, so der Sprecher. Espressokocher aus der Küche zu verbannen, sei daher nicht nötig – selbst dann nicht, wenn er einmal in der Spülmaschine gereinigt wurde: Einfach den ersten Kaffee wegschütten, danach hat sich erneut eine Schutzschicht aufgebaut.
Wie kann ich mich vor Aluminium im Alltag schützen?
Panik vor Aluminium im Alltag muss man also erst einmal nicht haben. Um die Gesamtmenge möglichst niedrig zu halten, empfehlen Experten dennoch, auf Aluminium zu verzichten, wo es problemlos möglich ist. Zum Beispiel bei aufhellender Zahnpasta, die im Gegensatz zu herkömmlicher Zahnpasta eine höhere Konzentration von Aluminiumverbindungen enthält.
Generell lohnt sich beim Einkauf von Kosmetikprodukten immer ein Blick auf die Inhaltstoffe: Dort müssen alle Aluminiumverbindungen (zum Beispiel als Alaun oder Aluminiumchlorohydrat) aufgeführt werden. Wichtig ist außerdem, die Kosmetika nicht auf geschädigte Haut aufzutragen. Durch kleine Verletzungen, etwa nach der Rasur, kann Aluminium leichter in die Haut eindringen.
Auch bei verarbeiteten Lebensmitteln empfiehlt sich ein Blick auf die Inhaltsstoffe: Bei den Zusatzstoffen verstecken sich Aluminium-Verbindungen hinter den E-Nummern E 173, E 520, E 521, E 523, E 541 und E 554 bis E 556. Bei unverarbeiteten Lebensmitteln ist es hingegen schwieriger, Aluminium zu vermeiden – schließlich werden bei Salat und Gemüse keine Inhaltsstofftabellen mitgeliefert. Das BfR empfiehlt daher, möglichst abwechslungsreich und vielfältig zu essen, um eine einseitige Belastung zu vermeiden.
Der vielleicht wichtigste Tipp bezieht sich auf die Zubereitung und Aufbewahrung von Lebensmitteln. Saure Lebensmittel wie Äpfel, Tomaten, Rhabarber sowie Salziges wie Fisch, mariniertes Fleisch oder Käse sollten besser nicht in Alufolie eingewickelt oder mit Kochgeschirr aus Aluminium in Kontakt kommen. Durch Säuren und Salze können sich Aluminium-Ionen lösen und in recht hohen Konzentrationen auf Lebensmittel übergehen. Zum Grillen und Aufbewahren eignen sich daher wiederverwendbare Schalen aus Edelstahl besser.
Verwendete Quellen:
- Schriftliche Anfrage beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
- alzheimer-forschung.de: "Aluminium und Alzheimer: Der aktuelle Stand"
- pubmed.ncbi.nlm.nih.gov: "Occurrence, exposure, effects, recommended intake and possible dietary use of selected trace compounds"
- thelancet.com: "Use of Underarm Cosmetic Products in Relation to Risk of Breast Cancer: A Case-Control Study"
- pubmed.ncbi.nlm.nih.gov: "Systematic review of potential health risks posed by pharmaceutical, occupational and consumer exposures to metallic and nanoscale aluminum, aluminum oxides, aluminum hydroxide and its soluble salts"
- lebensmittelverband.de: "Liste der Zusatzstoffe und E-Nummern"
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