Leere Augen. Und er macht ein Gesicht, als habe man jeden Moment das Schlimmste von ihm zu erwarten. So sieht er, hinter sich Teekannen, links einige sehr schöne Schüsseln, auf der anderen Seite der Auslage Messer aus Suminagashi-Stahl, aus einem Schaufenster nach draußen. Dort findet gerade ein großer weißer Mazda in eine kleine Lücke, wo er für fünf Euro nicht länger als eine Stunde stehen bleiben darf. Platz ist nicht nur in Tokio teuer, sondern auch in "Little Tokyo", das wirklich little ist, ein paar Häuserblocks nur. Doch nirgends sonst in Deutschland ist mehr Japan als zwischen Düsseldorfer Hauptbahnhof und Königsallee. An der Immermannstraße tragen sogar die Straßenschilder auch japanische Zeichen und viele der Restaurants und Läden der Gegend japanische Namen: Takeichi und Takumi, Naniwa, Yabase, Kushi Tei, Takagi, Takezo oder Kyoto.
Im Fenster des Kyoto, eines "Fachhandels für japanische Ess- und Wohnkultur", hockt der mit den leeren Augen. Wer ist das? Und warum nur guckt er so böse? "Das ist", erklärt mit leiser Freundlichkeit Herr Yoshimatsu, "ein Daruma." Er soll dem Mönch nachempfunden sein, der in Japan den Zen-Buddhismus begründete, indem er neun Jahre meditierend vor einer Felswand verharrte.
Einmal sei der Mönch dabei eingeschlafen. Worüber er sich so geärgert haben soll, dass er sich die Lider abschnitt. Daher also die leeren Augen. "Hat man einen Wunsch oder ein Ziel, teilt man ihn still dem Daruma mit und malt darauf das linke Auge schwarz an. Erfüllt sich der Wunsch, malt man auch das andere Auge an", sagt Herr Yoshimatsu. Der Daruma ist also ein Glücksbringer. Einer soll den Mazda CX-60 auf seinem weiteren Weg durch "Little Tokyo" und Düsseldorf begleiten.
Schönheit und Harmonie
Offenbar funktioniert er sogar ohne bemaltes Auge. Denn als der Mazda schließlich seine Parklücke verlässt, ist das Ticket schon eine halbe Stunde überzogen. Hidenori Yoshimatsu hatte Tee aufgegossen und erzählt, wie er mit 26 einst nach Deutschland gekommen war und blieb, von Ikebana und dem, was die Leute in seinem Geschäft suchen. "Japan." Er lächelt. "Die Kultur und die Philosophie. Ruhe. Das hat der Deutsche gern." Ob denn das moderne Japan nicht auch so schnell sei wie das moderne Deutschland? "Doch. Aber es ist noch mehr in der Tradition verwurzelt. Tradition und Moderne gehören zusammen."
Das hätte genau so der Künstler Kanjo Také sagen können. Er muss es gleichwohl nicht. Seine Arbeiten, Tusche sowie stilisierte Fotografien und Malerei, zeigen es. Und jenseits des Gefälligen sind sie bildliche Reflexion dessen, was die japanische Kultur, die Alltagskultur auch, trägt: das Bemühen um Ästhetik und Harmonie.
"Das spielt in der Kunst eine zentrale Rolle, in der Teezeremonie, in Kimonos oder Koi oder Bonsai oder der Verehrung der Kirschblüte. Immer geht es darum, aufmerksam zu sein und die eigene Schönheit der Dinge zu erkennen, egal ob das ein Apfel ist oder eine arithmetische Formel. Oder", fügt er hinzu, "ein Auto. Wo steht das Auto?" Es wartet im Hinterhof der Galerie Shia Bender. "Eine sehr gelungene Form", findet der Künstler. "Sehr ausgewogen die Linien und die formalen Motive, die an verschiedenen Stellen immer wieder auftauchen, eine Schönheit, die man sieht und absolut spürt."
