Als Chimäre werden Mischwesen bezeichnet. Einst nur in der Mythologie existierend, lassen sich solche Lebensformen mit Erbgut verschiedener Tiere inzwischen im Labor erzeugen. In China ist das nun sogar bei einem Primaten gelungen.

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Chinesische Forscher haben einen aus Zellen verschiedener Embryonen bestehenden Affen zur Welt kommen lassen. Es handle sich um die erste lebende Chimäre eines so großen Tieres, berichtet die Gruppe in der Fachzeitschrift "Cell". Vergleichbare Erfolge habe es zuvor nur bei Mäusen und Ratten gegeben.

Die Wissenschaftler um Zhen Liu vom Forschungszentrum Cebsit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Shanghai erzeugten das Tier aus Stammzellen genetisch unterschiedlicher Embryonen. Sie hoffen, dass gezielt hergestellte Affen-Chimären biomedizinische Untersuchungen erleichtern könnten. Die lebend zur Welt gekommene Chimäre sei ein Meilenstein. "Dies ist ein seit langem angestrebtes Ziel auf diesem Gebiet", sagte Zhen Liu.

Die Studie an Javaneraffen (Macaca fascicularis) liefere neue Erkenntnisse zu sogenannten pluripotenten Stammzellen bei Primaten, zu denen auch der Mensch gehört. Aus pluripotenten Stammzellen können sich alle Zellen im Körper entwickeln.

So ging das Forschungsteam vor

Die Wissenschaftler hatten mehreren Embryonen in einem sehr frühen Stadium (sieben Tage nach der Befruchtung) Stammzellen entnommen, in die sie Gene für ein grün fluoreszierendes Protein einbrachten. So ließ sich später erkennen, welche Körperzellen sich aus diesen Stammzellen entwickelten, die in einen anderen Affenembryo eingebracht wurden. Das Injizieren erfolgte in Embryos, die aus erst 16 oder 32 Zellen bestanden.

Die den Embryos gespritzten Stammzellen vermehrten sich in der Regel zunächst, starben im Laufe der weiteren Entwicklung aber vielfach ab. Mögliche Ursache sei ein Verdrängungswettbewerb zwischen Embryonenstammzellen und injizierten Stammzellen, vermuten die Forscher. Für die einzige erfolgreiche Lebendgeburt nahmen sie 206 Stammzellinjektionen vor. Nur zwölf der Embryonen entwickelten sich so, dass sie Affenweibchen eingepflanzt werden konnten. Von sechs lebend geborenen Affen hatte nur einer Chimärenmerkmale. Dieses Affenbaby verstarb allerdings bereits nach zehn Tagen. Daneben wies ein Fötus aus einer Fehlgeburt chimäre Eigenschaften auf.

In dem zunächst lebenden Äffchen hatten sich die verschiedenen Gewebe des Körpers teils aus den ursprünglichen Stammzellen des Embryos und teils aus den eingespritzten Stammzellen entwickelt. Der Anteil von Zellen mit dem grün fluoreszierenden Protein betrug zwischen 21 und 92 Prozent, im Durchschnitt 67 Prozent. Zu den 26 untersuchten Geweben gehörten Zellverbände aus Gehirn, Herz, Niere, Leber und Magen-Darm-Trakt. Auch im Hoden und in der Plazenta (Mutterkuchen) des Affenbabys fanden sich eine größere Anzahl Zellen, die aus den eingespritzten Stammzellen entstanden waren.

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"Wissenschaftlicher Durchbruch"

"Dies muss als grundlegender wissenschaftlicher Durchbruch betrachtet werden", erklärte Stefan Schlatt vom Universitätsklinikum Münster, der selbst nicht an der Studie beteiligt war, zu den Ergebnissen. "Gleichzeitig zeigt das Ergebnis, dass die Nachkommen ungesund sind und nicht mehr als ein paar Tage überleben können."

Rüdiger Behr vom Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ) in Göttingen sieht potenzielle künftige Anwendungsmöglichkeiten vor allem in zwei Bereichen: bei der Erforschung von Möglichkeiten zur Herstellung von Organen aus menschlichen Zellen im Tier sowie bei der Entwicklung und Überprüfung neuer Therapien.

In chimären Schweinen könnten womöglich Herzen oder Lebern aus menschlichen Alleskönnerstammzellen gezüchtet werden, so Behr. Das könne helfen, die Lücke bei der Verfügbarkeit von Spenderorganen zu schließen. Und in einer Reihe von Forschungsfragen spiele die Veränderung des Erbguts von Tieren eine Rolle. "Manch wichtige genetische Modifikation ist jedoch komplex und ihre Durchführung relativ ineffizient. Mit den in der aktuellen Studie vorgestellten Daten könnte die Durchführung der genetischen Modifikation möglicherweise aus dem Tier in die Stammzellkultur verlagert werden." (Stefan Parsch, dpa/mak)

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