- Auf dem Weg ins Burnout gibt es bei den meisten Menschen deutliche Warnzeichen.
- Viele sind bekannt - was aber wenige wissen: Betroffene suchen typischerweise nach anderen Gründen für ihre Symptome.
- Eine Expertin erklärt, was alles nur noch schlimmer macht und welche Wege aus der Krise führen.
Nur müde – oder schon mitten im Burnout? Die Zahl der Burnout-Fälle nimmt in Deutschland seit Jahren zu. Aber viele Menschen erkennen erst, dass es nicht mehr so weitergehen kann, wenn sie bereits tief im Burnout stecken. Deshalb ist es wichtig, Warnsignale früh zu erkennen.
"Ein klares Alarmzeichen ist es, wenn jemand gar nicht mehr abschalten kann", sagt Suzy Roß, Burnout-Coach aus Berlin. Kritisch wird es auch, wenn alles, was sonst Freude gemacht hat, sich plötzlich wie eine zusätzliche Belastung anfühlt. "Hinzu kommen Reizbarkeit, ein Gefühl der konstanten Überforderung und die Tendenz, alles persönlich zu nehmen."
Für Roß gibt es zudem zwei typische Anzeichen, die auf den Übergang von einer stressigen Phase zu einem Burnout hinweisen:
- Betroffene suchen im Internet ausdauernd nach einer anderen Ursache als Stress für die Symptome wie Müdigkeit, Schlafstörungen oder Schwindel.
- Außerdem beobachtet die Expertin oft eine hohe Motivation, Produkte auszuprobieren, die schnelle Hilfe versprechen, um die Leistungsfähigkeit weiter aufrecht zu halten.
"Beide Verhaltensweisen zeigen, dass eine Person das Gefühl hat, bald nicht mehr zu können, aber um jeden Preis vermeiden will, dass jemand dies bemerkt", sagt Roß. Dieses Versteckspiel kostet allerdings noch mehr Energie.
Grübeln, Schlafstörungen und Unruhe sind typische Burnout-Symptome
Ein Übergang zum "richtigen" Burnout zeigt sich dann an klassischen Symptomen: Dazu gehören etwa Schlafstörungen, eine bleierne Erschöpfung sowie ein verändertes Essverhalten, das zu Gewichtsabnahme oder -zunahme führen kann. "Sehr viele Erkrankte haben außerdem das Gefühl, hilflos zu sein und in einer Situation festzustecken, die sie nicht beeinflussen können", sagt Roß. Sie hätten etwa Schwierigkeiten, sich zu entspannen und fühlen sich trotz der Erschöpfung rastlos. "Hinzu kommen oft noch starke Versagensängste, Panikattacken, Ungeduld, permanentes Grübeln und Aggressionen, die sich immer weiter steigern."
Im Akutfall empfiehlt die Expertin zunächst einmal eine Krankschreibung – "und zwar so lange, wie sie nötig ist". Die Auszeit ist wichtig, um sich auszuruhen und neue Energie zu tanken. Betroffene müssten erst einmal wieder ein Gefühl für ihren Körper und ihre eigenen Bedürfnisse entwickeln, sagt Roß: "Burnout ist ein Zustand, in dem man von sich selbst auf allen Ebenen weit entfernt ist."
Deswegen sind Krankschreibung, Ruhe und damit auch das Freimachen von Druck von außen so wichtig. Die Expertin vergleicht diesen Prozess mit einem Karussell, das man auslaufen lässt. "Je langsamer es wird, desto klarer lassen sich Umrisse und Formen erkennen. Und dann melden Körper und Geist sich auch langsam wieder von selbst mit dem zurück, was sie jetzt brauchen."
Mit Begleitung geht es für viele leichter
Parallel rät Roß zu einer Begleitung durch einen Therapeuten oder einen Coach – auch deshalb, weil ein Burnout sich sonst sehr lange hinziehen kann. Oft ruhen sich Betroffene in Eigenregie ein bisschen aus, bis sie gerade wieder einsatzfähig sind. Dann schleppen sie sich regelrecht in ihren Alltag und zur Arbeit zurück. Die Verhaltens- und Denkmuster, die zur Erschöpfung geführt haben, sind aber weiter aktiv.
Deshalb kommt es dann meistens schnell wieder zu einer Abwärtsspirale – oft schon nach wenigen Tagen. "Das ist wie bei einem Bauarbeiter, der auf der Baustelle des Lebens nicht das richtige Werkzeug hat, sich deshalb verhoben hat und nach Hause geht, um sich auszukurieren", sagt die Expertin. "Wenn er dann wieder ohne Werkzeuge zur Baustelle zurückkehrt, verhebt er sich erneut."
Wer glaubt, unter einem Burnout zu leiden, sollte sich außerdem zur Sicherheit beim Arzt durchchecken lassen: Die Symptome bei einem Burnout können sehr vielfältig sein – und manchmal steckt tatsächlich ein körperliches Problem dahinter, etwa eine gestörte Schilddrüsenfunktion.
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Weil ein Burnout so individuell ist, ist auch der Weg zur Genesung für jeden oder jede ein anderer. "Bei einer Therapie oder einem Coaching erarbeiten die Betroffenen Maßnahmen und Hilfsmittel", sagt Roß. "Oft trägt das schon nach wenigen Wochen Früchte, vor allem in Kombination mit Ruhe und einer Krankschreibung."
Viele Betroffene nutzen in ihrem Prozess zur Genesung außerdem Bücher, Podcasts, Blogs, Meditationen oder Vorträge. Roß empfiehlt außerdem Facebook-Gruppen – insbesondere für alle, die noch am Anfang ihrer Heilung stehen. "Das klingt im ersten Moment vielleicht etwas merkwürdig, aber Betroffene finden hier viele Menschen, die das Gleiche durchmachen und auch Menschen, die schon etwas weiter auf dem Genesungspfad sind und von ihren Erfahrungen berichten", sagt sie. Eine andere Möglichkeit sind Selbsthilfegruppen: "Sie bieten sich vor allem für Menschen an, die schon für eine Weile ihren Weg aus dem Burnout gegangen sind und nicht in alte Muster zurückfallen wollen."
Burnout: Rückfälle sind keine Seltenheit
Nicht selten kommt es allerdings zu Rückfällen. Meistens fallen diese aber nicht so heftig aus wie das ursprüngliche Burnout. Das kann zum Beispiel passieren, wenn man noch nicht geübt genug darin ist, die erarbeiteten Strategien im Alltag umsetzen. "Manchmal gibt es auch eine ruhigere Phase, in der man gut klarkommt und das Erlernte erst einmal zur Seite schiebt", sagt Roß. Wenn das Stresslevel dann aber wieder steigt, hat man womöglich vergessen, wie die entsprechenden Strategien funktionieren: "Dann schaut man mit dem Therapeuten oder Coach noch einmal, welches Werkzeug man vielleicht früher hätte einsetzen sollen oder ob noch ein Werkzeug fehlt."
Insgesamt kann der Weg aus dem Burnout laut Roß nach den ersten schwierigen Wochen sogar Spaß machen: "Es steckt sehr viel persönliches Wachstumspotenzial in dieser Art von Krise. Wenn sich das entfaltet, ist das sehr belebend. Wenn jemand ein Burnout wirklich angeht, stehen die Chancen sehr gut, vollständig zu genesen."
Sonstige Quellen:
- Professor Dr. Dr. Martin E. Keck: Burnout
- Statistisches Bundesamt: Arbeitsunfähigkeitsfälle aufgrund von Burn-out-Erkrankungen in Deutschland in den Jahren 2004 bis 2019
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