Die Arbeitskosten in der deutschen Autoindustrie sind weltweit am höchsten. Dabei übertrifft VW selbst die Premium-Konkurrenten BMW, Mercedes oder Porsche deutlich.
Nirgendwo auf der Welt ist das Bauen von Autos teurer als bei uns in Deutschland. Das macht es für hiesige Hersteller seit jeher besonders schwierig, im weltweiten Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch nicht etwa Porsche, Mercedes oder BMW haben die höchsten Arbeitskosten, sondern Volkswagen führt diese Statistik an.
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Die Zahlen dazu haben die Kollegen der Nachrichtenagentur Reuters ausgewertet. Sie analysierten Unternehmens- und Branchendaten und berechneten den Anteil der Arbeitskosten im Verhältnis zum Umsatz. Demnach gab Volkswagen im Jahr 2023 genau 15,4 Prozent des Umsatzes für die Angestellten aus – vom Fabrikarbeiter bis zum Verwaltungs-Mitarbeiter. Zum Vergleich: Bei BMW, Mercedes-Benz oder dem Auto-Riesen Stellantis lag der Anteil im gleichen Zeitraum zwischen 9,5 und 11 Prozent. Bei Porsche waren es 12,7 Prozent.
62 Euro pro Stunde im Durchschnitt
In Deutschland beschäftigt Volkswagen knapp die Hälfte seiner Belegschaft. Nach Angaben des deutschen Automobilverbands VDA hat VW damit die höchsten Arbeitskosten aller Pkw-Hersteller weltweit. Im Jahr 2023 lagen diese Kosten im Durchschnitt bei 62 Euro pro Stunde, rund ein Drittel mehr als noch vor zehn Jahren. In Frankreich, Italien oder Spanien verdienen Arbeitnehmer der Autoindustrie laut VDA-Daten 47 Euro, 33 Euro beziehungsweise 29 Euro pro Stunde.
Und die deutschen Gewerkschaften verlangen noch mehr. IG Metall und Co. fordern eine Lohnerhöhung von sieben Prozent. VW-Markenchef Thomas Schäfer betonte bereits im Oktober 2024: "Wir sind an unseren deutschen Standorten nicht produktiv genug." Er verwies auf steigende Kosten für Energie, Material und eben Personal. "Unsere Fabrikkosten liegen derzeit um 25 bis 50 Prozent höher als geplant. Das heißt, jedes einzelne deutsche Werk ist doppelt so teuer wie das der Konkurrenz." Jetzt droht Volkswagen mit einer Lohnkürzung von zehn Prozent.
Das System Volkswagen ist kompliziert
Noch komplizierter wird die Situation dadurch, dass viele Angestellte in Vertrieb, Management oder technischer Entwicklung in Wolfsburg auch Konzernfunktionen haben. Sie verdienen dadurch überdurchschnittlich viel. Dennoch scheint es einen Überhang in der Verwaltung zu geben, der weiter anwächst. Die Zahl der Büro-Angestellten erreiche laut Reuters inzwischen ein ähnliches Niveau wie die der Arbeiter in den Fabriken.
Aus einem internen Dokument, das Reuters vorläge, ginge hervor, dass die Zahl der bei der VW AG – verwaltet sechs deutsche Werke – beschäftigten Fabrikarbeiter zwischen Juni 2019 und September 2024 um mehr als 8.000 Personen kleiner wurde. Die Zahl der Verwaltungsmitarbeiter stieg im gleichen Zeitraum jedoch um rund 4.000 Angestellte. Volkswagen begründet das mit neuen Geschäftsfeldern wie Software und Elektromobilität. Noch im Herbst 2024 dürfte es diesbezüglich weitreichende Entscheidungen von der Konzernführung geben – Betriebsrat und IG Metall wollen am 20. November ihren Zukunftsplan vorstellen. © auto motor und sport
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