Der Großteil der Masse im Universum besteht aus Dunkler Materie. Woraus diese genau besteht, ist bislang allerdings nicht geklärt. Nun zweifeln Astronomen daran, dass die bisherigen Annahmen über ihre Natur korrekt sind.
Der Effekt von Gravitationslinsen ist in großen Galaxienhaufen deutlich häufiger als erwartet. Das berichtet ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Massimo Meneghetti vom Italienischen Institut für Astrophysik in Bologna im Fachblatt "Science".
Der Unterschied zwischen Theorie und Beobachtung könne entweder auf Probleme in den Standard-Simulationsrechnungen hindeuten oder aber auf falsche Annahmen über die Natur der rätselhaften Dunklen Materie, die den Großteil der Masse im Universum stellt.
Astronomen nutzen kosmische Lupen
Gravitationslinsen sind ein Phänomen aus Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie: Große Massen krümmen mit ihrer Gravitation den Raum und damit auch den Weg der Lichtstrahlen von jenen Objekten, die sich in der Sichtlinie direkt hinter so einer großen Masseansammlung befinden.
Auf diese Weise können Galaxien, Galaxienhaufen und andere große Masseansammlungen das Abbild hinter ihnen befindlicher Himmelsobjekte nicht nur verzerren, sondern auch wie eine Lupe vergrößern.
Diese natürlichen kosmischen Lupen nutzen Astronomen unter anderem, um ferne Objekte zu untersuchen, die sonst nicht zu sehen wären. Mit ihnen lässt sich aber auch die Masseverteilung in der Gravitationslinse selbst bestimmen.
Weiterhin unklar, woraus Dunkle Materie besteht
Bei der Ausprägung von Gravitationslinsen spielt die sogenannte Dunkle Materie häufig eine wichtige Rolle. Diese bislang nicht identifizierte Materieform ist im Kosmos rund fünfmal so häufig wie die uns vertraute Materie, aus der etwa Sonne, Planeten und Menschen bestehen.
Das lässt sich unter anderem aus ihrer Schwerkraftwirkung ablesen. Der Name der Dunklen Materie rührt daher, dass sie nicht mit elektromagnetischer Strahlung wechselwirkt und daher kein Licht aussenden oder absorbieren kann. Woraus die Dunkle Materie besteht, ist bislang ungeklärt.
Das Team um Meneghetti hatte elf große Galaxienhaufen untersucht - also Ansammlungen mehrerer Einzelgalaxien, in diesem Fall jeweils von mehreren hundert. Lokale Konzentrationen Dunkler Materie in den Galaxienhaufen können kleine Gravitationslinsen bilden, die das Gravitationslinsen-Gesamtbild des Galaxienhaufens verändern.
Gravitationslinsen viel häufiger in Galaxienhaufen
Die detaillierte Analyse von Aufnahmen des "Hubble"-Weltraumteleskops und des "Very Large Telescope" der Europäischen Südsternwarte (ESO) zeigen, dass solche kleinen Gravitationslinsen in den untersuchten Galaxienhaufen rund zehnmal häufiger sind, als Simulationsrechnungen es vorhersagen.
Diese große Abweichung können die Forscher nicht mit bekannten Faktoren erklären. Entweder sei daher die Simulation der Wechselwirkung normaler und Dunkler Materie in den Galaxienhaufen nicht korrekt, oder aber die Annahmen über die Natur der Dunklen Materie seien fehlerhaft, schreibt das Team. (ff/dpa)
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