Nun nicht mehr vor seinen Werken, sondern im aufgeräumt großen, hellen Innenraum des Mazda CX-60 dreht sich das Gespräch weiter um die Würdigung des Wesentlichen und darum, wie im Japanischen Spiritualität abstrahiert und im Alltag mit Anmut und Schönheit zum Ausdruck gebracht wird. "So betrachtet, gibt es nichts Profanes, wenn wir uns wirklich darauf einlassen. Auch das lehrt uns die Lebenskunst des Ikigai."
Begleitet von den Kompositionen Ryuichi Sakamotos klingen die Untertöne dieser Unterhaltung nach, als der Mazda anschließend unterwegs ist Richtung Medienhafen. Und obwohl der Stadtverkehr dichter wird und hektischer auch, bleibt das Fahren im Mazda CX-60 ein Rollen in Ruhe. Der Reihensechszylinder-Diesel muss knapp nur über Leerlauf drehen, kaum zu merken die Arbeit der Achtgang-Automatik, aber aufpassen jetzt, hier gleich links und langsam, da, da steht er schon. Allzu leicht zu übersehen im lauten Meer verspiegelter Glasfassaden, hinter denen Kreative mit der Launenhaftigkeit von Moden und Eitelkeiten zu kämpfen haben, ist doch Fumihiko Makis "Solitaire" das eigentliche architektonische Meisterwerk in der Speditionsstraße. Dezent und einladend, braucht das achtstöckige Gebäude nichts als seine Klarheit, um zu beeindrucken.
Der Mazda CX-60 hält direkt gegenüber, wo das gerade entstehende Cradle, ein Bürogebäude aus Holz, sich nicht weniger, wenngleich mit ganz anderem Ergebnis, von japanischer Ästhetik beeinflusst zeigt. Jimu Kobayashi hat lange versucht, sich einem solchen Einfluss bewusst zu verschließen. "Ich wollte mir nicht wie ein Klischee vorkommen", sagt der Industrial Designer und Keramikkünstler. "Meine Arbeiten sollten für sich sprechen. Aber ich sehe jetzt, dass sich mein kulturelles Erbe und mein künstlerischer Ausdruck ja nicht ausschließen. Und man kann diese Einflüsse gar nicht ausschalten."
In Jimus Arbeiten, Vasen etwa und Schalen von zart zurückhaltendem Minimalismus, zeigen sie sich wie ein formales Echo seiner persönlichen Eindrücke und kulturellen Wurzeln gleichermaßen. "An der Töpferscheibe zu arbeiten", sagt er, "ist pures Gefühl. Die Form kommt aus der Emotion. Aber sie basiert auch auf einer jahrhundertealten Tradition, die ich mit der Moderne verbinden kann."
Seetang und ein Garten
Beides macht den besonderen Charme seiner handgemachten Objekte aus, ihre Ausstrahlung oder, wenn man so will, ihre Aura. Vielleicht ist es diese Bedeutung der Tradition für die Moderne, die als diffuser Eindruck, aber dennoch irgendwie präsent, auch im Mazda CX-60 stets mitfährt, ein Empfinden, dass es nicht weniger wichtig ist, wie dieses Auto einen bewegt, als wohin allein es einen bewegt. Nun: raus aus dem Trubel der Stadt, über die Autobahn einer anderen entgegen, einem Hinweis Mayumis folgend. Sie hatte, während des Einkaufs im Shochiku Supermarkt in der Immermannstraße angesprochen, zunächst ein bisschen erschreckt gewirkt, dann aber einen Seetangsnack mit Pflaumengeschmack einerseits und einen Besuch des Japanischen Gartens in Leverkusen andererseits empfohlen. Beides zu Recht. Seetang und Pflaume passt, und im Garten ist es bald, als umfange tatsächlich alles eine Art meditative Ruhe, in der man sich selbst beim Betrachten der Dinge nicht mehr oder zumindest nicht mehr so sehr im Weg steht.
Ließe sich diese innere Haltung bewahren, bitte? Wäre ein schöner Wunsch für den Daruma. Gleich, zurück am Mazda CX-60, wird er aus seiner Pappschachtel genommen, um sich das linke Auge anmalen zu lassen. © auto motor und sport
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